Icon Absolute 2015

Carpintero
01.09.2021 - 09:52 Uhr
31
Top Rezension
9
Preis
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft

Bitte wenden!

Mit einer nicht enden wollenden Geduld erzählt mir die Dame vom Navi regelmässig, dass ich die Ausfahrt verpasst habe - und darauf folgt die höfliche Anweisung, ich möge bei der nächsten Gelegenheit bitte wenden. Dass ich damit aber vielleicht gerade einen Stau umfahre, ahnt die immer freundliche Stimme nicht.
Dabei fahre ich oftmals an Stellen vorbei, die ich von der Autobahn aus nie gesehen hätte: Tolle, idyllische Dörfer, erstklassige Dorfkneipen mit herzhaftem Essen und entlegene Seen, die zur Erholung einladen.

So muss es wohl auch mit Dunhill's Icon Absolute gelaufen sein.
Denn der Fahrer scheint hier ein klares Ziel vor Augen zu haben: Oud Wood. In diese Richtung soll es gehen, dass lässt sich vom Auftakt an erahnen.

Nachdem der Zündschlüssel (Flakondeckel) gedreht wurde und der Motor gestartet wurde, dröhnt einem zu allererst einmal eine gewaltige Ladung Starkes-Ich-Weiss-Nicht in die Nase. Schrecklich! So als hätte man Mund und Nase ganz stark auf den Auspuff gepresst, nur um die volle Ladung Abgase abzubekommen. Dies allerdings nur als Vergleich - ES RIECHT NICHT NACH ABGASE.
Aber es riecht erst einmal streng. Sehr streng. Sind die ersten 30 Sekunden überstanden, ahnt man, wohin es gehen wird: Oud Wood.
Die Herznote des Oud Wood ist die Kopfnote das Icon Absolute.
"Dem Strassenverlauf sehr lange folgen", sagt die Dame im Navi. Und ich habe Oud Wood als Ziel bereits vor Augen.

Aber nach einer halben Stunde auf der geradlinigen Autobahn in Richtung Oud Wood schallt mir die Stauwarnung um die Ohren. Ach, ich hatte gerade so schön die modernen Remixe alter 80er-Jahre Musik auf meiner Spotify-Playlist gehört - den Stau hätte es jetzt doch wirklich nicht gebraucht. Mein Navi sagt nichts dazu.

Also nehme ich die Ausfahrt in Richtung "Wald". Während ich schon einige Minuten auf der verlassenen Landstrasse in Richtung Wald fahre, meldet sich plötzlich auch die Dame aus dem Navi zu Wort "Wenn möglich bitte wenden!". Monoton wiederholt sie diese Anweisung wieder und wieder. Solange, bis es mir zu doof wird und ich die Zielführung beende.
Die Strasse ist idyllisch, leer und kurvig. Ich lasse die Scheiben herunter, denn der Duft der LEDERSITZE meines Neuwagens verursachen zeitweise Kopfweh. Herrliche Landluft - nein, keinen Kuh- oder Saustall, sondern frisch gemähtes GRAS, alpine KRÄUTER und weit entfernt der WALD. Auch das Ziel Oud Wood rieche immer wieder.

Endlich im Wald angekommen, stelle ich entsetzt fest, dass dieser abgeholzt wurde und ein querliegender Baumstamm mir die Weiterfahrt auf der mittlerweile einspurigen Schotterstrasse unmöglich macht.
"Bitte wenden" fluche ich sarkastisch mit mir selbst. Gott sei Dank ist meine Freundin nicht dabei. Die hat sich nämlich mit der Dame aus dem Navi gegen mich verschworen. So glaube ich zumindest. Hin- und wieder bezichtige ich sie auch des Müsli-Terrors, vor allem, wenn man mir versucht, mein ach so geliebtes Weisswurstfrühstück durch healthy Bowls zu ersetzen. "Denk an den Cholesterinspiegel" - tönt es fast mit genauso monotoner Stimme jeden Morgen aus dem Badezimmer.

Ich wende also. Es riecht zwar intensiv, holzig und wunderschön. Aber Oud Wood war doch mein Ziel. Dahin wollte ich doch, oder?
Ich fahre also die Strasse zurück, verirre mich im nächsten Kreisverkehr und entdecke plötzlich ein Schild: "Oud". Ob es da wohl auch in Richtung Oud Wood geht?

Ich folge dem Schild. Die Scheiben geschlossen begleitet mich der intensive Duft von frisch gehacktem Holz und den Ledersitzen meines Neuwagens, untermalt von ein wenig Safran und Gewürzen.

Endlich das Ortsschild: OUD.
Ja, und das riecht man auch. Intensiv, sehr intensiv.
Noch immer ist das Gehölz, das Leder und der Safran wahrnehmbar, aber Oud spielt nun die Hauptrolle. So authentisch und fesselnd. Als wäre ich in einer Mall in Dubai oder Abu Dhabi. Den Reichtum des Dorfes scheint man förmlich riechen zu können.

"Tschuldigung, wo gehts denn nach Oud Wood?" frage ich einen eleganten Herrn am Strassenrand.
"Gefällt es Ihnen in Oud nicht?" entgegnet er meine Frage.
"Doch, schon, aber ich muss doch nach Oud Wood..." antworte ich ihm mit einem verlegenen Lächeln.
"Müssen Sie?" fragt er mich provokant.
"Ne, muss ich nicht" antworte ich bestimmt.

Es muss nicht immer das pompöse Oud Wood sein. Manchmal genügt auch ein bodenständiges Oud - vor allem dann, wenn man die richtige Begleitung dabei hat.
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