30.12.2016 - 15:01 Uhr

Kovex
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Kovex
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47
Die 120 Tage von Sodom
Der namensgebende „Angriff auf die Sonne“ bezieht sich auf das inoffizielle Hauptwerk de Sades „Die 120 Tage von Sodom“, welches zu großen Teilen nur als Torso existiert, also einer detaillierteren Beschreibung seiner ausgedachten Perversionen entbehrt.
Vor ca. 15 Jahren habe ich die wesentlichen Werke de Sades gelesen. Was bis heute in meiner Erinnerung geblieben ist, ist für die meisten Parfumo-Ästheten unter uns nur schwer zu ertragen: das Verspeisen von Fäkalien jungfräulicher Knaben und Mädchen die Tags zuvor mit reichlich Fleisch gefüttert wurden....Und das waren erst die ersten 30 Tage von Sodom, die folgenden Kapitel sollten sich steigern.
Donatien-Alphonse-Francois Marquis des Sade wurde 1740 in Paris geboren. Schon als 14jähriger wurde er Soldat. Nach seiner Teilnahme am 7jährigen Krieg erhielt es das Amt eines königlichen Statthalters und Gouverneurs in der Provence. Auf Schloss Lacoste führte er ein ausschweifendes Leben. Er spielte, verschuldete sich und umgab sich mit Mätressen an denen er all seine Gelüste zu befriedigen ersuchte. Da seine Ausschweifungen nicht verborgen blieben, ließ ihn schließlich seine einflussreiche Schwiegermutter in Sicherungsverwahrung nehmen, aus der er sich 1789 durch die französische Revolution befreien konnte.
Dem 1785 in der Haft entstandenen Werk sind inhaltlich und äußerlich die Spuren der Gefangenschaft de Sades anzumerken. Die Fantasie des zur Enthaltsamkeit gezwungenen Autors verausgabt sich im gedanklichen Entwurf eines sexuellen Exzesses von 600 auf einen Zeitraum von 120 Tagen verteilten Perversionen.
Ein Herzog hält gemeinsam mit drei anderen Wüstlingen – einem Kirchenfürsten, einem Richter und einem Finanzier – 42 Jungen und Mädchen auf seinem Schloss gefangen. Ziel ist es, alle nur denkbaren Perversionen an den Gefangenen auszuleben. Die Ausschweifungen verteilen sich auf 4 Blöcke á 30 Tage, deren Einzelheiten ich Euch an dieser Stelle lieber erspare.
Mit seiner skandalösen Mischung aus Pornografie und Philosophie trat de Sade neue Pforten auf. Seine wüsten Visionen gingen sogar soweit, dass er auch nicht davor zurückschreckte, die Sonne angreifen zu wollen – Sinnbild für das Grenzenlose des Vorstellbaren.
Ein Lebensentwurf, eine Philosophie, ein Ausleben alles Vorstellbaren manifestiert in einer Duftnote!?
Zistrose.
Zugegebenermaßen noch nie isoliert gerochen. Aber aus Zistrosen, kleinen buschigen Sträuchern - vornehmlich im Mittelmeerraum anzutreffen - wird das Harz Labdanum gewonnen, was in zahlreichen Düften verwendet wird und das ich olfaktorisch schon eher einzuordnen weis.
Bei der Namensgebung des Parfüms wäre mir ein Duft wie „Sécrétions Magnifiques“ (aus dem gleichen Haus) plausibel erschienen.
Attaquer Le Soleil jedoch geht eine ganz andere Richtung und hat weder etwas mit Blut oder Ozon, noch mit metallischer Grausamkeit gemein.
Die Kopfnote startet kurzfristig hell, klar und transparent. Es ist eine leicht zitrische Rauchigkeit zu vernehmen, der sich schon bald eine milde Harzigkeit hinzugesellt, die sicherlich der Zistrose zugeordnet werden kann. Die von meinem Vorkommentator VonK beschriebene leichte Schwülstigkeit kann ich auch wahrnehmen. Das Schwülstige hat jedoch nichts mit Opulenz, Schwere oder Schwitzigkeit zu tun, sondern es handelt sich hierbei eher um eine vordergründig zart verwegene Schwülstigkeit. Aber was verbirgt sich dahinter?
Der Marquis scheint auf den ersten Blick ein ganz harmloser Mann zu sein. Doch beugt er sich ganz dicht heran, ist sein alkoholischer Atem zu spüren. Aus seinen Poren dringt eine harzig-rauchige Würze, die genauso verführt, wie auch Geheimnisvolles in sich birgt. Beängstigend geheimnisvoll.
Wer weiß wozu der Mann im Stande ist?
In der Herznote verbindet sich das Harzige mit einem Amber- und/oder auch Weihrauch-artigen Dufteindruck, keinesfalls süß, sondern mild-holzig unterlegt. Ich meine Nadelholz inklusive seiner Harze wahrzunehmen.
Alles in allem ist keiner der Dufteindrücke hervorstechend, sondern es ergibt sich eine stimmige Gesamt-Komposition, die relativ unspektakulär aber dennoch sehr interessant ist. Ich würde ihn eher uns Männern zuordnen, aber damit habe ich ja schon öfter daneben gelegen ;).
Attaquer Le Soleil haut nicht drauf, von Provokation keine Spur. Er versteht es einen Dufteindruck zu hinterlassen, der ein Statement setzt, aber nur eine flüchtige Momentaufnahme eines Gefühls, das man mit einem Duft verbindet und bevor man es ganz erfassen kann, ist es auch schon wieder weg. Und trotzdem beschäftigt Dich der Duft – auch Stunden danach noch.
