19.10.2017 - 15:06 Uhr
Ergreifend
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Die erste Rebellion
Pure Poison war einer der ersten Düfte, die ich mir selbst als Jugendliche gekauft habe und der ausnahmsweise nicht aus der Drogerie war und somit war das schon ziemlich viel Geld für mich. Denn dazumal arbeitete ich nur in den Ferien in einem Hotel und verdiente mir ein bisschen was zu meinem Taschengeld dazu. Für mich war Poison zu dieser Zeit einer der kräftigsten und fordernsten Düfte überhaupt. Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich in der kleinen Stadtparfümerie daran roch. Also so richtig naiv am Sprühköpf. Ganz hin und weg war ich. Als ich aber den Preis erblickte, musste ich aber erstmals schlucken. Der Flakon landete deshalb wieder ins Regal zurück. Doch aujs dem Kopf bekam ich ihn nicht mehr und dieser schwer, blumige Aspekt hing mir noch tagelang im Gedächtnis.
So kratzte ich alles zusammen und ging schon nach wenigen Tagen wieder hin und holte mir das weiße Gift. Der Name ist sowieso cool und das Fläschchen macht auch was her. Ich fühlte mich teils erwachsen udn richtigt chic und sehr feminine, denn der Duft verpuffte nicht so schnell, wie dass was ich zuvor kante :D Wie süß, das damals auch war. Heute kann man über so was einfach nur milde lächeln.
Pure Poison hütete ich die nächsten Monate, als wäre es eine Pusteblume und ich müsse sie vom Wind beschützen, da sie ja nicht davon geweht wird. Sparsam ging ich damit um. Nur ab und an etwas auf den Handrücken. Mehr war da nicht. Ich wollte ihn für etwas ganz Besonderes aufsparen.
Der Moment kam dann auch. Ich durfte zum ersten Mal mit meinen Freundinnen in die große Stadtdisko. Zwar durften wir alle nur bis 2 Uhr bleiben und wurden dann von einem Vater einer Freundin geholt aber das war damals so ein Highlight, auf welches wir uns alle freuten.
Pure Poison kam da natürlich drauf. Ich hatte ein knielangenes, schwarzes Kleid an und war dezent geschminkt. Doch der Duft peppte alles auf. Schwer und schwülstig lag er auf mir. Das Pudrige und das Blumige konnte meine naive Nase damals natürlich auch wahrnehmen, nur hatte ich da noch keine Ahnung, wie kraftvoll und gut komponiert er doch wurde. Schon gar nicht verfolgte ich den Duftverlauf oder lies mir Zeit mit ihm. Nein, ich sprengte mich fast ins Nirvana, mit der Überdosis Gift. Meine Freundinen waren auch nicht besser. So mischte sich ein Parfüm mit dem anderen und es war eine richtige Wolke hinter uns her. Pudrig, staubig und auch sehr süß, kitsch. Gott, war das schrecklich! :D
Der Abend endete damit, dass wir natürlich nicht um 2 Uhr nach Hause fahren konnten, bzw. wollten, da wir einiges gekippt haben und auch irgendwo rumirrten und uns auch aus den Augen verloren haben. Das Ergebnis war dann, dass unsere Eltern sich unheimlich viel gesorgt haben und sich dann auch auf die Suche machten. Sehr leichtsinnig, ich weiß. Aber die Gacke musste mal richtig am dampfen sein und wir Landeier, wollten auch mal richtig die Sau raus lassen. Ich war dann um 07 Uhr daheim. Meine Mutter und mein Vater am Tisch, die mich mit durchbohrenden Blicken fast schon töten wollten. "Jetzt fängt sie schon mit der Rebellion an!", meinte meine Mutter zu meinen Vater. Ging daraufhin zur Arbeit und ich musste die nächsten Wochenenden zu Hause sein und viel kräftiger im Haushalt mithelfen.
Pure Poison war zu diesem Zeitpunkt noch immer auf und in mir. Überall nistete sich der pudrige, würzige Duft hinein. Das Blumige wirkte hell, doch satt. Die Nacht hatte er ohne jegliche Probleme überstanden. Ich war so stolz damals, so einen Duft zu besitzen und führte ihn nach meinem Hausarrest auch immer wieder aus.
Heute habe ich wieder Sehnsucht nach dem weißen Gift. Ich hatte die Tage wieder an vergangene Jahre gedacht und es kam mir Pure Poison wieder in den Sinn. Dieser wundervolle Neroliduft, der sich so kraftvoll gibt und die Gewürze richtig aufwirbelt. Schön, pudrig mit einer sanften Sillage von erdigen Tönen, die beruhigend auf mich einwirken. Etwas Jasmin und frische Luft lassen etwas Leben in den stickigen Orient kommen. Helle Holznoten bilden ein schönes Ende dieses Duftes, welcher erst nach vielen Stunden deutlich blasser wird. Die Neroli aber kriecht bis zum Letzten auf der Haut herum und lässt ihren Geruch lange dort verweilen. Leicht süßlich ist der Duft im Hintergrund, mit etwas Moschus und warmen Herz. Behutsam begleitet er einen durch den Tag, deckt und umschlingt einen. Wenn man es aber übertreibt, so kann er ziemlich anstrengend und teilweise auch boshaft rüberkommen. Man bekommt nicht selten Kopfschmerzen, wenn man in einen Top voller Pure Poison fällt. Doch das habe ich die letzten Jahre gelernt - Mit Poisons muss man einfach sparsamer umgehen und sie gekonnt einsetzen, so dass sie nicht all zu anstrenged wirken.
Die Haltbarkeit und die Sillage sind im höheren Feld anzusiedeln und man kann sich sicher sein, dass der Duft einem sicherlich in den Schlaf verfolgt. Auch wenn man sich frisch geduscht hat. Den Flakon finde ich nachwievor richtig chic, wenn auch ein klitze kleines bisschen kitschig mit dem grau, weißen und blau-violetten Farben. Er muss aber wieder zu mir ins Regal, so dass ich meien Erinnerung auch mal visuell mit ihm verbinden kann.
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