Black Comme des Garçons 2013

SayYes
27.02.2021 - 13:19 Uhr
7
Hilfreiche Rezension

In memory of an African freemason

Im fernen Jahr 2016, als globale Pandemien eher mit dem Horror-/Sci-fi-Genre statt dem tagesaktuellen Weltgeschehen assoziiert wurden, arbeitete ich als ahnungslose Berufsanfängerin in einer deutsch-afrikanischen Theaterproduktion zum Thema Geheimbünde, Verschwörungstheorien und Politmanipulation. Die Sinnhaftigkeit und der künstlerische Wert der Inszenierung, die vom empörten Verlassen der anwesenden Freimaurer zur Premiere begleitet wurde, seien an dieser Stelle besser außer Acht gelassen. Doch gab es im Laufe der rund zweistündigen Vorführung einen Moment, in dem ein ivorischer Performer ein magisches Ermächtigungsritual vorführte, in dem er sich (als Präsident eines namenlosen, afrikanischen Staats) mit rund dreißig Sprühern dieses Dufts besprühte. Beizeiten waren es auch vierzig, je nach Laune des Publikums. Der Herrscher, welcher mittels schwarzer Blutmagie an Macht gewonnen hatte, wollte dies seiner Umgebung olfaktorisch unmissverständlich demonstrieren. Die Reaktionen, die darauf folgten, waren gemischt, aber sie folgten. Die einen verfielen in erschrockene Schnappatmung, die anderen verließen mit zugehaltener Nase den Saal, einige bestritten den weiteren Teil des Abends mit einem Taschentuch vor der Nase und Einzelne, Mutige saßen stoisch da und taten, als sei nichts geschehen.
Laut Produktionsteam sollte der Duft an das intensive Duftgemisch auf westafrikanischen Bazaren mitsamt ihrem reichen Räucherwerk und der Fülle an Gewürzen erinnern. Olfaktorisches Theater nach westlicher Art, sozusagen. Für mich war es vornehmlich der warme, einhüllende Weihrauch, der mich den Duft (eigentlich) mögen ließ. Aber wie so oft, ist alles eine Frage der (richtigen) Dosierung. Ab über fünf Sprühern entwickelt „Black“ die Durchschlagkraft eines hochgiftigen Insektizids; auch die präsente Kümmelnote (die offenbar gar nicht enthalten ist;) wirkt zu schreiend, schrill. In der Probenphase erlitt eine Schauspielerin gar einen Asthmaanfall und weigerte sich fortan in der betreffenden und den nachfolgenden Szenen mitzuwirken. Zu stark war die raumfüllende Wolke, die bis zur letzten Reihe reichte und wer hätte es ihr verübeln können? Die beteiligten Schauspieler benetzten sich allerdings gern auch nach Probenende mit „Black“ und hatten wenig Verständnis für die weibliche Hochsensibilität, was nicht zur allgemeinen Harmonie beitrug.
Die Produktion war ein einziger Misserfolg und wurde nach wenigen Malen abgespielt, doch die Erinnerung an den Duft blieb bestehen. Wer weiß, vielleicht spüre ich ihn irgendwann im Requisitenfundus auf und gebe ihm in einem sorgenfreieren Rahmen eine zweite Chance. Wunder geschehen.
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