L'Être Aimé Homme 2008

Apicius
08.03.2010 - 15:03 Uhr
11
Sehr hilfreiche Rezension
7.5
Haltbarkeit
7
Duft

Karierte Esoterik

L’Etre Aimé Homme ist ein ausgesprochen interessantes Parfum, das sich jedoch nur zögernd erschließt.

Es beginnt mit einem sehr würzig-kräuterigen Eindruck. Sofort ist der in der Pyramide erwähnte Sellerie da, aber nicht störend. Er ist so unbestimmt, dass man ihn auch mit Anis oder Wachholder verwechseln könnte. Außerdem habe ich sofort einen sehr holzigen Eindruck, und zwar sehr dunkles Holz. Die Holznoten werden zwar nicht näher spezifiziert, aber es könnte Zypresse sein. Eventuell auch die künstliche Note „Kaschmirholz“, die ich eigentlich nicht mag. Falls die verwendet wurde, dann jedenfalls extrem sparsam, sodass sie erträglich ist.

Die Strohblume (Immortelle), von der Divine ziemlich viel Aufhebens macht, kann ich nicht identifizieren, aber ich weiß auch nicht genau, wie diese Blume riechen soll. Irgendwie strohig riecht es aber schon. Zeitweise hatte ich den Eindruck, dass Moschus in der Basis ist, aber das war wohl eine Täuschung. Von der Bergamotte und dem Lavendel im Kopf habe ich nichts Deutliches bemerkt, aber ich glaube, der Lavendel ist da und trägt eine ganz verhaltene ätherische Note bei.

Was ist es also überhaupt für ein Duft? Auf einen Nenner gebracht: Holz und Sellerie. Aber das ist so gekonnt verarbeitet, dass dieser Duft wirklich interessant wird. Durch die sehr dunklen Holznoten, versehen mit einer Winzigkeit Patchouli, gibt es eine beachtliche Tiefe. Gleichzeitig gibt es neben der appetitlichen Würze nicht identifizierbare ätherische Noten, die wiederum sehr hell wirken. Eben auch an hellen Moschus erinnernd, obwohl es das ganz klar nicht ist. Der Duft hat somit schwere, aber auch leichte Aspekte.

Dieser Gegensätzlichkeit bin ich ja schon bei dem wunderbaren L’Homme Sage begegnet. Sie ist vielleicht ein Merkmal der Herrenparfums von Divine. Wenn ich diesem Duft eine Farbe geben sollte, wäre es wiederum schwarz-weiß kariert. Sozusagen der passende Duft zum Anzug mit Fischgrat-Muster oder zum Pfeffer- und Salz Jackett. Zu solcher Kleidung passt der Duft besser als zu Jeans und T-Shirt.

Die Sellerienote tritt nach einer halben Stunde etwas zurück, aber das schwarz-weiße Grundmuster bleibt. Es ist ein sehr gutes Parfum. Im Gegensatz zu vielen anderen Düften wird die dunkle Holzigkeit nicht übertrieben, obwohl sie Thema ist. Auch wenn man keine ausgesprochene Vorliebe für Zypresse, Sandelholz und Co. hat, ist dieser Duft angenehm. Etre Aimé ist ein durchaus dezenter Duft, allerdings ohne die homöopathische Verdünnung eines Kenzopower.

Nach etwa einer Stunde nähert sich Etre Aimé der dem Duft von L’Homme Sage an – also Corporate Identity!

Wie alles von Divine ist auch Etre Aimé ein hochwertiges und originelles Parfum. Obwohl er weitgehend im Spektrum bekannter Zutaten bleibt, hat dieser Duft keinen mir bekannten Vorgänger oder Nachahmer. Die hervorragende Qualität dieses Duftes erschließt sich nicht sofort. Laute Pop Musik ist ihm fremd, er ist eher esoterischer Jazz, dessen Qualität sich erst beim genauen Hinhören erschließt.

L’Etre Aimé Homme wird sicher nur einen kleinen, überschaubaren Kreis von Kennern ansprechen.
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