Signature Collection - Arabian Desert 2019

Rebirth2014
13.03.2021 - 11:50 Uhr
10
Sehr hilfreiche Rezension
3
Preis
10
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft

Der Untergang des Hauses Dunhill

Einst stand die Marke „Dunhill“ einzig für hochwertige Tabakwaren. Die Tabakpfeifen aus dem Hause „Dunhill“ bilden noch heute in ihrer handwerklichen Kunst den Nimbus der britischen Rauchkultur. Wohlgemerkt eröffnete Alfred Dunhill 1907 sein erfolgreiches Tabakgeschäft, in einer Zeit, in der über die gesundheitliche Risiken des Rauchens nicht gesprochen wurde.

Zunehmend änderte sich seit Firmengründung das gesellschaftliche Gesundheitsbewusstsein und bereits 1968 verkaufte die Firma „Dunhill“ ihre Tabaklizenzen an „British American Tobacco“. Nur die hochwertigen Tabakpfeifen und entsprechendes Zubehör werden weiterhin original von „Dunhill“ gefertigt und angeboten.

In der folgenden Entwicklung kaufte man sich bei Lifestyle-Produkten (z.B. Montblanc) ein und versuchte auch im Modesektor Fuß zu fassen. Das über das Rauchen aufgebaute Image des „Gentleman“ blieb dabei stets stilbildend erhalten.

Um ehrlich zu sein, wird „Dunhill“ überwiegend bei ehemaligen oder immer noch praktizierenden männlichen Rauchern der Inbegriff für hohe Qualität sein. Doch gerade diese Zielgruppe verprellte man sich in den letzten Jahren, indem „Dunhill“ (nun unter der Leitung des Schweizer Luxuskonzern Richemont) 2008 beschloss, sich komplett aus der Herstellung und dem Vertrieb von Tabakwaren zurückzuziehen.

Doch wohin soll die Reise gehen? Beobachtet man die Marke - die sich trotz der Orientierung am Zeitgeist immer noch einzig auf die Zielgruppe Mann ausrichtet - dann fällt auf, dass gerade das Sortiment im Sektor „Herren-Parfums“ stetig zunimmt.

Obgleich auf einen breit gefächerten Absatzmarkt ausgerichtet (Mainstream), gelingt es der Marke nicht wirklich in Deutschland flächendeckend ihre Duftwässerchen anzubieten. Nischenparfümerien ist das Marketing und die Preisgestaltung offenbar zu sehr im Mainstream-Sektor verankert (z.B. die „Icon“ Serie), um im Sortiment aufgenommen zu werden. Viele Parfümerieketten und Drogeriemärkte scheinen hingegen bisher in ihrer Zielgruppe keine potenziellen Käufer/innen für die „Dunhill“ Produkte zu sehen, um diese in ihre Regale dauerhaft einzuordnen. So wird es in Deutschland mitunter schwierig, vor Ort die Düfte testen zu können, da diese oft nur in Onlineshops angeboten werden.

Mit der „Signature Collection“ weitet sich „Dunhill“ - nicht zuletzt wegen der Preisgestaltung - seit 2019 auf dem Nischenmarkt aus. Durch die geringe Verfügbarkeit gibt es entsprechend auf „Parfumo“ bisher nur sehr wenige Wertungen (Stand März 2021 gerade fünf Bewertungen zu „Arabian Desert“). Diese vermitteln das Bild, dass es sich um ein herausragendes EDP handeln muss (ganze 8.3 Wertungspunkte).

Leider kann ich diesem Eindruck nicht zustimmen. Der Flakon ist tatsächlich herausragend und außergewöhnlich massiv gestaltet. Fast einem Pokal gleich, halte ich den wuchtigen Flakon (mit gerade 100 ml Inhalt) in meinen Händen. Die enthaltene Flüssigkeit gleicht optisch jedoch einer verwässerten Cola; ein schlechtes Omen.

Der Duft startet frisch holzig. In der weiteren Duftentwicklung arbeitet sich dann tatsächlich etwas Adlerholz heraus, das jedoch nur sehr sanft durchschimmert. Auf keinen Fall ist dies maskulin, sondern ganz klar - nicht zuletzt wegen der angedeuteten Rose in der Herznote - absolut unisex. In den Grundakkord ordnen sich nach meinem Empfinden Moschus und Kardamom mit ein. Bis auf die anfängliche Frische bleibt der Duftverlauf sehr linear.

