Attaquer Le Soleil - Marquis de Sade 2016

Attaquer Le Soleil - Marquis de Sade von Etat Libre d'Orange
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7.5 / 10 230 Bewertungen
Attaquer Le Soleil - Marquis de Sade ist ein Parfum von Etat Libre d'Orange für Damen und Herren und erschien im Jahr 2016. Der Duft ist harzig-würzig. Es wird noch produziert. Der Name bedeutet „die Sonne angreifen - Marquis de Sade”.
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Duftrichtung

Harzig
Würzig
Rauchig
Holzig
Erdig

Duftnoten

ZistroseZistrose

Parfümeur

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Eingetragen von OPomone, letzte Aktualisierung am 03.04.2024.

Rezensionen

12 ausführliche Duftbeschreibungen
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Duft
Kovex

29 Rezensionen
Kovex
Kovex
Top Rezension 46  
Die 120 Tage von Sodom
Der namensgebende „Angriff auf die Sonne“ bezieht sich auf das inoffizielle Hauptwerk de Sades „Die 120 Tage von Sodom“, welches zu großen Teilen nur als Torso existiert, also einer detaillierteren Beschreibung seiner ausgedachten Perversionen entbehrt.

Vor ca. 15 Jahren habe ich die wesentlichen Werke de Sades gelesen. Was bis heute in meiner Erinnerung geblieben ist, ist für die meisten Parfumo-Ästheten unter uns nur schwer zu ertragen: das Verspeisen von Fäkalien jungfräulicher Knaben und Mädchen die Tags zuvor mit reichlich Fleisch gefüttert wurden....Und das waren erst die ersten 30 Tage von Sodom, die folgenden Kapitel sollten sich steigern.

Donatien-Alphonse-Francois Marquis des Sade wurde 1740 in Paris geboren. Schon als 14jähriger wurde er Soldat. Nach seiner Teilnahme am 7jährigen Krieg erhielt es das Amt eines königlichen Statthalters und Gouverneurs in der Provence. Auf Schloss Lacoste führte er ein ausschweifendes Leben. Er spielte, verschuldete sich und umgab sich mit Mätressen an denen er all seine Gelüste zu befriedigen ersuchte. Da seine Ausschweifungen nicht verborgen blieben, ließ ihn schließlich seine einflussreiche Schwiegermutter in Sicherungsverwahrung nehmen, aus der er sich 1789 durch die französische Revolution befreien konnte.

Dem 1785 in der Haft entstandenen Werk sind inhaltlich und äußerlich die Spuren der Gefangenschaft de Sades anzumerken. Die Fantasie des zur Enthaltsamkeit gezwungenen Autors verausgabt sich im gedanklichen Entwurf eines sexuellen Exzesses von 600 auf einen Zeitraum von 120 Tagen verteilten Perversionen.

Ein Herzog hält gemeinsam mit drei anderen Wüstlingen – einem Kirchenfürsten, einem Richter und einem Finanzier – 42 Jungen und Mädchen auf seinem Schloss gefangen. Ziel ist es, alle nur denkbaren Perversionen an den Gefangenen auszuleben. Die Ausschweifungen verteilen sich auf 4 Blöcke á 30 Tage, deren Einzelheiten ich Euch an dieser Stelle lieber erspare.

Mit seiner skandalösen Mischung aus Pornografie und Philosophie trat de Sade neue Pforten auf. Seine wüsten Visionen gingen sogar soweit, dass er auch nicht davor zurückschreckte, die Sonne angreifen zu wollen – Sinnbild für das Grenzenlose des Vorstellbaren.

Ein Lebensentwurf, eine Philosophie, ein Ausleben alles Vorstellbaren manifestiert in einer Duftnote!?

Zistrose.

Zugegebenermaßen noch nie isoliert gerochen. Aber aus Zistrosen, kleinen buschigen Sträuchern - vornehmlich im Mittelmeerraum anzutreffen - wird das Harz Labdanum gewonnen, was in zahlreichen Düften verwendet wird und das ich olfaktorisch schon eher einzuordnen weis.

Bei der Namensgebung des Parfüms wäre mir ein Duft wie „Sécrétions Magnifiques“ (aus dem gleichen Haus) plausibel erschienen.

Attaquer Le Soleil jedoch geht eine ganz andere Richtung und hat weder etwas mit Blut oder Ozon, noch mit metallischer Grausamkeit gemein.

