09.05.2018 - 15:46 Uhr
RobGordon
59 Rezensionen
RobGordon
Top Rezension
42
Morillas im Nebel!
In diesem Beitrag geht es aber nicht um die aussterbende Gattung der Berg-Gorillas sondern viel mehr um die Ausrottung erschwinglicher und gleichzeitig gelungener Designerdüfte in einer von Rendite bedrohten Duftwelt.
Honig-Akkorde in Düften verstellen mir gerne die Sicht auf die Dinge welchen ich auf den Grund gehen möchte, was einer Vernebelung gleichkommt. Prominente Beispiele wären zB. Vermeil PH oder seine Vorlage, L'Envol, in Chergui nicht ganz so dramatisch, aber ich gewinne oft den Eindruck, die Dufmoleküle wären quasi mittels Hochdruckpasteurisation zusammengeschoben, bis zur Unkenntlichkeit entstellt und hängen wie ein trüber klebriger Schleier über dem Duftverlauf.
Meine Französisch-Kenntnisse entsprechen exakt meiner Expertise hinsichtlich der finnischen Sprache. "Honig aus Arabien" hätte mir eine Warnung sein können, die Zeit den Namen zu übersetzen oder die Noten zu lesen, hab ich mir bei der Bestellung nicht genommen. Es mussten einer ALzD Bestellung noch schnell Parfum-Probenwünsche nachgereicht werden und da fielen mir die Chopard Newcomer ein, von welchen ich mir einen blind ausgewählt habe.
Ein kurz eingeschobenes Lob für das Team rund um AlzD, die meine Wünsche prompt eingearbeitet und noch am selben Tag versandt haben. Der Service kann sich wirklich sehen lassen und nein, der Beitrag ist nicht gesponsert.
Von mir aus hätte der Duft auch "Lawrence d'Arabie" heißen und ohne den Bienensabber abgefüllt werden können. Aber Herrn Morillas gelingt das schier Unmögliche, dass mich ein Cameo-Honigauftakt tatsächlich nicht stört. Auf dem Teststreifen geht er fast völlig unter und der würzig-aromatische Grünton ist fast noch präsenter als im Verlauf auf der Haut.
Ausnahmsweise eine Empfehlung diesen Duft jedenfalls auch auf dem Streifen zu testen. Selbiges hinsichtlich Präsenz gilt für den Hauch von Iris, den ich am ehesten als eine Nuance einer staubigen Grundierung ebenfalls nur am Papier wahrnehme. Iris-Liebhaber haben jedenfalls noch keinen Grund bei diesem Duft in Ekstase zu fallen.
Aber alles der Reihe nach. Den Corpus bildet eine fast bis zur Unkenntlichkeit vermummte Rose, die höchst behutsam mit Weihrauch beregnet und sanft mit Harztönen trockengetupft wurde. Damit das Konzept nicht banal wirkt, kommen grüne, feinwürzige, sehr präsente ätherische Noten hinzu, die wesentlich zur Luftigkeit im Gesamtbild der Aromatik beitragen und diese zugedeckte Rose so mühelos aus dem Lager der Oppulenz ziehen. Das alles wird fast im gesamten Verlauf fein fruchtig-säuerlich kontrastriert. Nach dem Lesen in welche Richtung ich dabei denken soll, erscheint eine Granatapfelnachstellung durchaus plausibel.
Das Ergebnis ist dezent fruchtig,sauer-würzig-unschwülstig blumig, kurzum hoch aromatisch und das Wichtigste, nicht synthetisch anstrengend, was vielen Düften der Neuzeit auf die Stirn geschrieben ist, spätestens nach mehreren Stunden des Tragens. Es entsteht auf der Haut und in der Projektion eine wunderbare Verbindung, die am Grat des unisex-Pfades in perfekter Balance entlang tänzelt. Ich verwende Attribute wie "sexy" so gut wie nie, aber dieser Duft löst den Wunsch, ein solches Vokabel in den Text einzupflegen, durchaus aus. Es kommt auch nicht oft vor, dass ein Duft für mein Empfinden am Streifen aromatisch "leuchtet".
Es geht mir nie darum Hype-Trains (unentgeltlich) zu starten, aber ich teile gerne meine Freude an diesem Duft. Es dauerte ja bloß 24 Jahre bis Chopard wieder einen Duft rührt der mich so berührt, wie einst "Heaven" oder "Bogner Man" 1990, obwohl sie nichts gemeinsam haben, außer vielleicht eine vergleichbar ausgeklügelte Aura, die hier an Frau und Mann gleichermaßen funktioniert.
Vor meiner Tastatur liegt noch der Streifen der pulsartig sein Aroma versprüht und mir die Sinne raubt. Es ist trotz der sinnlichen olfaktorischen Attacke auf mein Vernunftzentrum sicher kein heiliger Gral unter den Düften.
