Meggi
Top Rezension
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Vergebliche Hoffnung auf die Kehrtwende
Ein zartes Pflänzchen der Hoffnung war erblüht. Ich hatte Portrait of a Lady just aufgesprüht, als meine Frau sagte: „Oh, was ist denn das? Riecht gut. Rose?“ Ich mochte meinen Ohren nicht trauen.
Ich: „Ja. Und…Weihrauch…. Gefällt der Dir etwa? Willst Du den auch mal probieren?“ Sie: *nick nick nick*. Ich mochte meinen Augen nicht trauen.
Meine Frau mag Weihrauchdüfte überhaupt nicht. Meine allerliebsten Sachen findet sie also schauderhaft und schwer erträglich. Und jetzt sowas. Woran mag es gelegen haben? An der fruchtig-frischen Rosen-Note? Am hellen, geradezu kristallinen Weihrauch? An der Kombination davon, die sich ebenso gekonnt wie gänzlich den Schubladen „klassisch“, „orientalisch“ oder „klerikal“ verweigert?
Aber von vorne. Ich fasse mich kurz, weil viel Schönes und Wahres bereits gesagt wurde.
Dunkle Beeren in verschwenderischer Fülle bestreiten den Auftakt. Unmöglich für mich, sie auseinanderzuhalten; ich unterschreibe sämtliche entsprechenden Ansagen. Fast sofort ist die Rose beteiligt. Sie fügt sich gut ein, kein Problem, es gibt schließlich geruchsverwandte Sorten. Die Saison für Container-Rosen hat übrigens begonnen. Wer nun in einer gut sortierten Gärtnerei Gelegenheit bekommt, an den exklusiven Delbard-Rosen zu schnuppern, nutze diese Chance; einige davon riechen ausgesprochen fruchtig und könnten hier gut passen. Vorläufig jedenfalls.
Eine Prise Nelke/Eugenol gibt jedoch rasch einen gewissen Dreh ins Ernsthafte. Dies wird kein beschwingter Blumenduft. Lady, nicht Maiden. In die gleiche Richtung weisen heller Weihrauch und Amber, die sich nach wenigen Minuten allmählich hinzugesellen. Patchouli ist vergleichsweise früh mit im Spiel, schon ab der zweiten Stunde, und ist vielleicht entscheidende, charakterprägende Ingredienz.
In der Tat ist der vorgelegte Rose-Weihrauch-Patchouli-Dreiklang nämlich etwas Besonderes. Ein Fest für all‘ jene, die Rose und Weihrauch lieben, allerdings gut mal luftigere Abwechslung von den gern schwereren, orientalischeren Varianten vertragen können.
Die Rose wird im Verlauf indes zum Kunst-Produkt. Ich kenne keine, die annähernd so riecht. Erreicht wird dieser Eindruck durch die Verbindung mit dem Rauch, die derart eng ist, dass es ausgeschlossen scheint, die Rose gedanklich zu isolieren oder gar zu identifizieren. Heller, fruchtiger, dabei ätherischer als die „echten“, trotzdem alles andere als edelrosen-wässrig.
Der Fortgang bleibt gleichermaßen erfrischend unkonventionell. Ab mittags kommt mir Weihrauch mit fruchtig-prickelndem Rosen-Brause-Pulver in den Sinn. Ab der achten Stunde legt sich der Duft und klingt charakterlich ein Stückchen in Richtung Rose verschoben langsam aus. Stark.
Hinsichtlich einer Kehrtwende bei meiner Angetrauten hatte ich mich freilich zu früh gefreut: Kaum waren wir im Auto unterwegs, kam der Rückfall in wohlbekannte Stereotypen: „Puh, wie viel hast Du da denn wieder genommen? Mach‘ mal das Fenster auf!“
Es waren zwei Sprüher auf die Hand gewesen.
Schade. Aber: Ich bleibe dran!
Vielen Dank an MisterE für die Probe.