Gleich vorweg: ich halte diesen Duft für ein kleines Meisterwerk. Kein weltbewegendes oder irrsinnig innovatives, aber das Rad muss ja bekanntlich nicht ständig neu erfunden werden.
Zugegeben, man muss Patchouli mögen.
Ich liebe es - und wie!
Ich liebe die dunkle, erdige Aura, die holzigen Nuancen, den bronzenen Ton, der mich immer an den Klang eines Cellos erinnert: diesen warmen, satten Klang mit den melancholischen Untertönen - das ist für mich Patchouli, eine mehrschichtige und facettenreiche, volltönende, samtig-dunkle Stimme im olfaktorischen Orchesterapparat.
François Demachy bringt diese Stimme in „Patchouli Impérial“ in all ihrer Komplexität zum Schwingen. Sowohl die erdige, manche an feucht-muffige Keller erinnernde Grundstimmung, als auch die holzigen Mitteltöne, sowie die weichen, Tabak-ähnlichen, aromatischen Kopfnoten.
So changiert der Duft, den Auftritt seines duftenden Haupakteures betreffend, zwischen den berühmt-berüchtigten, knarzigen Patchouli-Ölen der Hippie-Ära und einem überaus raffinierten, fluffig-leichten Chanel-Soufflé namens „Coromandel“.
Überhaupt, Chanel: die gesamte ‚Collection-Privée’ Reihe von Dior ist ja im Grunde der Versuch einer Antwort auf die ‚Les-Exclusifs’ genannte von Chanel. Und so scheint es mir nicht verwunderlich, dass manche dieser Düfte gewisse Bezüge zueinander aufweisen. „Patchouli Impérial“ ist einer davon. Sein direkter Counterpart: das schon genannte „Coromandel“. Der Dior-Duft kommt nun allerdings als etwas raubeiniger Geselle des feingliedrigen Chanel-Desserts daher. Aber es ist genau diese scheinbar grobere Strickart, die vermeintlich mangelnde Raffinesse und die muskulösere Statur, die mich für „Patchouli Imperiale“ einnimmt.
Dabei ist „Coromandel“ wunderbar: allerfeinst gewebt und flirrend wie Seide, ein „Patchouli de Luxe“ mit delikater Gourmand-Note. Aber manchmal darf´s halt gerne ein bisschen mehr sein und „Patchouli Impériale“ bietet mehr, viel mehr. Nicht nur mehr Patchouli, sondern auch ein Mehr an Mitspielern. Dior selbst gibt zwar nur Koriander, Patchouli und Sandelholz an, aber schon beim ersten Schnuppern wird deutlich: hier hat der Parfumeur doch so manches Register seiner Duftorgel gezogen. Dabei dröhnt der Duft nicht volle Kanne los; das Vielstimmige und Vielschichtige entfaltet zwar eine angenehme Präsenz, wird aber nie laut und aufdringlich: gemeinsam mit dem Träger betritt „Patchouli Impériale“ den Raum. Es ist nicht schon vor ihm da.
Das ist angenehm, sehr angenehm sogar. Überhaupt empfinde ich es als eine Freude diesen Duft zu tragen. Die Vielzahl der Aromen, der fruchtige Auftakt, das krautig-aromatische Herz, eine aus dem Fond aufziehende dunkle Kakao-Note, die holzige Basis mit deutlichen Chypre-Anklängen und den alles durchdringenden warmen Cello-Klang des Patchoulis – ein Genuss!
François Demachy ist hier ein überaus entspannter Duft gelungen, einer, der die typische Moll-Stimmung so mancher, brütend-schwerer Patchouli-Soliflore in eine heitere Dur-Stimmung umdeutet, mit kleinen Sidekicks in Richtung Chanels „Coromandel“ (nebst herausgestreckter Zunge und einem „Ätsch, ich kann das auch und vielleicht sogar besser!“), sowie „Bois des Îles“, ebenfalls Chanel, dessen wunderbar feine und leichte Sandelholz-Note sowie den aromatischen Koriander zitierend.
Haltbarkeit und Projektion sind recht gut, wenn auch nicht überragend, aber das macht nichts, im Gegenteil: auch hier ist „Patchouli Impériale“ ein angenehmer Geselle. Der Duft begleitet den Träger ein gutes Stück durch den Tag ohne laufend „Hier!“ zu schreien (wie sein ebenfalls geschätzter, aber ziemlich anstrengender Kollege „Leather Oud“...). Nicht, dass er sich im Understatement üben würde, man nimmt ihn durchaus wahr, aber eher beiläufig.
An diesem Duft gefällt mir einfach alles.
Nur nicht sein Preis – der ist einfach unverschämt!
Alle paar Monate 20 Euro und mehr draufzuschlagen ist wirklich mehr als happig.
Aber gut, die Branche ist eh verrückt geworden.
Von einer Bekannten habe ich kürzlich erfahren, dass sie einen Termin vereinbaren sollte um die Privée-Düfte testen zu dürfen, die direkt vor ihrer Nase standen – sie wurde allen Ernstes wieder weggeschickt.
Mehr Snobismus geht nicht – es ist zum Kotzen!
Wenn nur nicht die Düfte so gut wären! Nicht alle, aber eben doch so mancher.
Und ganz besonders: „Patchouli Impérial“!