Denn wenn der Marquis wieder kommt, riechst Du ihn schon kurz bevor er seine vor Vorfreude schon zitternde Hand auf Deine Schulter legt. Und obwohl der Duft Dich in seinen Bann zieht, weißt Du nicht, was Dich heute erwartet...
Vor ca. 15 Jahren habe ich die wesentlichen Werke de Sades gelesen. Was bis heute in meiner Erinnerung geblieben ist, ist für die meisten Parfumo-Ästheten unter uns nur schwer zu ertragen: das Verspeisen von Fäkalien jungfräulicher Knaben und Mädchen die Tags zuvor mit reichlich Fleisch gefüttert wurden....Und das waren erst die ersten 30 Tage von Sodom, die folgenden Kapitel sollten sich steigern.
Donatien-Alphonse-Francois Marquis des Sade wurde 1740 in Paris geboren. Schon als 14jähriger wurde er Soldat. Nach seiner Teilnahme am 7jährigen Krieg erhielt es das Amt eines königlichen Statthalters und Gouverneurs in der Provence. Auf Schloss Lacoste führte er ein ausschweifendes Leben. Er spielte, verschuldete sich und umgab sich mit Mätressen an denen er all seine Gelüste zu befriedigen ersuchte. Da seine Ausschweifungen nicht verborgen blieben, ließ ihn schließlich seine einflussreiche Schwiegermutter in Sicherungsverwahrung nehmen, aus der er sich 1789 durch die französische Revolution befreien konnte.
Dem 1785 in der Haft entstandenen Werk sind inhaltlich und äußerlich die Spuren der Gefangenschaft de Sades anzumerken. Die Fantasie des zur Enthaltsamkeit gezwungenen Autors verausgabt sich im gedanklichen Entwurf eines sexuellen Exzesses von 600 auf einen Zeitraum von 120 Tagen verteilten Perversionen.
Ein Herzog hält gemeinsam mit drei anderen Wüstlingen – einem Kirchenfürsten, einem Richter und einem Finanzier – 42 Jungen und Mädchen auf seinem Schloss gefangen. Ziel ist es, alle nur denkbaren Perversionen an den Gefangenen auszuleben. Die Ausschweifungen verteilen sich auf 4 Blöcke á 30 Tage, deren Einzelheiten ich Euch an dieser Stelle lieber erspare.
Mit seiner skandalösen Mischung aus Pornografie und Philosophie trat de Sade neue Pforten auf. Seine wüsten Visionen gingen sogar soweit, dass er auch nicht davor zurückschreckte, die Sonne angreifen zu wollen – Sinnbild für das Grenzenlose des Vorstellbaren.
Ein Lebensentwurf, eine Philosophie, ein Ausleben alles Vorstellbaren manifestiert in einer Duftnote!?
Zistrose.
Zugegebenermaßen noch nie isoliert gerochen. Aber aus Zistrosen, kleinen buschigen Sträuchern - vornehmlich im Mittelmeerraum anzutreffen - wird das Harz Labdanum gewonnen, was in zahlreichen Düften verwendet wird und das ich olfaktorisch schon eher einzuordnen weis.
Bei der Namensgebung des Parfüms wäre mir ein Duft wie „Sécrétions Magnifiques“ (aus dem gleichen Haus) plausibel erschienen.
Attaquer Le Soleil jedoch geht eine ganz andere Richtung und hat weder etwas mit Blut oder Ozon, noch mit metallischer Grausamkeit gemein.
Die Kopfnote startet kurzfristig hell, klar und transparent. Es ist eine leicht zitrische Rauchigkeit zu vernehmen, der sich schon bald eine milde Harzigkeit hinzugesellt, die sicherlich der Zistrose zugeordnet werden kann. Die von meinem Vorkommentator VonK beschriebene leichte Schwülstigkeit kann ich auch wahrnehmen. Das Schwülstige hat jedoch nichts mit Opulenz, Schwere oder Schwitzigkeit zu tun, sondern es handelt sich hierbei eher um eine vordergründig zart verwegene Schwülstigkeit. Aber was verbirgt sich dahinter?
Der Marquis scheint auf den ersten Blick ein ganz harmloser Mann zu sein. Doch beugt er sich ganz dicht heran, ist sein alkoholischer Atem zu spüren. Aus seinen Poren dringt eine harzig-rauchige Würze, die genauso verführt, wie auch Geheimnisvolles in sich birgt. Beängstigend geheimnisvoll.
Wer weiß wozu der Mann im Stande ist?
In der Herznote verbindet sich das Harzige mit einem Amber- und/oder auch Weihrauch-artigen Dufteindruck, keinesfalls süß, sondern mild-holzig unterlegt. Ich meine Nadelholz inklusive seiner Harze wahrzunehmen.
Alles in allem ist keiner der Dufteindrücke hervorstechend, sondern es ergibt sich eine stimmige Gesamt-Komposition, die relativ unspektakulär aber dennoch sehr interessant ist. Ich würde ihn eher uns Männern zuordnen, aber damit habe ich ja schon öfter daneben gelegen ;).
Attaquer Le Soleil haut nicht drauf, von Provokation keine Spur. Er versteht es einen Dufteindruck zu hinterlassen, der ein Statement setzt, aber nur eine flüchtige Momentaufnahme eines Gefühls, das man mit einem Duft verbindet und bevor man es ganz erfassen kann, ist es auch schon wieder weg. Und trotzdem beschäftigt Dich der Duft – auch Stunden danach noch.
Denn wenn der Marquis wieder kommt, riechst Du ihn schon kurz bevor er seine vor Vorfreude schon zitternde Hand auf Deine Schulter legt. Und obwohl der Duft Dich in seinen Bann zieht, weißt Du nicht, was Dich heute erwartet...
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