06.09.2013 - 11:26 Uhr
Yatagan
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Yatagan
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44
Plädoyer für ein Mauerblümchen
Das Blümchen wuchs ganz unten an einer Bruchsteinmauer, von den meisten missachtet, selten betrachtet. Kaum einer roch an der Blume, keiner wollte sie pflücken. Sie gehörte zur großen Gruppe der Vetiver-Gewächse, deren Wurzel zu einem Öl verarbeitet, einen erdig-säuerlichen Geruch verströmt. Der erste Dufteindruck war fruchtiger als bei vielen anderen Vetiver-Blümchen, nicht so maskulin, viel zarter, voller Zitrusfrüchte und floraler Noten. Wurde es doch einmal beachtet, dann gefiel das Blümlein nicht nur den vorbei schlendernden Mädchen, sondern auch vielen sensiblen Jungs, die zwar eher zufällig auf die Pflanze am unteren Rand der Mauer aufmerksam wurden, dann aber umso begeisterter die Erinnerung an diesen Schatz hüteten. Zum Glück wurde das kleine, unauffällige Vetiver-Blümchen nie gepflückt, denn sonst wäre es wohl in Alkohol ertränkt in den Flakons einer der großen Dufthersteller verschwunden und zu einer großen Berühmtheit geworden. Jeder hätte danach duften wollen, jeder hätte es gekannt. Das aber passt nicht zum Charakter des Mauerblümchens, es gefällt sich vielmehr in der Rolle des Unscheinbaren am unteren Rand der Mauer, nur selten beachtet, dafür aber manchmal umso mehr geliebt.
Stop!
Es reicht! Diesen Unsinn musst Du nicht lesen. Wenn Du keinen Sinn für Metaphern hast, dann ist das in Ordnung, dann vergiss einfach alles, was Du bisher gelesen hast, und hör mir dafür jetzt umso aufmerksamer zu:
Vetyverio ist ein Vetiver-Duft, einer von vielen. Viele (populäre) Vetiverdüfte sind schwere Brocken, wuchtige Klötze, die Bruchsteine in der Mauer, aber keine Mauerblümchen. Man denke nur an Encre Noire, Guerlain Vetiver, Terre d‘Hermes und seine Ableger sowie viele andere. In diese Reihe gehört Vetyverio von Diptyque ganz und gar nicht. Wollte man Geistesverwandte dieses Duftes suchen, dann würde man vielleicht bei Timbuktu von L‘Artisan fündig, das zwar ganz und gar anders duftet, das nämlich neben Vetiver von Weihrauch und einer Fruchtnote (Mango) dominiert wird, aber ähnlich leise und doch kühn komponiert ist wie Vetyverio.
Die Idee hinter diesen radikal modernen Düften ist m.E. die folgende: Vetiver dient als Untergrund, als Hintergrund, als Folie, nicht etwa als Basisnote, denn der Vetiver verfärbt sich nicht ins Dunkle, Erdige, sondern bleibt licht und hell.
Diese helle Tönung des Vetivers wird bei Timbuktu durch die Fruchtnote erreicht, durch die Flankierung mit hellem, geradezu beschwingt wirkendem Weihrauch; bei Vetyverio dagegen durch die vielfältigen zitrischen Noten (Bergamotte, Grapefruit, Mandarine und Zitrone mischen sich in ihrer Vielfalt zu einem einheitlich und weich wirkenden Zitruston) und durch die vielen Blütentöne, die dem Vetiver die Schärfe und Erdigkeit nehmen und es licht und leicht wirken lassen.
Stop!
Eigentlich ist die Metapher mit dem Mauerblümchen doch nicht so schlecht. Wissen Mauerblümchen um ihren versteckten Reiz? Steckt hinter dem sanften Auftritt dieses scheinbar unscheinbaren Vetiverduftes volle Absicht?
Mir persönlich ging es mit diesem Duft so ähnlich wie mit seinem Geistesverwandten Timbuktu: Anfangs übersehen, entwickelt sich dieser Duft zu einem Geheimfavoriten meiner Duftsammlung. Hat man ihn einmal gerochen, will man ihn wieder riechen. Hat man ihn wieder gerochen, will man sich mit ihm beschäftigen. Und dann ist es beinahe schon geschehen: Dann wird aus dem Mauerblümchen vielleicht die Favoritin.
Ein besonders herzlicher Dank an Zionist, der mir über den Weg des Dufttausches das Kennenlernen vieler wunderbarer Düfte ermöglich hat, so auch das Kennenlernen dieses Duftes, den ich bei einem ersten Test in einer Parfümerie kaum beachtet hatte.
Stop!
Es reicht! Diesen Unsinn musst Du nicht lesen. Wenn Du keinen Sinn für Metaphern hast, dann ist das in Ordnung, dann vergiss einfach alles, was Du bisher gelesen hast, und hör mir dafür jetzt umso aufmerksamer zu:
Vetyverio ist ein Vetiver-Duft, einer von vielen. Viele (populäre) Vetiverdüfte sind schwere Brocken, wuchtige Klötze, die Bruchsteine in der Mauer, aber keine Mauerblümchen. Man denke nur an Encre Noire, Guerlain Vetiver, Terre d‘Hermes und seine Ableger sowie viele andere. In diese Reihe gehört Vetyverio von Diptyque ganz und gar nicht. Wollte man Geistesverwandte dieses Duftes suchen, dann würde man vielleicht bei Timbuktu von L‘Artisan fündig, das zwar ganz und gar anders duftet, das nämlich neben Vetiver von Weihrauch und einer Fruchtnote (Mango) dominiert wird, aber ähnlich leise und doch kühn komponiert ist wie Vetyverio.
Die Idee hinter diesen radikal modernen Düften ist m.E. die folgende: Vetiver dient als Untergrund, als Hintergrund, als Folie, nicht etwa als Basisnote, denn der Vetiver verfärbt sich nicht ins Dunkle, Erdige, sondern bleibt licht und hell.
Diese helle Tönung des Vetivers wird bei Timbuktu durch die Fruchtnote erreicht, durch die Flankierung mit hellem, geradezu beschwingt wirkendem Weihrauch; bei Vetyverio dagegen durch die vielfältigen zitrischen Noten (Bergamotte, Grapefruit, Mandarine und Zitrone mischen sich in ihrer Vielfalt zu einem einheitlich und weich wirkenden Zitruston) und durch die vielen Blütentöne, die dem Vetiver die Schärfe und Erdigkeit nehmen und es licht und leicht wirken lassen.
Stop!
Eigentlich ist die Metapher mit dem Mauerblümchen doch nicht so schlecht. Wissen Mauerblümchen um ihren versteckten Reiz? Steckt hinter dem sanften Auftritt dieses scheinbar unscheinbaren Vetiverduftes volle Absicht?
Mir persönlich ging es mit diesem Duft so ähnlich wie mit seinem Geistesverwandten Timbuktu: Anfangs übersehen, entwickelt sich dieser Duft zu einem Geheimfavoriten meiner Duftsammlung. Hat man ihn einmal gerochen, will man ihn wieder riechen. Hat man ihn wieder gerochen, will man sich mit ihm beschäftigen. Und dann ist es beinahe schon geschehen: Dann wird aus dem Mauerblümchen vielleicht die Favoritin.
Ein besonders herzlicher Dank an Zionist, der mir über den Weg des Dufttausches das Kennenlernen vieler wunderbarer Düfte ermöglich hat, so auch das Kennenlernen dieses Duftes, den ich bei einem ersten Test in einer Parfümerie kaum beachtet hatte.
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