Sheer Delight 2015

Lilibeth
04.08.2015 - 15:41 Uhr
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Duft

Autsch – das beißt!

Monate ohne Regen, die Bäume werfen jetzt schon ihre Blätter ab, zeigen kahle Äste, an denen in diesem Jahr kein leuchtendes Herbstlaub zu sehen sein wird. Wiesen, so braun wie die staubige Erde zwischen den eingetrockneten Grasbüscheln. Ich warte seit Wochen auf einen ergiebigen Sommerregen, der die leeren Grundwasserspeicher füllen kann – indes: vergebens. Hin und wieder wenige Milliliter, die kaum mehr sind als der besagte Tropfen auf dem heißen Asphalt einer Großstadt …
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Und die nächsten Tage sollen neue Hitzerekorde bringen. Ich bin auf dem Weg in ein Einkaufszentrum, mir eine große Pappkiste zu besorgen, mit deren Seitenteilen ich einige der Dachflächenfenster abdecken will, damit Sonne und Hitze draußen bleiben, die Wohnung belebt bleiben kann. Ich habe Erfolg, eine Super-Gefrierschrank-Kühlschrank-Kombination liefert ausreichend große Stücke. Doch der Weg zum Auto muss warten. Endlich! Eine schmale Schlechtwetterfront spendet ein wenig kostbares Nass, kaum genug für alles Grüne, aber doch zu viel, um einen Pappkarton hindurch zu tragen.
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Ich sehe mich um. Drogerie-Abteilung. Damendüfte. Hmmm. Nichts Spektakuläres. Ich sprühe einige der Düfte in die Luft mangels Teststreifen und entscheide mich für Betty Barclays Sheer Delight auf dem rechten und Woman 2 auf dem linken Handgelenk. Mustere die Regale, beobachte die Menschen, die durch den Laden laufen, vorne die Lebensmittel, hinten die Elektrowaren, zwischendrin Kleidung – wer will, kann hier eine passable Grundausstattung für Notfälle bekommen. Schnuppere am Handgelenk. Huch, alles weg. Wenn ich Zuhause noch etwas riechen will, brauche ich wohl einen zweiten Sprühstoß. Noch nicht deutlich deutlicher. Ich drücke noch einmal auf die Sprühköpfe der Tester. O.k., das sollte reichen.
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Wie erwartet, hat der Regen inzwischen nachgelassen, einige Tropfen noch, aber nichts, was dem Pappkarton gefährlich werden kann. Wie ein Schild trage ich die zwei Meter hohen Wellpappenteile neben mir, ernte belustigte Blicke, als ich die Kasse passiere – die Pappe zwischen mir und der Kassiererin, bis ich hinter meinem Karton hervorluge und zurücklächle.
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Schon im Auto wird klar: Was an Regen zu wenig war, ist an Duftwasser zu viel. Stechend liegt der Geruch in der Nase, und wenig charmant. Ich habe bereits genug, als ich vom Parkgelände des Einkaufszentrums fahre. Immer wieder versuche ich während der Fahrt, ob nicht das eine oder das andere Handgelenk mich mit einem gefälligeren Duftverlauf besänftigen kann, aber es bleibt, wie es ist: billig, stechend, undefinierbar.
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Zuhause führt mein Weg zum Rechner, ich sehe mir die Inhaltstoffe an, versuche zu ergründen, wie sich der Dufteindruck zusammensetzt, wie aus so charmantem wie Zitrone, Maiglöckchen und Pfingstrose ein so chemischer Duftcocktail werden kann, der sehr an irgendein zusammengebrühtes Kölnisch Wasser erinnert. Oder andere Duftwässer, die meine Großmutter zum Desinfizieren verwendete, wenn wir Kinder mal wieder mit aufgeschlagenen Knien von draußen kamen.
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Im Duftverlauf verliert sich allmählich etwas des stechenden Eindrucks, aber meine Nase hat genug davon und der leise Hauch, der bleibt, verursacht Kopfschmerz.
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Tapfer ziehe ich Handschuhe und Stulpen als Geruchsstopper über und warte, wie der Duft sich nach zwei Stunden entwickelt. Besser. Tiefer. Pudriger. Weicher. Aber nicht gut genug, nicht pudrig genug, nicht weich genug, dafür die Folter des Anfangs ertragen zu wollen. Neulich habe ich einen anderen "preiswerten" Duft getestet – sicher geschmacklich fragwürdig, aber bei weitem nicht so danebengeraten wie Sheer Delight. Sorry, Betty, Sheer Delight und ich trennen uns: Ich wasche erleichtert beide Handgelenke und bin froh, als nach einer Weile die Kopfschmerzen nachlassen.
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