Dustymusky
11.10.2021 - 11:44 Uhr
6
Hilfreiche Rezension
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

Boadi-Controversy - eine explorative Reanalyse

Ein Explorer zieht hinaus, um Neues zu entdecken - oder Vergessenes wiederzuentdecken. Der Parfumeur, der sein Schaffenswerk "Explorer" nennt, wollte vielleicht nur mal was Lustiges ausprobieren.

Der Boadicea Explorer hat hier im Forum eine reichlich kontroverse Diskussion hinter sich, die sich aus meiner heutigen Sicht von der Parfumo-Antike bis ins Hochmittelalter hinzog. Die durchschnittliche Wertung ist gerade mal 6,5, und das ganze Bewertungsspektrum wurde vergeben, von katastrophal bis phänomenal. Mindestens diie Hälfte des Bestands dürfte also längst im Sanitärbereich verbraucht worden sein. Als 3-jähriger Parfumoveteran - also jemand aus der mittleren ParfumoNeuzeit - analysiere ich nun mehr erneut dieses Duftwerk. Dabei versuche ich einmal, die mittlerweile etwas archaisch anmutenden alten Texte aus dem Kontext der damaligen Zeit ins moderne Parfümdeutsch zu übertragen, und die Beurteilungen der Vorfahren mit in meine Analyse einzubeziehen. Bezüge zu lebenden Personen sind gewollt, Plagiate ebenso! DonTheBoss wurde beim Explorieren an das "Bohnern" erinnert (Bemerkung für die modernen Parfumos: das Einreiben eines Fußbodens mit einer schützenden Wachsschicht - hat Oma früher auch mal gemacht). Patschouli hin oder her, DeGirlof53 fand's zedrig, aber wurde von allen Anderen in die Putzmittelecke gestellt (Bem: damals musste Emanzipation noch erstritten werden, daher vermute ich, das die erwähnte(n) Vorverurteilung(en) von männlichen "Anderen" stammte(n). In der frühen Neuzeit assoziierte nochmals jemand mit diesem Duft ein Traktor(getriebe)differenzialöl, und konstatierte perfekte Tragbarkeit für Goldkettchen-Signores (Bem: korrekt "gegendert" also Goldkettchen-Signores/*inas) ab 85. Es bleibt an dieser Stelle unklar, ob der begeisterte Verfasser selber in diese Kateorie einzuordnen ist.
Aus all diesen kulturhistorischen Eindrücken ergibt sich mit der heutigen Perspektive allerdings ein Bild, dass - ganz zeitgemäß - etwas kopfnotenlastiger ausfällt. Warum? Natürlich wegen der fast-mega-Frucht darin. Ebenso natürlich kann man davon ausgehen, dass das Werk reformuliert wurde. Ich konnte aber experimentell rekonstruieren , wie die Reformulierung aller Wahrscheinlichkeit nach durchgeführt wurde. Frosch Holzreiniger (mit natürlichen Wirkstoffen der Kiefer) sorgt für den grün-herben Grundton (Bem: aus heutiger Sicht eher mild als bitter). Ein Anteil SOFIX Parkett gibt die etwas seifige Wachsnote dazu. Reichlich geriebene Orangenschalen dazugerührt, und auf einen Eichendielenboden aufgetragen. Das Sonnenröschen ist nach meiner Meinung ein übermotivierter Übersetzungsfehler für ein paar Blütensprengsel. Nach dem Einziehen extrahiert man daraus ein "Absolue". Das riecht dann, wie ein mit Orangenschalenbutter eingeriebener Zedernholzscheit.

Das Urteil: Der Duft gehört heute eindeutig in die "phänomenal" Kategorie. Kein Zwilling ist bekannt, noch nicht einmal im Ansatz. Das Tragbarkeitsmindestalter beginnt wegen der Fruchtnote in der Moderne wieder deutlich niedriger, aber wegen der leichten Seifigkeit und gering ausgeprägten Süße dann doch vielleicht bei 45 ± 16,3.

{preprint aus Parf. Phil. Trans., vol 733, 34pp, 2021.}

1 Antwort