September 2010

Apicius
25.12.2010 - 11:18 Uhr
11
Top Rezension
7.5
Haltbarkeit
9
Duft

Im Blickpunkt: Javanol

Auch ich war mal wieder bei Herrn Kormann, er gab mir eine Probe September mit, und ich habe mich mit etwas anderem revanchiert. September gefällt mir außerordentlich gut: Hier geht es um das Thema Sandelholz, genauer gesagt, um den Stoff Javanol. Der ist solo schon sehr attraktiv, Herr Kormann hat nur dezent das eine oder andere drum herumgebaut. Die Einzelheiten kann man von ihm persönlich im aromatischen Blog nachlesen.

Nun betreibt Herr Kormann die Parfumkunst als Hobby, muss sich also nicht nach Moden richten. So mag es Zufall sein, dass September dem allerneuesten Trend der von mir so bezeichneten puristisch-holzigen Düfte folgt. Zunehmend kommen in letzter Zeit (Herren)Parfums auf den Markt, die trockene, holzige Noten aufweisen und daneben nicht viel anderes. Diesen minimalistischen Stil mag ich, seine Vertreter wären neben den schon länger angebotenen DSquared-Düften die Parfums Wonderwood, Bvlgari Man und auch Bang. Während diese Düfte meist mehrere holzige Noten miteinander kombinieren, geht September mit dem Fokus allein auf Javanol noch einen Schritt weiter.

Die Sandelholznote in September ist schon eine kräftige Sache: knochentrocken und bitter - das wird nicht jedem gefallen. Im Spektrum der holzigen Düfte riecht das weniger nach edlen, polierten Antikmöbeln, mehr nach rohen Brettern oder gar frischen Holzscheiten, in denen noch Saft und Lebenskraft ist. Edel ist diese Note trotzdem. Schwer zu verstehen, aber neben den rohen, ungeschliffenen Aspekten hat sie auch etwas Puderiges, eine muskatartige Würze und eine merkwürdige Art von Cremigkeit. An dieser Stelle ist wohl die Grenze des Vorstell- und Beschreibbaren erreicht; hier muss eigene Erfahrung her.

Eine solche kräftig-trockene Note verlangt aber doch nach etwas Kontrast, in diesem Fall wurde eine länger anhaltende Zitrusnote gewählt. Eingesetzt wurde der Stoff Zitral. Er soll sich durch verhältnismäßig lange Haltbarkeit auszeichnen. Auf meiner Haut ist das - für mich erfreulicherweise - nicht der Fall. Nach einer halben Stunde tritt sie ab und wirkt lediglich aus dem Hintergrund weiter. Die Beschreibung Zitronengras und pinke Grapefruit trifft es ungefähr; ich aber habe mich an den Geschmack bestimmter saurer Drops von früher erinnert. Die Zitrusnote ist weniger zart als in den beiden letzten Parfums Juli und August, das ist dem kräftigen Rahmen in September jedoch angemessen. Es hat aber doch den Anschein, als sei die Zitrusnote auf Kleidung deutlich haltbarer.

Wie dem auch sei, mir kommt es auf das Sandelholz an. Nun, in aller Ruhe, bemerke ich, wie würzig das im Grunde riecht. Ich fühle mich stark an Montales Amber & Spices erinnert - eine opulent-würzige Duftbombe, die ihre trockene Seite offenbar auch dem Javanol verdankt. Dieser Montale-Duft ist großartig, aber kaum jeden Tag auszuhalten. Da wäre September die tragbare Alternative.

Noch was anderes geht mit September - ein so reduziertes Parfum lädt dazu ein, es mit anderen Düften übereinander zu tragen (Layering) - auch, wenn das vielleicht nicht im Sinne des Erfinders ist. Man mag sich vorstellen, dass September wie eine Schlankheitskur auf allzu fett geratene Parfums wirken kann. Ich habe es gleich mal ausprobiert: Tatsächlich wird Jicky für mich deutlich tragbarer, wenn das darin enthaltene Sandelholz mit ein paar Spritzern September verstärkt wird (Dosierung: wenig Jicky und viel September). In erster Linie wären vanillige Orientalen in den Blick zu nehmen. Mal schauen, was noch kommt…

Im Ladengeschäft in den Rosenhöfen gibt es noch Vorrat. Da alle Parfums von Herrn Kormann im Grunde limitiert sind, sollte man jedoch nicht Ewigkeiten warten, September kennenzulernen.
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