Die Kopfnote startet kurzfristig hell, klar und transparent. Es ist eine leicht zitrische Rauchigkeit zu vernehmen, der sich schon bald eine milde Harzigkeit hinzugesellt, die sicherlich der Zistrose zugeordnet werden kann. Die von meinem Vorkommentator VonK beschriebene leichte Schwülstigkeit kann ich auch wahrnehmen. Das Schwülstige hat jedoch nichts mit Opulenz, Schwere oder Schwitzigkeit zu tun, sondern es handelt sich hierbei eher um eine vordergründig zart verwegene Schwülstigkeit. Aber was verbirgt sich dahinter?

Der Marquis scheint auf den ersten Blick ein ganz harmloser Mann zu sein. Doch beugt er sich ganz dicht heran, ist sein alkoholischer Atem zu spüren. Aus seinen Poren dringt eine harzig-rauchige Würze, die genauso verführt, wie auch Geheimnisvolles in sich birgt. Beängstigend geheimnisvoll.
Wer weiß wozu der Mann im Stande ist?

In der Herznote verbindet sich das Harzige mit einem Amber- und/oder auch Weihrauch-artigen Dufteindruck, keinesfalls süß, sondern mild-holzig unterlegt. Ich meine Nadelholz inklusive seiner Harze wahrzunehmen.

Alles in allem ist keiner der Dufteindrücke hervorstechend, sondern es ergibt sich eine stimmige Gesamt-Komposition, die relativ unspektakulär aber dennoch sehr interessant ist. Ich würde ihn eher uns Männern zuordnen, aber damit habe ich ja schon öfter daneben gelegen ;).

Attaquer Le Soleil haut nicht drauf, von Provokation keine Spur. Er versteht es einen Dufteindruck zu hinterlassen, der ein Statement setzt, aber nur eine flüchtige Momentaufnahme eines Gefühls, das man mit einem Duft verbindet und bevor man es ganz erfassen kann, ist es auch schon wieder weg. Und trotzdem beschäftigt Dich der Duft – auch Stunden danach noch.

Denn wenn der Marquis wieder kommt, riechst Du ihn schon kurz bevor er seine vor Vorfreude schon zitternde Hand auf Deine Schulter legt. Und obwohl der Duft Dich in seinen Bann zieht, weißt Du nicht, was Dich heute erwartet...
18 Antworten
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Preis
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Stanze

105 Rezensionen
Stanze
Stanze
Top Rezension 37  
Attacke!
Heute morgen um halb 6 habe ich den Arbeitstest durchgeführt und mir ein ganz klein bisschen Attaquer Le Soleil in den Ausschnitt geschüttet (ich habe eine Probe, mit der man nicht sprühen kann). Zuerst ist die Projektion selbst von solchen homöopathischen Mengen doch ziemlich stark. Ich roch schon deutlich nach Zistrose. Selbst für mich war das an der Grenze zum morgendlich Machbaren. Ich musste immer an die Hustenbonbons denken, für die man eventuell zu schwach ist. Und bekam gerade so eben die Kurve. Die Patienten haben sich aber nicht beschwert. Nach dem Frühstück (um 10Uhr) war die Projektion schon geringer, ich hätte nachlegen müssen, habe auf der Arbeit aber einfach keine Zeit. Nach der Arbeit (14Uhr) war nichts mehr zu merken, allerdings kann ich mir meine Nase auch nicht selbst in den Ausschnitt stecken.

Am Vorabend hatte Attaquer Le Soleil mich aber ziemlich in seinen Bann gezogen. Der Duft an sich ist bei mir rauchig-harzig und wirkt beruhigend, stimmungsaufhellend und anheimelnd. Überhaupt nicht animalisch. Total asexuell. Ich hab die offizielle Webseite auch eher so verstanden, dass Quentin Bisch sich mit dieser Schöpfung von seiner Zistrosen-Obsession befreien wollte. Heute greifen wir mal die Sonne an, machen das, was als unmöglich gilt und hauen Zistrosenmäßig total über die Stränge.

Ja, ich bin eine sehr naive Person. Ich habe aber immerhin schonmal etwas vom Marquis de Sade gelesen (Justine) und kann die Inhalte jenes Buchs nicht in diesem Parfum wiederfinden. Marquis de Sade im Titel ist einfach das übliche EldO-Marketing.

In Zukunft werde ich Attaquer Le Soleil lieber nach dem Frühstück tragen. In meiner Freizeit und abends. Wenn ich an "Sport" denke im Zusammenhang mit diesem Parfum, kriege ich aufgrund seines Namens ganz falsche Ideen, was für einen Sport man dazu treiben sollte, daher denke ich da nicht weiter drüber nach.