Es wird nie einen Duft geben, egal ob Nische oder Designer, bei welchem sich die Duft-Community je einig wird. Ich halte das für einen sehr wesentlichen Aspekt den man bei seiner eigenen Duftreise nie aus den Augen verlieren sollte. Dafür gehen die individuellen Geschmäcker und natürlich auch die Möglichkeiten finanzieller Natur einfach zu deutlich auseinander.
Es ist für mich lediglich ein spannender Designerduft mit vergleichbarem Potential einiger 90er Düfte, den das Marketing in die Exklusiv-Linie geschoben hat und man dafür 275€/100ml sehen möchte. Der Duft selbst kann jedenfalls nichts dafür. Deshalb suche ich auch nicht krampfhaft nach Gründen den selbst gewonnenen Dufteindruck abzumildern.
Ich wage es jedoch hiermit öffentlich anzuzweifeln, dass man mit der Verdreifachung des Preises zur Unterstreichung der Exklusivität mit diesem Duft mehr Umsatz machte, als wenn er in der 90-100€ Klasse bei jeder Kette feilgeboten würde. Auch auf die Gefahr hin, dass man ihn womöglich auch an jeder Ecke röche. Was mir die Lust am Tragen eines Parfums eher nimmt.
Der Duft hat alles, was Parfum für mich braucht. Der Charakter der Projektion ist stimmig, er schmiegt sich wunderbar an die Haut an. Er ist vielseitig hinsichtlich Einsatzmöglichkeiten und nicht auf eine Jahreszeit beschränkt, nicht zu laut, nicht zu leise und trifft meinen Nerv perfekt. Ich habe mich in den nahezu 5 Jahren hier auf Parfumo immer gewunden eine 10 zu vergeben.
Mir fehlen hier eindeutig die Gründe es diesmal nicht zu tun. Die 10 bekommt der Duft jedenfalls nicht wegen seiner Präsentation sondern trotz seiner Aufmachung.
Eines möchte ich noch loswerden:
Das überschaubare Stelldichein von Honig im Auftakt bzw. als poetischer Namensgeber macht diesen Duft nicht einmal zum Halb-Gourmand, wer Schmutznoten zur Unterstreichung der sexyness braucht, ist hier ebenfalls am falschen Dampfer. An anderen Stellen des Internets wird noch eine Teenote gelistet. Diese suche ich zum Glück vergeblich.
Falls mir das Chopard-Marketing diesen Duft gerne schenken wollte, er würde von seinem Empfänger wohlwollend angenommen.
Honig-Akkorde in Düften verstellen mir gerne die Sicht auf die Dinge welchen ich auf den Grund gehen möchte, was einer Vernebelung gleichkommt. Prominente Beispiele wären zB. Vermeil PH oder seine Vorlage, L'Envol, in Chergui nicht ganz so dramatisch, aber ich gewinne oft den Eindruck, die Dufmoleküle wären quasi mittels Hochdruckpasteurisation zusammengeschoben, bis zur Unkenntlichkeit entstellt und hängen wie ein trüber klebriger Schleier über dem Duftverlauf.
Meine Französisch-Kenntnisse entsprechen exakt meiner Expertise hinsichtlich der finnischen Sprache. "Honig aus Arabien" hätte mir eine Warnung sein können, die Zeit den Namen zu übersetzen oder die Noten zu lesen, hab ich mir bei der Bestellung nicht genommen. Es mussten einer ALzD Bestellung noch schnell Parfum-Probenwünsche nachgereicht werden und da fielen mir die Chopard Newcomer ein, von welchen ich mir einen blind ausgewählt habe.
Ein kurz eingeschobenes Lob für das Team rund um AlzD, die meine Wünsche prompt eingearbeitet und noch am selben Tag versandt haben. Der Service kann sich wirklich sehen lassen und nein, der Beitrag ist nicht gesponsert.
Von mir aus hätte der Duft auch "Lawrence d'Arabie" heißen und ohne den Bienensabber abgefüllt werden können. Aber Herrn Morillas gelingt das schier Unmögliche, dass mich ein Cameo-Honigauftakt tatsächlich nicht stört. Auf dem Teststreifen geht er fast völlig unter und der würzig-aromatische Grünton ist fast noch präsenter als im Verlauf auf der Haut.
Ausnahmsweise eine Empfehlung diesen Duft jedenfalls auch auf dem Streifen zu testen. Selbiges hinsichtlich Präsenz gilt für den Hauch von Iris, den ich am ehesten als eine Nuance einer staubigen Grundierung ebenfalls nur am Papier wahrnehme. Iris-Liebhaber haben jedenfalls noch keinen Grund bei diesem Duft in Ekstase zu fallen.
