Louce
22.09.2015 - 14:48 Uhr
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft

Traumpaar

Bergamotte und Sandelholz?
Natürlich sind da noch andere Sachen drin, aber was man riecht, sind tatsächlich nur diese beiden Noten. Ein simples Duftkonzept. Und genau in dieser Simplizität liegt die Kunst:
Zwischen der klaren, bitteren, zitrischen, hellen, schmalen und kalten Bergamotte und dem pastösen, holzigen, ein klein wenig süßlichen, milchigen, warmen und ganz leicht rauchigen Sandelholz wird ein geruchlicher Bogen gespannt, der Spannung und Dramaturgie bringt. Die beiden Akkorde sind nicht einfach zusammengemischt, so dass sie nur nebeneinander stehen. Sie beziehen sich aufeinander, vollziehen Annäherung und nehmen dabei aber auch immer wieder Distanz, begegnen sich an den Schnittmengen und unterscheiden sich in ihren Eigenheiten.
Gleichklang ohne Vermengung.
Verblüffend ist die Haltbarkeit des Bergamotteneffekts.
Nach 2 Stunden dachte ich: „Wow! Es stimmt, was Frau Bosetti Tonatto über die ungeheuren Gewichtsprozente Bergamottenessenz sagt. Der notorischen 3-Minuten-Startnote geht nicht die Puste aus. Schön!“
Nach 3 Stunden dachte ich: „OK… da muss ein Trick dabei sein. Irgendeine helle, klare, eventuell synthetische und zitrusaffine Note greift die Bergamotte auf und führt sie weiter in die Mitte der Entwicklung. Das geht doch nicht allein über die Menge! Das Zeug müsste doch irgendwann verdunstet sein, während das Sandelholz gerade Fahrt aufnimmt.“
Aber egal, wie die Parfumeurin es technisch gemacht hat: ich rieche nur Bergamotte. Inzwischen etwas weniger schallend am Vordrängeln, aber immer noch ganz typisch.
Nach 4 Stunden wurde mir Indaco langsam unheimlich.
Nach 5 war ich konsterniert, verwundert, sprachlos.
Nach 6 Stunden wird das Parfum insgesamt sehr leise, hat keine Sillage mehr und zieht sich zurück, bleibt aber ganz hautnah noch eine ziemliche Weile zu riechen. Immer noch mit beiden Akteuren.

Laura Bosetti Tonatto sagt, dass ihr Konzept zum großen Teil auf den ausgesuchten Rohmaterialien beruht.
Das stimmt exakt so, zumindest im Fall Indaco.
Bergamotte ist bitterzitrisch, strahlend, klar – und hat dabei noch einige andere Aspekte, die man kaum kennt, da sie fast nur als Startkomponente und Servierhilfe für anderes benutzt wird, selten aber eine Komposition Raum und Zeit gibt, um ihr Charakteristisches auszubreiten und herauszuarbeiten. Die in Indaco verwendete Bergamotte bringt diese Aspekte mit: ein hellgrünes Schillern, eine geringfügige Süße, die beinahe verschwindend unter dem Herbfrischen liegt, ein winziger Hauch Röstaromatik.
Ebenso das hier verwendete Sandelholz: über die bekannten Eigenschaften hinaus zeigt es Aspekte, die man in billigen und/oder synthetischen Sandelnoten nicht findet. Es ist weniger laut, als man es kennt, dabei aber sehr deutlich, die Milchigkeit ist sahnig, aber nicht undurchlässig dick und cremig, sondern mutet flüssig an. Auch das Holzige wird nie massiv und hat eine gewisse Jungholz-Gelbgrünlichkeit, dabei aber gleichzeitig auch diesen Anklang von Rauchigkeit. Der typische Sandelholzeffekt findet hier statt, aber wesentlich weniger breit, dicht und schwer als sonst, sondern sehr hell und schlank.

In der Beschreibung der Seitenaspekte habe ich auch schon die Schnittmengen aufgezählt. Die zwei Noten begegnen sich überraschend im Hellen, im unerwartet Süßen, im Gelbgrünlichen und im Röst-Rauchigen. In der Basis wird das getriggert von einem dezent ahnbaren Vetiver, wie ich vermute.
Reizvoll das riechend immer wieder mitzuerleben.
Weder Bergamotte noch Sandelholz sind für mich persönlich Favoritennoten, die mich schon an sich vom Hocker reißen könnten.
Aber diese Bergamotte und dieses Sandelholz sind exzellent.

Und ihr Zusammenspiel ist grandios.
3 Antworten