Attaquer Le Soleil ist meiner Meinung für Männlein und Weiblein gleichermaßen geeignet und abgesehen vom pervers-heißen Hochsommer wahrscheinlich in jeder Jahreszeit tragbar.
11 Antworten
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Flakon
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Haltbarkeit
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Duft
loewenherz

881 Rezensionen
loewenherz
loewenherz
Top Rezension 30  
FSK 18
Über den dem Titel dieses Parfums zugrundeliegenden Marquis de Sade und seine berüchtigten 'Hundertzwanzig Tage von Sodom' könnte man Bücher schreiben, sind welche geschrieben worden, werden wahrscheinlich noch weitere geschrieben. Man kann das Werk anstößig finden oder abstoßend - unstrittig ist jedoch der mehr oder weniger heimliche Reiz, den etwas die sittlichen Normen so zutiefst verletzendes wie dieses Buch noch immer auszulösen ist der Lage ist. Und ebenso unstrittig ist, dass die Lektüre dieses Buches für Nichterwachsene kaum geeignet ist - 'FSK 18' würde man bei der 'Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft' wohl sagen - oder kürzer: 'keine Jugendfreigabe'.

Den dem umstrittenen de Sadeschen Buch namentlich entlehnten Attaquer Le Soleil - Marquis de Sade als jugendgefährdend zu bezeichnen, wäre natürlich übertrieben. Gleichwohl ist er - und das würde ich für beinahe alle Düfte aus dem Haus Etat Libre d'Orange so gelten lassen - ein Parfum für Erwachsene, da eines, das einzuwerten, zu verstehen (und zu tragen) eine gewisse Dufterfahrung erfordert - und den Willen, sich einem schwierigen Duft bewusst zu nähern. Attaquer Le Soleil ist - wie wiederum fast alle aus der Rue des Archives im Pariser Marais - keiner, den man mal eben so en passant für sich entdeckt. Weder physisch, noch sinnlich, geschweige dann als Konzept. Will er ja aber auch gar nicht sein.

Die Zistrose - und nichts anderes als die beansprucht er ja zu sein - ist keine Rose, nicht einmal ein Rosengewächs, sondern ein buschig wachsender Strauch des Mittelmeerraums. Berühmt sind weniger seine Blüten als das aus ihm gewonnene aromatische Harz, Labdanum genannt, das unter Sonneneinstrahlung aus seinen Blättern und Stielen austritt. Traditionell wurde es aus dem Unterhaar von in der Macchie weidenden Ziegen gekämmt - oder man zog raue Seile durch das Dornengestrüpp, an dem das Harz dann hängenblieb. Sein Duft oszilliert zwischen honig- und amberartigen Noten - viele Chypres verwenden Labdanum, um ihre Herznote zu nuancieren. Solitär thematisiert wird es eigentlich nie.

Attaquer Le Soleil tut eben das, ist aber dennoch nicht, was man monothematisch nennen würde - zu vielschichtig interpretiert er die Zistrose und ihren klebrigen Saft - orchestral und voluminös so wie die Töne einer Kirchenorgel. Er hat kaum Süße und dennoch eine nur wenig verhohlene Sinnlichkeit und Lüsternheit, hat nichts Sakrales in seinem Wesen und doch etwas Formelles, Ernstes jenseits jeder Weichheit, Leichtigkeit oder gar Frische. Er gebietet Konzentration, ist gewichtig, launisch, vielleicht schwierig - und eben deswegen vielleicht eher ein Parfum für erfahrenere Nase, quasi FSK 18, für Jugendliche ungeeignet. Die Sonne oder irgendjemand anderen angreifen tut er nicht.

Fazit: ein weiterer ein wenig anstrengender Etat Libre d'Orange-Konzeptduft, durchaus durchdacht und kreativ umgesetzt, doch alles andere als gefällig oder einfach. For adult use only.
2 Antworten
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Flakon
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6
Haltbarkeit
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Duft
Terra