Aber alles der Reihe nach. Den Corpus bildet eine fast bis zur Unkenntlichkeit vermummte Rose, die höchst behutsam mit Weihrauch beregnet und sanft mit Harztönen trockengetupft wurde. Damit das Konzept nicht banal wirkt, kommen grüne, feinwürzige, sehr präsente ätherische Noten hinzu, die wesentlich zur Luftigkeit im Gesamtbild der Aromatik beitragen und diese zugedeckte Rose so mühelos aus dem Lager der Oppulenz ziehen. Das alles wird fast im gesamten Verlauf fein fruchtig-säuerlich kontrastriert. Nach dem Lesen in welche Richtung ich dabei denken soll, erscheint eine Granatapfelnachstellung durchaus plausibel.
Das Ergebnis ist dezent fruchtig,sauer-würzig-unschwülstig blumig, kurzum hoch aromatisch und das Wichtigste, nicht synthetisch anstrengend, was vielen Düften der Neuzeit auf die Stirn geschrieben ist, spätestens nach mehreren Stunden des Tragens. Es entsteht auf der Haut und in der Projektion eine wunderbare Verbindung, die am Grat des unisex-Pfades in perfekter Balance entlang tänzelt. Ich verwende Attribute wie "sexy" so gut wie nie, aber dieser Duft löst den Wunsch, ein solches Vokabel in den Text einzupflegen, durchaus aus. Es kommt auch nicht oft vor, dass ein Duft für mein Empfinden am Streifen aromatisch "leuchtet".
Es geht mir nie darum Hype-Trains (unentgeltlich) zu starten, aber ich teile gerne meine Freude an diesem Duft. Es dauerte ja bloß 24 Jahre bis Chopard wieder einen Duft rührt der mich so berührt, wie einst "Heaven" oder "Bogner Man" 1990, obwohl sie nichts gemeinsam haben, außer vielleicht eine vergleichbar ausgeklügelte Aura, die hier an Frau und Mann gleichermaßen funktioniert.
Vor meiner Tastatur liegt noch der Streifen der pulsartig sein Aroma versprüht und mir die Sinne raubt. Es ist trotz der sinnlichen olfaktorischen Attacke auf mein Vernunftzentrum sicher kein heiliger Gral unter den Düften.
Es wird nie einen Duft geben, egal ob Nische oder Designer, bei welchem sich die Duft-Community je einig wird. Ich halte das für einen sehr wesentlichen Aspekt den man bei seiner eigenen Duftreise nie aus den Augen verlieren sollte. Dafür gehen die individuellen Geschmäcker und natürlich auch die Möglichkeiten finanzieller Natur einfach zu deutlich auseinander.
Es ist für mich lediglich ein spannender Designerduft mit vergleichbarem Potential einiger 90er Düfte, den das Marketing in die Exklusiv-Linie geschoben hat und man dafür 275€/100ml sehen möchte. Der Duft selbst kann jedenfalls nichts dafür. Deshalb suche ich auch nicht krampfhaft nach Gründen den selbst gewonnenen Dufteindruck abzumildern.
Ich wage es jedoch hiermit öffentlich anzuzweifeln, dass man mit der Verdreifachung des Preises zur Unterstreichung der Exklusivität mit diesem Duft mehr Umsatz machte, als wenn er in der 90-100€ Klasse bei jeder Kette feilgeboten würde. Auch auf die Gefahr hin, dass man ihn womöglich auch an jeder Ecke röche. Was mir die Lust am Tragen eines Parfums eher nimmt.
Der Duft hat alles, was Parfum für mich braucht. Der Charakter der Projektion ist stimmig, er schmiegt sich wunderbar an die Haut an. Er ist vielseitig hinsichtlich Einsatzmöglichkeiten und nicht auf eine Jahreszeit beschränkt, nicht zu laut, nicht zu leise und trifft meinen Nerv perfekt. Ich habe mich in den nahezu 5 Jahren hier auf Parfumo immer gewunden eine 10 zu vergeben.
Mir fehlen hier eindeutig die Gründe es diesmal nicht zu tun. Die 10 bekommt der Duft jedenfalls nicht wegen seiner Präsentation sondern trotz seiner Aufmachung.
Eines möchte ich noch loswerden:
Das überschaubare Stelldichein von Honig im Auftakt bzw. als poetischer Namensgeber macht diesen Duft nicht einmal zum Halb-Gourmand, wer Schmutznoten zur Unterstreichung der sexyness braucht, ist hier ebenfalls am falschen Dampfer. An anderen Stellen des Internets wird noch eine Teenote gelistet. Diese suche ich zum Glück vergeblich.
Falls mir das Chopard-Marketing diesen Duft gerne schenken wollte, er würde von seinem Empfänger wohlwollend angenommen.
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