Cuba Gold Eau de Toilette

Chimo
27.03.2022 - 10:00 Uhr
14
Top Rezension

Vom Siegen und Verlieren

Die Niederlage hat einen schlechten Ruf. Wer fällt, ist schnell Vergangenheit. Wer am Boden liegt, sieht die Welt von unten. Mag sein, dass der Zweite sich noch freuen kann. Aber den Vierten schon bestraft das Leben.

Dabei hat das Verlieren eine eigene Schönheit. Wenn sich die Scheinwerfer wegdrehen, macht das Leben Platz für leise Farben. Und wer es schafft, sie zu sehen, kann ein Leben großer Fülle erreichen.

Aber dann gibt es auch noch die Gauner. Die Hochstapler und Aufschneider, die ihre Hand an den Thron legen. Die ohne Mühe, ohne Können und allenfalls mit den Schweißperlen der List nach oben kommen. Die Taugenichtse, die sich mit Nebelkerzen ihren Weg bahnen. Sie sehen das Feld von hinten, aber ihr Schneid fährt sie im Taxi ins Ziel. Dabei hätten sie was Eigenes leisten können.

Es geht hier also um einen Klon. Die Sache mit den Nachahmern ist eigentlich banal. Trittbrettfahren ist nicht verboten, und jeder soll sich an Dupes freuen können. Andererseits könnten Schlaumeier wie die von Cuba ja auch einfach mal einen eigenen Duft herstellen oder zumindest einen neuen Pinselstrich in der Kopierwerkstatt einsetzen. Stattdessen entschlüsseln sie mit Zange und Schraubzwinge die DNA bekannter Parfums und brauen sie nach.

Dass Le Male die Blaupause ist, riecht man vom ersten Sprühstoß an. Es ist eine süß-würzige Überdosis von Minze mit Lavendel und Vanille. Etwas süßer das Original, etwas würziger der Nachahmer. Eine Spur Tabak scheint dabei zu sein. Doch schon nach 20 Minuten ist kaum noch ein Unterschied zu erkennen. Cuba Gold ist nur flacher und weniger schlau. Es fehlt ihm die Klarheit. Und die Überraschung einer echten Entdeckung sowieso.

Die homoerotische Geste von Le Male war damals eine große Sache. Sie erreichte die Massen und man konnte sie in Clubs und an Supermarktkassen riechen. Auch heute ist der Duft noch respektabel. Allerdings ist sein Spektrum ein wenig in die Jahre gekommen. Ein bisschen wie ein Tattoo, das man sich vor der Loveparade noch schnell in die Haut stechen ließ.

Warum trotzdem so viele diesen Duft kopieren, liegt auf der Hand. Wie die Kistenschieber der Discounter kann man damit noch gutes Geld verdienen. Es ist leichter, als ein Wagnis einzugehen.

Doch wie bei allen Nachahmerprodukten bleibt ein schales Gefühl. Dupes sind so, wie wenn man mit Wasserfarben malt und im Tuschkasten irgendwann die Töne verwischen. Die Klarheit fehlt, das Prisma der Farben wird von einem Schleier überzogen. Le Male hat trotz seiner minzig-vanilligen Süße diese klaren Spitzen, als wären die Duftnoten aufgefächert. Man muss das nicht mögen, aber es ist interessant. Dieser Duft hier ist halt nur ein Strauchdieb.

„Und warum tust Du Dir das an und schreibst auch noch darüber?“

„Ich weiß auch nicht. Ich wollte mal was über die Schönheit des Verlierens schreiben. Und jetzt weiß ich immerhin, dass Galgenvögel niemals fliegen können.“
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