Hier wird nichts Neues gewagt, sondern auf alt bewährte Duftmuster gesetzt. Aigner N°1 Oud oder auch Armani Eau de Nuit Oud könnten als Vorlage gedient haben. Das ist nicht schlecht umgesetzt und wird Oud-Einsteiger/innen, wie auch all jenen gefallen, die Oud als zarte Andeutung in einem holzig/blumigen Parfum mögen.

Entsprechend der sanften Duftgestaltug hält sich auch die Sillage bei einer guten Haltbarkeit zurück. Da gibt es jedoch gerade in der Nische einige Marken, die im ähnlichen Preissegment qualitativ deutlich bessere sanfte Oud-Düfte zu bieten haben (z.B. MK „Oud Satin Mood“).

„Arabian Desert“ wirkt optisch edel, aber ohne jeglichen Wiedererkennungswert in der gewählten Duftstruktur. Diese Orientierungslosigkeit findet sich bereits in den Marken „Bentley“ und „Aigner“ wieder. Sich allein auf einen traditionellen Namen verlassen zu wollen, führt eben nicht automatisch in die Oberliga der Duftwelt. Damit wird „Dunhill“ sich kein neues Segment erobern können und muss sogar - nach meiner persönlichen Einschätzung - bangen, in absehbarer Zeit in Onlineshops verramscht zu werden.

Fast bin ich geneigt, um der momentan völlig überzogenen hohen Wertung auf Parfumo entgegenzuwirken, nur eine 5.0 auszusprechen. Doch auch diese Wertung wäre nicht gerecht. Es handelt sich tatsächlich um einen grundsoliden Duft, der nach meiner Einschätzung (unter Berücksichtigung des viel zu hohen Preises von fast 140,- Euro im „Dunhill-Shop“ und der uninspirierten Duftgestaltung) eine realistische Wertung zwischen 6.5 und 7 verdient.

Abschließend möchte ich zu meinem gewählten Titel mit einem Augenzwinkern Edgar Allan Poe zitieren und damit meine persönliche Enttäuschung über die Firmenpolitik der Marke Dunhill zum Ausdruck bringen: "... mein Geist wankte, als ich jetzt die gewaltigen Mauern auseinanderbersten sah; es folgte ein langes tosendes Krachen wie das Getöse von tausend Wasserfällen, und der tiefe und schwarze Teich zu meinen Füßen schloss sich finster und schweigend über den Trümmern des Hauses ..." - Dunhill.

p.s.: Vielleicht irre ich mich auch und Dunhill mutiert mit seinen zukünftigen Düften am Ende doch noch zum Phönix aus der (Tabak-)Asche.
;-)

………………

05.03.2023 - eine interessante Ergänzung/Gegendarstellung die ich von „Weinbergmaus“ als mail erhielt und gerne hier einfüge:

„So schreibst Du – ich zitiere:
In der folgenden Entwicklung kaufte man sich bei Lifestyle-Produkten (z.B. Montblanc) ein und versuchte auch im Modesektor Fuß zu fassen. Das über das Rauchen aufgebaute Image des „Gentleman“ blieb dabei stets stilbildend erhalten.

Nun Dunhill hat sich NIE bei Montblanc eingekauft! Die Hamburger Füllfederhalterfirma Montblanc wurde genauso wie Dunhill, vom vormals in Südafrika gegründeten und jetzt in der Schweiz beheimateten Luxuskonzern RICHEMONT, gekauft.

Sowohl bei Dunhill wie auch bei Montblanc, wurden von Richemont Lizenzen zur Duftherstellung (Parfüms) vergeben.

Hier handelt es sich um einen der großen Vermarkter für eine Reihe von Düften für bekannte Marken. Der Name ist INTER PARFUMS
Der franz. Ableger – bezeichnet als Interparfums France hat 11 bekannte Parfüm-Marken in seinem Portefeuille – Montblanc ja, aber nicht Dunhill! >>> www.interparfums.fr/en/index-2/

Dagegen hat der US-Ableger INTER PARFUMS Inc. 15 bekannte Parfüm-Marken.
Dieser mit Dunhill, aber nicht Montblanc. >>> www.interparfumsinc.com/

Obwohl Interparfums bekannte Marken hat, es ihnen im Prinzip nie gelungen richtige „Knaller“ zu konzipieren und diese auf den Markt zu bringen.“

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