Le 3ᵉ Homme 1985 Eau de Toilette

Profumo
06.03.2010 - 10:32 Uhr
28
Top Rezension
10
Haltbarkeit
9
Duft

Der 'unsichtbare' Dritte

Carons drittes Parfum für den Mann wurde von einer japanischen Dame mit dem Namen Akiko Kamei für Caron kreiert. Mit ihm führte sie zum ersten Mal den Duft der Yuzu-Mandarine von der Insel Shikoku ein. Das Fruchtige war es auch, was diesem Duft zur Zeit seiner Einführung, 1985, einen avangardistischen Touch verlieh. Der Duft exotischer Früchte war bis dato in Herrenparfums eher unüblich. Mit diesem kleinen Dreh ins Modernistische ist es im weiteren Duftverlauf aber ziemlich schnell vorbei und es enthüllt sich zusehend der wahre Charakter des Duftes: gepflegter Konservatismus, von oben bis unten – was nichts über die Qualität des Duftes aussagen soll, denn die ist unzweifelhaft, und hin und wieder hat doch wohl jeder seine konservativen Momente....
Le 3me Homme ist ein fruchtig-aromatisches Fougère , das trockene Lavendelnoten mit süß-pudrigem Coumarin kontrastiert, Fruchtiges – besagte Yuzu-Mandarine – und ein paar Blüten, vor allem Jasmin mit rauchigen Nuancen und ein wenig bitterem Eichenmoos unterlegt. Zu guter letzt kommt alles auf einer weichen Amber-Basis zur Ruhe. Der Duftverlauf ist einer der dramatischsten die ich kenne, und man hat das Gefühl im Verlaufe des Tages drei verschiedene Düfte getragen zu habe: einen fruchtig-frischen zu Beginn, anschließend einen würzigen, trocken-pudrigen und zuletzt einen warmen, sinnlichen. Diese letzte Phase des Duftes tritt in Erscheinung wenn 98% aller anderen Düfte schon längst das Zeitliche gesegnet, oder sich soweit auf die Haut zurückgezogen haben, dass nur noch der direkte Kontakt mit der Nase einen Hauch erahnen lässt. Dann, wenn fast alle anderen schon schlapp machen, dann blüht dieser Duft noch einmal mächtig auf. Leider ist dieses Phänomen heute nur noch ansatzweise nachvollziehbar – der Duft hat nach seiner letzten Reformulierung etwas an Kraft und Präsenz eingebüßt und wurde ein wenig herunter gedimmt, ist aber ansonsten unbeschadet. (Auch Yatagan kommt heute nicht mehr mit ganz so stählernen Muskeln daher).
Auffallend an diesem Duft ist – man lese die einschlägigen Internet-Foren – wie sehr Frauen ihn schätzen, ja immer wieder betonen er sei der beste der Herrendüfte aus dem Caron-Katalog. So berichtet Tania Sanchez vom ‚Perfume-Guide’ sie könne sich diesen Duft ganz wunderbar an einem extrem hübschen (disastrously beautiful), langhaarigen, gut gebauten und lässig gekleideten jungen Mann mit langen Wimpern und weichen Wangen vorstellen. Dieser junge Gott, nach dem sich jeder auf der Straße umsehe, dieser sei ‚Le troisième Homme’. Na ja, mein ‚Gott’ würde etwas anders, vor allem aufregender duften, aber schön ist dieser Duft schon, sehr schön sogar, und extrem gut komponiert (vielleicht wirklich einer der besten) nur mir persönlich auf Dauer ein wenig zu brav und konservativ.
Und was dieser Duft mit Harry Lime, alias Orson Welles zu tun hat? Nun, nicht auffallen ist sicherlich das Eine, sich verstecken, verschwunden sein das Andere. Vielleicht ist dies gemeint: In ‚3me Homme’ steckt ein traditionelles Fougère-Gerüst - Lavendel, Coumarin, Eichenmoos - dass sich hinter einem Mandarinenbäumchen, einem Jasminbusch und einem Kräuterbeet versteckt. Obendrein hält sich der Duft mit animalischen Nuancen vollkommen zurück, wie er überhaupt jedes erregen von Aufmerksamkeit vermeidet. Insofern vielleicht ein passender Duft für Harry Lime, mit Sicherheit aber nicht für Orson Welles. Der hätte vermutlich, wenn schon ein Duft von Caron, eher zu Yatagan gegriffen
Andererseits ist er aber auch einfach nur das dritte ‚pour homme’ von Caron: nach dem Gentleman ‚PUH’, dem wilden Kerl ‚Yatagan’, der stilvoll verhuschte ‚3me Homme’.
Fehlt noch der 15 Jahre später lancierte alles andere als anarchische ‚Anarchiste’, aber davon an anderer Stelle.
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