Déclaration d'Un Soir 2012

Apicius
09.11.2012 - 15:36 Uhr
33
Top Rezension
7.5
Flakon
5
Sillage
10
Haltbarkeit
3
Duft

Ich mach mich nackig ...

...für Cartiers Déclaration d'un Soir! Denn dieser hervorragend gemachte Duft ist so paradiesisch schön, dass man ihn nur im Stand der Unschuld genießen sollte.

Die Parfümeurin zeigt großes Können: eine wirklich wunderschöne Rosennote wird so geschickt in Szene gesetzt, dass die Frage, ob Männer Rose tragen sollten, gar nicht erst aufkommt. Natürlich sollen sie, und damit das klappt, wurden hier würzige, von Muskat dominierte, aber auch ätherisch wirkende Noten entgegengesetzt. Aus der Basis scheint eine bittere, sandelholzartige Note durch, die ihren Teil zur Vermännlichung dieser Rose beiträgt. Die Balance ist perfekt - besser kann man es nicht machen.

In Unkenntnis der Duftpyramide wirkt das Drumherum auf die Rosennote so verfremdend, dass ich sie zunächst gar nicht erst als solche erkannte – was dann natürlich besonders neugierig macht. Erst im weiteren Verlauf schält sie sich deutlicher heraus, und vor allem glaubte ich dann einen leicht pfirsich- oder auch aprikosenartigen Anklang zu erkennen. So gibt sie eine Verwandschaft mit der wunderbaren Rose Barbare aus dem Hause Guerlain zu erkennen.

So paradiesisch schön ist diese Rose, doch langsam ahnt man, dass sie in keinem irdischen Garten gewachsen sein kann. Das ist das Problem: sie welkt nicht. All ihre Begleiter treten nach und nach ab, die ätherischen Noten, die Würze, das Holz – zum Schluss steht sie ganz alleine vor uns, nackt und fett.

Als wenn das nicht schon schlimm genug wäre, krallt sie sich in Textilien fest, für Tage! Und spätestens wenn am zweiten Tag danach der Jackenärmel immer noch nach diesem Stoff riecht, kommt Ekel auf. Zweimal ließ ich es zu – ungläubig und an mir selber zweifelnd, doch nun reicht es – sie darf nur noch auf die Papierkarte, und die wird morgen entsorgt.

Déclaration d'un Soir ist ein weiteres Beispiel für kurzsichtige und geradezu verheerende Produktpolitik. Dieses Parfum wird im Weihnachtsgeschäft bei Douglas und anderswo die Kassen klingeln lassen. Die Ehefrauen werden es lieben, doch viele der so beschenkten Ehemänner werden sich heimlich ekeln und die Wäsche entsorgen, spätestens am zweiten Feiertag – und von weiteren Parfumkäufen dankend absehen.

Die große Schönheit dieses Parfums und das darin zum Ausdruck kommende Können stehen in krassem Widerspruch zur Verwendung eines Stoffes, der offenbar zumindest in der hier vorliegenden Konzentration nicht in die schönen Düfte gehört. Die Kunst ist bekanntlich frei, aber wie frei war die Parfumeurin?

Für mich ist eine solche Eigenschaft ein K.O.-Kriterium. Déclaration d'un Soir ist zu schön und zu ausgefallen, um ungetestet im Regal stehen zu bleiben. Aber zieht Euch vorher aus!
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