Égoïste 1990 Eau de Toilette

SirAddy
11.06.2019 - 12:12 Uhr
27
Top Rezension
10
Preis
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft

Selbstfürsorge für Parfumliebhaber

Immer diese Auswahl. Immer diese Entscheidungen, die man treffen muss, bevor man das Haus verlässt. Wie ist das Wetter denn heute? Was habe ich heute vor? Hab ich ein wichtiges Meeting? Wie fühle ich mich und was will ich mit meinem Parfum vielleicht ausdrücken? Okay, so sieht es vielleicht bei mir aus. Es wird viele Menschen geben, die sich einsprühen und denken "Hauptsache ich rieche gut und es gefällt den anderen". Viele "Parfumos", denke ich, sind eher so gestrickt wie ich. Nicht mal eben einfach so einsprühen, sondern ein paar Überlegungen vorweg. Klar gibt es zwischen der ganzen Auswahl die "Alleskönner" und "Everybody's Darling". Égoïste gehört aber bestimmt nicht dazu. Alleine schon um den Namen korrekt zu schreiben musste ich fünf mal hoch scrollen, um die Akzente richtig zu setzen.

Der Duft begegnete mir das erste Mal bei einem guten Freund. Ehemaligen guten Freund muss man mittlerweile leider sagen. Homosexuell, sehr Lifestyle- und Lebenserfahren und doppelt so alt als ich, hatte er mir diesen Duft nahegelegt. Also während er Antaeus (wenigstens muss ich hier nicht nach Akzenten schauen) und andere Schätze trug, lief ich bereits Anfang 20 fast ausschließlich mit diesem Duft durch die Gegend. Das hat polarisiert! Die einen fanden es mega, weil der Duft einfach so gut riecht. Andere fanden es überraschend und ungewöhnlich, weil der Duft schon recht klassisch und etwas älter bzw. traditioneller war. Die damaligen Parfums die raus kamen zu meinem Alter, die dann so "in" waren, waren mit Égoïste gar nicht vergleichbar.

Generell fand ich die damalige Duftlandschaft anstrengend. Letztens Endes war ich froh, irgendwie den Duft mehr oder weniger "aufgedrückt" bekommen zu haben. Es gab damals (und gibt es heute noch) so viele Düfte, dass ich regelrecht verunsichert war und oftmals gekauft habe frei nach dem Motto "Teuer = Gut". Irgendwie habe ich speziell diesen Duft aber lieben gelernt und ich liebe ihn heute noch. Mir war es total egal, wie andere den Duft fanden und so ist es immer noch. Mir war es total egal, zu welchem Anlass ich den Duft trage und so ist es immer noch. Der Duft war für mich wie ein Duft-Kompass zu der Zeit. Er gab mir ein fabelhaftes Gefühl- und dieses Gefühl ist das, was ich bis heute in jedem Duft eigentlich suche. Dann ist es auch völlig egal, was der Duft kostet oder wie andere den finden. Mir soll er gut tun. Mir soll er gefallen. Es geht um mich, ganz allein.

Wenn ich dieses Gefühl haben will, das Gefühl, dass es heute um mich geht und dass es mir gut gehen soll. Wenn ich kein Bock habe mich mit den üblichen Entscheidungen vor der Duftsammlung zu beschäftigen- dann trage ich diesen Duft. Er erinnert mich immer daran, dass man seinen eigenen Weg gehen und sich dabei auch bewusst mal etwas Gutes tun sollte, auch wenn man manchmal erst von jemandem zum richtigen Weg geführt werden muss. Deshalb finde ich den Namen und seine Geschichte mit mir, einfach perfekt. Michael, danke dass Du mir damals den Duft "unter die Nase gerieben" hast. Ich widme Dir diesen Kommentar und wo immer Du auch steckst, ich hoffe es geht Dir gut.
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