Essence N°1: Rose 2014

Hannah
14.09.2014 - 10:41 Uhr
40
Top Rezension
6
Flakon
7
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft

Handzahm

Francis Kurkdjian hat für Elie Saab vier Düfte kreiert, die durch den restriktiven Vertrieb - in Deutschland werden sie offenbar nur bei Douglas an der Kö in Düsseldorf verkauft - wahrscheinlich nicht vielen Duftfreunden bekannt sein dürften. Da für mich Rose und Kurkdjian zwei Reize sind, bei denen die klassische Konditionierung sofort greift, brauchte der charmante Herr Albert am Telefon nicht lange, um mich zum Kauf zu verführen. Vorab: Ich bin ihm sehr dankbar dafür.

Die Rosendüfte von Francis Kurkdjiann sprechen eine gemeinsame Sprache und lassen die Handschrift des Parfumeurs deutlich erkennen. Und doch variiert Kurkdjian das Thema immer auf's Neue und tut das so gekonnt - sei es in Manakara, in Lady Vengeance oder eben in Essence No. 1 Rose, daß man auch gut mehrere dieser Düfte besitzen kann. Als Duftnoten werden bei Essence No. 1 verschiedene Rosensorten, Zedernholz und Vanille angegeben, was das meiner Ansicht nach allen Rosen-Kurkdjians eigene Patchouli verschweigt.

Bisher war Lady Vengeance mein liebster Rosenduft - dunkel funkelnd, etwas widerspenstig, rockig. Manchmal kann es aber anstrengend sein, immer selbstbewußt und sexy-verrucht sein zu wollen oder zu müssen. Bei Essence No. 1 Rose offenbart die Lady noch eine andere Facette ihrer Persönlichkeit. Rachegedanken und gewollte Aufmüpfigkeit zur Seite gelegt, zeigt sie mehr Lässigkeit und Weichheit. Die dunkle Rosenvielfalt ist überstäubt mit einem wunderschönen vanilligen Puder, der geradezu süchtig macht. Das Zedernholz und dezentes Patchouli sorgen dafür, daß der Duft nicht ins allzu Gefällige abdriftet. Die Rose in Essence No. 1 ist keinesfalls langweilig oder müde, nur ein wenig handzahmer, sehr charmant und erwachsen. Nicht sexy, sondern sinnlich und umfangend. Sie hat weniger Frische als LV, dafür eine weiche, süße, runde, angedunkelte Tiefe. Die Verwandschaft zwischen beiden Düften ist nasenfällig. Essence No. 1 Rose eignet sich in für einen eleganten Abend ebenso sehr wie als Büroduft. Elegant meint für mich, daß er auf ungezwungene Art feminin, fein, einhüllend und charmant ist. Er hält bei mir den ganzen Tag, allerdings ohne raumgreifende Sillage, was ich als angenehm empfinde. Der Flakon ist schwer und wertig, aber nicht sonderlich beeindruckend.

Mir selbst hilft es bei der Beurteilung, wenn Düfte in einen Kontext mit ähnlichen Düften eingeordnet werden:
Czech & Speake Dark Rose wirkt gegenüber Essence Rose gruftig. Byredo Noir will frischer und transparenter sein, doch für mich riecht die Rose moosig, erdig und letztlich schmutzig. Black Jade ist würziger. Manakaras Rose ist ähnlich weich und schön, hat aber im Auftakt eine käsige Note, die mir Essence Rose erspart. Sogar zu Malone Rose Water & Vanille würde ich in der pudrigen Süße eine Verwandschaft sehen, aber der Malone ist mir zu süß und etwas zu trocken.

Mit Essence No. 1 Rose hat Francis Kurkdjian einen Duft geschaffen, der für meine Nase perfekt ist. Er hat Lady Vengeance nicht unbedingt den Rang abgelaufen, steht aber auf Augenhöhe mit ihm. Beide sind ähnlich und werden doch unterschiedlichen Stimmungen gerecht. Da mir Rachegedanken ziemlich fern liegen, wird Essence Rose wahrscheinlich häufiger mein Begleiter sein.
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