30.12.2015 - 18:08 Uhr
Yatagan
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Yatagan
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Riechen wie Ozzy: Die Rose aus der Schattenwelt
Traditionell frage ich mich jedes Jahr an Silvester besonders lang und intensiv, was ich tragen werde. Dass hat bei einer Familie mit Kindern gar nicht so sehr mit einer rauschenden Partynacht und dem dazu passenden Duft zu tun (die letzten Jahre verlief Silvester bei uns eher beschaulich), sondern mit der Überlegung…
…mit welchem Duft ich das alte Jahr beenden; mit welchem Duft ich das neue Jahr anfangen will.
Das kann man für Idiotie halten, zumal ich dem Jahreswechsel ansonsten keine besondere Bedeutung beimesse, keine guten Vorsätze fasse, die ich ohnehin drei Tage später wieder fallen lasse, keine Pläne schmiede und auch sonst nichts erhoffe oder erbitte. Nur beim Duft bin ich eigen; aber wenn es jemanden geben sollte, der das verstehen kann, dann wird er / sie vermutlich ein Mitglied der Parfumo-Familie sein. Wie auch sonst?
Wichtig ist mir dabei außerdem, dass ich den Duft bisher noch nicht an Silvester getragen habe, er also quasi eine neue Wahl für diese Gelegenheit darstellt.
Bei all diesem Grübeln ist nun Czech & Speakes No. 88 dabei herausgekommen.
Eine ungewöhnliche Wahl? Sicherlich, denn der Duft hatte einen kleinen Hype vor vier bis fünf Jahren und wurde dann nicht mehr so stark beachtet. Zwar gab es auch in den vergangenen Monaten einige gute Kommentare zu No. 88, ein stark gesuchter Vertreter in Parfümerien scheint er dennoch nicht mehr zu sein, was vielleicht auch daran liegen mag, dass er dem seinerzeit intensiv gefeierten und gleichermaßen guten XPEC Original ähnelt, der nur noch sehr schwer zu finden ist. Beide Düfte sind sozusagen gemeinsam vom Licht in den Schatten getreten. Eigentlich ist das schade, denn die beiden sind Vertreter des Konzepts eines stark floralen (tuber-)rosedominierten Herrenduftes. Diese Idee existiert zwar bereits seit den 70ern (z.B. Aramis 900 - 1973 - über Domenico Caraceni „1913“ und Il Profvmos Touaregh), hat sich aber nie so recht durchsetzen können und letztlich erst über den sog. Nischenmarkt eine gewisse Breitenwirkung entfaltet. Während XPEC Original dabei die Tuberose in den Mittelpunkt eines Unisex- resp. Herrenduftes stellt, ist es bei No. 88 die Rose, die dem Duft den (Blüten-)Stempel aufdrückt.
Letztlich fiel die Wahl für mich auf No. 88 und nicht auf XPEC Original, da ich ersteren - wie auch die anderen Czech & Speake-Düfte - in einer kleinen Originalflasche (in meiner Sammlung wegen der Größe unter Miniaturen gelistet), von XPEC dagegen nur eine große Abfüllung besitze.
Dass der Flakon von No. 88 eine schlichte, mattschwarze Flasche ist, passt gut zur Aura des Duftes, denn die Rose ist hier dunkel und schwer, nicht frisch und hell, sondern fast welk, voller dunkler Blätter. Auch hier passt das Bild: vom Licht in den Schatten. Erhabene Dunkelheit der Seele statt äußerlicher Schwärze. Assoziationen zu Gothic-Kitsch sind erlaubt. Fette Amarena-Kirsche auf Schwarzwaldtorte. Rosa und Schwarz.
Überhaupt ist der Duft einer jener, der gut zur dunklen Jahreszeit, zu dunklen Räumen, dunklen Gedanken passt. Da finden sich Akzente von Räucherstäbchen, ich rieche auch Patchouli, obwohl es hier nicht angegeben ist, außerdem schweres, süßes Sandelholz. Alles zusammen eine kleine Zeitreise in die 70er an einen verlassenen Strand auf Ibiza im Herbst. Angeblich soll Ozzy Osbourne ihn seit Jahren als Signature-Scent verwenden, wie er auf Blabbermouth verrät. Wenn das nichts ist, Metalheads dieser Welt: Der Fürst der Dunkelheit (ich denke dabei an den Ozzy der früheren Black Sabbath-Zeiten, nicht denjenigen aus der Reality-Soap) trägt No. 88. Nicht die schlechteste Referenz, gerade auch für melancholische Jahreswechsel.
Also dann: Läuten wir das neue Jahr mit der ersten Black Sabbath (für Novizen: Da erklingen ganz am Anfang Kirchenglocken) oder der letzten Motörhead (R.I.P. Lemmy) ein, dimmen wir das Licht, tragen wir Schwarz und ein wenig Trauer in der Seele und No. 88.
