Sauvage 2015 Eau de Toilette

MajorTom
07.04.2021 - 08:00 Uhr
4
9
Preis
7
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft

Superstar oder Superflop?

Zugegebenermaßen, Mainstream-Vertreter sind oft meines nicht unbedingt, ich bin in den vielen Jahren meiner Leidenschaft für Düfte mehr und mehr in die Nischenecke abgedriftet. Dennoch gibt es auch im Mainstream-Bereich richtig gut gemachte Exemplare, sei es Boss Bottled, Davidoff Cool Water oder Calvin Klein Eternity, ganz zu schweigen von den Rituals. Also auch für den dünneren und sogar den wirklich schmalen Geldbeutel wird heutzutage durchaus etwas Vernünftiges geboten. Und ich schaue mich auch immer gerne beim freundlichen Türkisen um, wenn ich gerade dazukomme, schon alleine um ein bisschen auf dem Laufenden zu bleiben, was sich so alles tut.

Letztlich bin ich beim Herumstrullen an Sauvage hängengeblieben. Erste Assoziation: Der Depp - also der Schauspieler, nicht der Träger. Zweite Überlegung: Heftig beworben, oft gesehen, aber nie wirklich im Detail in die engere Auswahl genommen. Also mal Handrücken und Gelenk besprüht, den Laden verlassen und im Freien die erste Riechprobe genommen.

Auftakt: Frisch. Überraschend frisch, ich hatte einen viel schwereren Duft erwartet, zumal ja als würzig und, analog Depp, als wild beworben. Nun, Depp’s Johnny gibt in den letzten Jahren weder beim weiblichen Geschlecht noch vor vielen Richtern eine besonders glückliche Figur ab, es sind dann doch leider und eher der exzessive Umgang mit Geld und Alkohol, die die Schlagzeilen machen.
Der Sauvage hingegen beeindruckt zumindest mal anfänglich durchaus.
Etwas schade finde ich allerdings, dass die zweifellos vorhandenen Bergamotte- und Lavendelnoten durch eine recht prominente und dominante Beimischung von Ambroxan fast gekillt werden. Aber das war ja wohl offensichtlich so gewollt. Ich fände es super interessant, zu sehen beziehungsweise zu riechen, wie sich eine geringe Ambroxdosierung auf das Riechergebnis ausgewirkt hätte.

Nach 30 Minuten ist der Berga-Lavendel-Ambrox-Mischung eine würzige Begleiterin hinzugetreten. Die Duftpyramide zitiert hier verschiedene Pfeffervarianten, die ich so im Detail nicht auseinander zu halten vermag, aber Pfeffer ist es sicherlich und gibt der frischen Kombination einen interessanten Twist. Denn mit zunehmender Dauer übernimmt zumindest auf meiner Haut der Pfeffer das Kommando, schießt Lavendel und Bergamotte ins Nirgendwo und liefert sich mit dem verbliebenen Ambroxan ein Gefecht um den Vorrang.

Nach drei Stunden vernehme ich im Wesentlichen noch immer Ambroxan und auch den Pfeffer, aus der Frische ist eine frische Würze geworden, die zwar nicht mehr die Power vom Anfang mit sich führt, aber nach wie vor deutlich vernehmbar ist. Ich finde den Kontrast, den Ambroxan auf der einen und Pfeffer auf der anderen Seite bietet, extrem spannend, gibt dem Duft per se eine etwas freche, vielleicht auch diese so beworbene „wilde“ Affinität.

Nach weiteren vier Stunden ruft mein Bettzeug und den Arm neben mir auf dem Kopfkissen liegen habend ziehe ich einen letzten Atemzug von Sauvage auf dem Weg zu karibischen Träumen und Piratenschiffen ein.

Sieben Stunden später holt mich der Wecker aus der warmen Depp‘schen Karibik zurück in die kalte, einmal mehr leicht verschneite deutsche Realität und das erste, was ich rieche, ist ein Mini-Relikt vom Vortag. Gut, als Duft würde ich das, was sich an meinem Handgelenk befindet, jetzt nicht mehr gerade bezeichnen wollen, aber hey, immerhin, die Haltbarkeit von dem Wässerchen ist schon nicht ohne!

Welches Fazit kann ich ziehen?
Für einen Mainstreamduft eine überzeugende Vorstellung. Der Duft selbst, die am Anfang fast schon brutale Sillage, vor allem aber auch die Haltbarkeit können punkten. Voraussetzung: Man(n) steht dem doch recht synthetischen Ambroxan nicht vollkommen abgeneigt gegenüber, dieser Zusatz könnte für den einen oder anderen tatsächlich ein show stopper sein. Der Flakon ist okay, der Sprüher läuft unter der Rubrik „does his job“ und der Verschluss ist einfach Massenware. Fairerweise sollte aber nicht unerwähnt bleiben, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis absolut in Ordnung geht.
Aus meiner Sicht ein klassischer Ausgehduft, für Yuppies, Preppies und solche, die es gerne werden wollen. Ein Duft aber auch für diejenigen, denen z.B. Boss Bottled „zu glatt“ ist, die nach Jahren oder sogar Jahrzehnten Gebrauch von Cool Water einen neuen markanten Begleiter suchen.
Das Zeug zum Klassiker hat Sauvage zweifellos, Depp hin, Karibik her. Das vermischte Ambroxan muss man mögen, aber einen Tod muss man ja bekanntlich immer sterben.

Eine Testempfehlung ist Sauvage allemal!
3 Antworten