Dior Homme Original 2011 Eau de Toilette

Version von 2011
MarcMo
17.12.2020 - 15:57 Uhr
29
Top Rezension
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft

Make me love you, Mr. Lipstick!


Ach, 2015. Ein tolles Jahr. Nichts gegen 2020, dieses Jahr war natürlich auch... einzigartig, aber 2015? Nein, an ein 2015 kommt dieses 2020 nicht ran.

Sechs Jahre ist es bald her, dass ich die Seite, die wir alle so lieben und der wir uns so fleißig widmen, "entdeckt" habe. Damals, am zweiten Weihnachtstag 2014, hatte ich keine Ahnung von Parfums oder den Entdeckungen, die auf mich zukommen sollten. Nicht, dass ich mich heute als Gelehrten bezeichnen würde, ganz sicher nicht. Doch habe ich meine Erfahrungen machen dürfen mithilfe dieser Seite, meine ersten bewussten Parfumentscheidungen lassen sich alle auf hier Gelesenes zurückführen. Doch warum jetzt dieser, mein erster, Kommentar zu einem Parfum?

Ganz einfach: dies war meine erste kritische Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, die ich hier gelesen hatte. Ich hatte mir schon vorher Blindkäufe von Düften geleistet, auf die ich hier gestoßen war. Dabei waren einige meiner liebsten Düfte (A*Men Pure Malt, Virgin Island Water, Tobacco Vanille oder auch Chergui) und einige Düfte, die ich mir anfangs noch schön redete, mit denen ich aber einfach nicht warmwerden konnte (The Dreamer oder Rochas Man).

Doch Dior Homme war der eine Duft, der mich verwirrte. Damals (Dezember 2015) wie heute war er in den Top25 Männerdüften der Seite und ich hatte seinen Namen in unzähligen Videos mit Ehrfurcht erwähnt gehört. "Wow", dachte ich mir, "das ist er. Der eine Duft, den du noch brauchst." Also direkt bei Notino, damals noch iparfuemerie, gecheckt: 80€. Uff, nachdem VIW und Tobacco Vanille meinem Auszubildendengehalt schon mächtig zugesetzt hatten, war das ein dickes Preisschild. Gerade in der Vorweihnachtszeit, wenn man Geschenke zu besorgen hatte. Ich tat also etwas für mein damaliges Ich äußerst Ungewöhnliches: ich kaufte den Flakon nicht blind im Internet, sondern fuhr mit einem Kumpel ins 80 Kilometer entfernte Bremen, um den Duft dort zu "verkosten".

Gesagt, getan, wir beide im Opel Astra in die Hansestadt gejuckelt, ab in den Douglas, Dior Homme aus dem Regal gezerrt, ab auf den Streifen - Baaah. Das sollte er sein? Das sollte die Nummer 13 der besten Männerdüfte sein? Wenn das die Bergspitze war, wollte ich die darunterliegenden Plateaus gar nicht erst riechen.

Lippenstift in einer dunklen Holzkiste, übertüncht von einer Puderglasur, wie sie dicker nicht sein konnte.

Ich war so wahnsinnig enttäuscht, 10€ Spritgeld umsonst, jetzt konnte es nur noch Heimfahrt heißen. Nein, so wollte ich nicht riechen, ich war körperlich abgestoßen. Das roch für mich nach der hölzernen Schminkschatulle einer betagten Dame.

Zum Glück überredete mich mein Kumpel, noch ein wenig zu bleiben, er bräuchte noch ein paar Jeans und würde gerne die Läden nebenan durchforsten. Eigentlich wollte ich nur nach Hause, aber es war ja schließlich sein Auto. Also gingen wir so durch die Geschäfte. Und schnell bemerkte ich es: beim Auftragen des Duftes auf den Teststreifen waren wohl ein paar Spritzer auf meinem Handgelenk gelandet. Ich weiß es noch wie heute: ich versuchte sie mit etwas Wasser abzutragen, wegzurubbeln, auszuradieren. Hauptsache nicht mehr auf meiner Haut, ich war mir sicher, meine persönliche Duftnemesis gefunden zu haben.

Doch Dior Homme, Mr. Lipstick, wusste es besser. Er wollte sich nicht ergeben, mich nicht loslassen, er wusste, dass eine Zwangsbeziehung in diesem Fall das Beste für alle Beteiligten war. Und so sehr ich mich auch wehrte: er fing an, mir zu gefallen. Der harsche Auftakt wich einer köstlichen Herz- und später einer Basisnote zum Niederknien, ein warmer Schleier umhüllte mich und ich konnte nicht mehr aufhören, an meinem Handgelenk zu riechen.

Ich ließ meinen Kumpel vor der Umkleide stehen und kaufte 5 Minuten später meinen ersten Flakon Dior Homme. Es war das erste Mal, dass ein Duft mich schlicht überfordert hatte, mich gegen sich aufgebracht hatte, nur um mich dann in einer langen, kuscheligen Umarmung für sich einzunehmen.

Oft und gerne denke ich an diesen Wintertag vor 5 Jahren zurück. Jedes einzelne Parfum umgab damals diese gewisse Magie, die man sich nach dem Genuss so vieler verschiedener Düfte, mittlerweile ab und zu wieder manuell vor Augen führen muss. Niemals davor und nie mehr danach hat mich ein Parfum so emotional gepackt wie Dior Homme an einem mäßig kalten Wintertag im Jahr 2015. Niemals war ich seitdem in der Lage, die Kopfnote exakt so wahrzunehmen, wie ich es damals tat. Und doch ist dieser Duft in mir immer damit verbunden.

Danke für die gemeinsamen Jahre, Mr. Lipstick.

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