Die Erwartungen nicht zu hoch. Dann kann wohl nicht allzu viel schiefgehen.
Allen Parfumos wünsche ich ein frohes Jahr 2088!
(Für Lemmy: 24.12.1945 - 28.12.2015)
…mit welchem Duft ich das alte Jahr beenden; mit welchem Duft ich das neue Jahr anfangen will.
Das kann man für Idiotie halten, zumal ich dem Jahreswechsel ansonsten keine besondere Bedeutung beimesse, keine guten Vorsätze fasse, die ich ohnehin drei Tage später wieder fallen lasse, keine Pläne schmiede und auch sonst nichts erhoffe oder erbitte. Nur beim Duft bin ich eigen; aber wenn es jemanden geben sollte, der das verstehen kann, dann wird er / sie vermutlich ein Mitglied der Parfumo-Familie sein. Wie auch sonst?
Wichtig ist mir dabei außerdem, dass ich den Duft bisher noch nicht an Silvester getragen habe, er also quasi eine neue Wahl für diese Gelegenheit darstellt.
Bei all diesem Grübeln ist nun Czech & Speakes No. 88 dabei herausgekommen.
Eine ungewöhnliche Wahl? Sicherlich, denn der Duft hatte einen kleinen Hype vor vier bis fünf Jahren und wurde dann nicht mehr so stark beachtet. Zwar gab es auch in den vergangenen Monaten einige gute Kommentare zu No. 88, ein stark gesuchter Vertreter in Parfümerien scheint er dennoch nicht mehr zu sein, was vielleicht auch daran liegen mag, dass er dem seinerzeit intensiv gefeierten und gleichermaßen guten XPEC Original ähnelt, der nur noch sehr schwer zu finden ist. Beide Düfte sind sozusagen gemeinsam vom Licht in den Schatten getreten. Eigentlich ist das schade, denn die beiden sind Vertreter des Konzepts eines stark floralen (tuber-)rosedominierten Herrenduftes. Diese Idee existiert zwar bereits seit den 70ern (z.B. Aramis 900 - 1973 - über Domenico Caraceni „1913“ und Il Profvmos Touaregh), hat sich aber nie so recht durchsetzen können und letztlich erst über den sog. Nischenmarkt eine gewisse Breitenwirkung entfaltet. Während XPEC Original dabei die Tuberose in den Mittelpunkt eines Unisex- resp. Herrenduftes stellt, ist es bei No. 88 die Rose, die dem Duft den (Blüten-)Stempel aufdrückt.
Letztlich fiel die Wahl für mich auf No. 88 und nicht auf XPEC Original, da ich ersteren - wie auch die anderen Czech & Speake-Düfte - in einer kleinen Originalflasche (in meiner Sammlung wegen der Größe unter Miniaturen gelistet), von XPEC dagegen nur eine große Abfüllung besitze.
Dass der Flakon von No. 88 eine schlichte, mattschwarze Flasche ist, passt gut zur Aura des Duftes, denn die Rose ist hier dunkel und schwer, nicht frisch und hell, sondern fast welk, voller dunkler Blätter. Auch hier passt das Bild: vom Licht in den Schatten. Erhabene Dunkelheit der Seele statt äußerlicher Schwärze. Assoziationen zu Gothic-Kitsch sind erlaubt. Fette Amarena-Kirsche auf Schwarzwaldtorte. Rosa und Schwarz.
Überhaupt ist der Duft einer jener, der gut zur dunklen Jahreszeit, zu dunklen Räumen, dunklen Gedanken passt. Da finden sich Akzente von Räucherstäbchen, ich rieche auch Patchouli, obwohl es hier nicht angegeben ist, außerdem schweres, süßes Sandelholz. Alles zusammen eine kleine Zeitreise in die 70er an einen verlassenen Strand auf Ibiza im Herbst. Angeblich soll Ozzy Osbourne ihn seit Jahren als Signature-Scent verwenden, wie er auf Blabbermouth verrät. Wenn das nichts ist, Metalheads dieser Welt: Der Fürst der Dunkelheit (ich denke dabei an den Ozzy der früheren Black Sabbath-Zeiten, nicht denjenigen aus der Reality-Soap) trägt No. 88. Nicht die schlechteste Referenz, gerade auch für melancholische Jahreswechsel.
Also dann: Läuten wir das neue Jahr mit der ersten Black Sabbath (für Novizen: Da erklingen ganz am Anfang Kirchenglocken) oder der letzten Motörhead (R.I.P. Lemmy) ein, dimmen wir das Licht, tragen wir Schwarz und ein wenig Trauer in der Seele und No. 88.
Die Erwartungen nicht zu hoch. Dann kann wohl nicht allzu viel schiefgehen.
Allen Parfumos wünsche ich ein frohes Jahr 2088!
(Für Lemmy: 24.12.1945 - 28.12.2015)
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