Limited Art Collection

Vento nel Vento 2013

Chnokfir
12.09.2013 - 09:31 Uhr
14
Hilfreiche Rezension
7.5
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
2
Duft

Bois 1920 oder Fisherman's Friend, das ist hier die Frage

Manche unbekannten Düfte möchte man unbedingt versuchen. Manche Proben bekommt man durch einen glücklichen Zufall geschenkt. Und dann gibt es noch den ganz beneidenswerten Umstand, dass einen ein Moderator dieses Forums ein paar ganz exklusive Pröbchen anbietet. Wenn dann die Blindlieferung so gar nicht ins übliche Beuteschema fällt, ist die Bandbreite von freudiger Überraschung bis purem Entsetzen ziemlich weit gefächert. Mal sehen, woher hier der Wind weht.

„Vento nel Vento“ kommt in der für Bois 1920 üblichen schön gestalteten Box daher, diesmal in einem leuchtenden Kupferton gehalten. So auch der typische Zylinder, ein Traum in Kupfer. Darauf der solide Holzknauf. Schön, eine Bereicherung für jede Sammlung, nicht umsonst "Limited Art Collection".

Der Duft offenbart sich bereits vor dem ersten Sprüher, so intensiv ist „Vento nel Vento“. Eine mächtige Pfingstrose rieche ich noch als blumige Komponente raus, doch dann kommt auch schon ein wahrer Orkan mit allerlei süssen und schweren Noten. Kein kleiner Fallwind aus dem Gebirge, hier hat sich schon was Gewaltiges zusammengebraut. Man hat einerseits rauchige und harzige Noten von Lakritze, Weihrauch, Pfeffer, Harzen, die zusammen ziemlich in der Nase kribbeln und kitzeln. Dazu kommen noch wuchtige Noten von Sandelholz, Ambra, Moschus und on top ein sehr heftiges Oud. Nicht mal eben ein paar Böen, sondern ein kontinuierlicher Winddruck.

Man möchte eigentlich meinen, dass in einem solchen Windgetöse die Geruchswahrnehmung irgendwann aufhören möchte. Doch bin ich an der Nordseeküste gross geworden und meine, die stärkste Geruchentwicklung aus Richtung des Fischereihafens kam stets zu Zeiten der absoluten Flaute, wenn absolut kein frischer Lufthauch die Dunstglocke der Fischmehlfabriken mehr aufwirbelte. So fühlt man sich leider Gottes auch schon nach sehr kurzer Zeit bei diesem Duft. Die Projektion ist selbst bei allersparsamster, ja fast homöopathischer Dosierung, enorm. Man kann der eigenen Duftwolke nicht mehr entkommen, sie umfasst einen vollständig und vor allem dauerhaft. Selbst nach rituellen Waschungen haftet „Vento nel Vento“ noch am kommenden Tag wie Pech auf der Haut.

Das klingt jetzt nicht nett. Ist es auch nicht. Der Duft ist für meine Nase einfach zu viel. Als Unisex-Duft lanciert kenne ich nur wenige Leute, denen ich diesen Duft zuschreiben möchte. Nur eine Handvoll sehr gesetzter Damen und keinen Herren. Ich kann an sich nichts Männliches an diesem Parfum entdecken.

Ich gehe sogar soweit, diesen Duft als Mutprobe zu bezeichnen. Als Schüler haben wir uns drei oder vier ungeröstete Toast in den Mund gesteckt, an den Weidezaun gegriffen oder gar eine ganze Packung Fisherman’s Friends auf einmal gelutscht. Kein Problem, aber dieser Duft hier übersteigt meine Traute, damit unter Leute zu gehen.

Es tut mir leid, „Vento nel Vento“ ist für mich ein Duft, der über meine Grenzen geht.
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