646 Rezensionen
Terra
Terra
Top Rezension 0  
An alle Masochisten: Hier ist euer Parfum. Der Duft, der weh tut.
nun werde ich also schon durch Werbetexte bei ALZD darauf aufmerksam gemacht, dass in mir bisher unbekannte, stark masochistische Tendenzen schlummern? Denn das Tragen von Attaquer Le Soleil bereitet mir pures Wohlbefinden. Wer den Kommentar von Kovex liest wird erkennen, dass meine Dufteindrücke durchaus zu einigen philosophischen Ausschweifungen von Marquis de Sade passen. So ist der Auftakt; wie man es bei den überschaubaren Duftnoten vermuten kann; natürlich dunkel-harzig und leicht rauchig, aber wird vor allem von einer deutlichen, fruchtigen Nuance bestimmt, die für mich nach Grundschulkindern riecht. Also im Grunde wie Zucker mit Fruchtaromen. Ich habe keine Ahnung, wieso kleine Kinder schon aus der Entfernung für mich so riechen. Essen sie soviel derartigen Süßkram? So ungewöhnlich das klingt, diese abstrakte Fruchtigkeit lässt sich für mich am besten so beschreiben. Es ist nichts, was man einer Frucht zuschreiben kann, es ist irgendwie künstlich, aber irgendwie auch sehr natürlich; weil beinahe menschelnd.

Denn das hier zu riechende Harz hat auch eine minimal fäkale, leicht animalische Komponente. Das ist nur sehr diffus vorhanden und ich glaube kaum, dass Attaquer Le Soleil für irgendjemanden ein deutlich animalischer Duft sein wird. Aber es ist eine hoch interessante Nuance, die auch dem Auftakt die nötige Ernsthaftigkeit verleiht.

Die Fruchtigkeit nimmt mit der Zeit ab, bleibt aber immer ein Bestandteil des Gesamteindrucks.
Attaquer Le Soleil wird im Verlauf deutlich rauchiger und dunkelt weiter ab. Es ist kein Lagerfeuerrauch, kein Lederrauch und kein Weihrauch. Es ist eine tiefe, knisternde Harzrauchigkeit. Eine unglaublich schöne, einmalige Rauchigkeit.

"Reinheit hat ihr Parfum gefunden" ist eines der weiteren Versprechen von ALZD. Und das passt tatsächlich, denn ich kenne kaum einen Harz- oder Rauchduft, der derart transparent wie "Attaquer Le Soleil" wirkt. Ich glaube noch nicht ganz, dass wirklich nur Labdanum für den Duft verwendet wurde. Dafür spricht allerdings, wie ungeheuer transparent der Duft trotz seiner tiefen Harzigkeit wirkt. Nichts ist zuviel und kein bisschen Vanille, Amber und co. lassen den Duft breiig wirken. Er ist rein, klar und doch völlig verdorben. Eine Wohltat.

Lediglich die abstrakte Fruchtigkeit bereitet mir noch etwas Schwierigkeiten, an ihr stoße ich mich immer wieder. Irgendwie erzählt sie eine Geschichte, ergibt sogar einen interessanten Kontrast. Aber trotzdem fällt es mir schwer, mich mit dieser Note anzufreunden. Das ist wohl der Hauptgrund, weshalb der Duft vorerst "nur" 9 Punkte bekommt und noch kein konkreter Kaufkandidat ist. Doch ich werde weiter testen und halte es durchaus für denkbar, dass es noch Klick macht und alles passt. Denn schon jetzt beim dritten Test finde ich ihn zunehmend schöner.

Edit: Je öfter ich ihn trage, umso mehr Spaß macht er mir. Das passiert mir selten und ich sehe es als Zeichen an, dass dieser Duft im Moment sehr gut zu mir passt. Meist stören mich bei häufiger Benutzung irgendwelche Facetten. Hier werden anfangs schwierige Eindrücke mit der Zeit immer stimmiger und das Gesamtbild ist nur noch wunderbar. Ein einfach grandioser Duft.
13 Antworten
5
Sillage
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Haltbarkeit
8.5
Duft
DarkWinterCS

276 Rezensionen
DarkWinterCS
DarkWinterCS
Sehr hilfreiche Rezension 20  
Versaute Gedanken ? Her damit !
Attaquer le Soleil, ein Duft der mich schon seit meinen Anfangstagen auf Parfumo verfolgt. Bis heute ist mir nicht klar, wie ich auf die Seite dieses Parfüms gelangen konnte. Immer wieder, fast im Wochentakt habe ich mich auf die Seite begeben und die Kommentare und Statements überflogen und verinnerlicht.

Es kam unweigerlich in mir selbst die Frage auf, willst du dieses Machwerk testen ?

Mir stellt sich immer wieder bei mir unbekannten Düften diese Frage, allerdings hatte ich selten den Drang dem zu widerstehen, als auch gleichzeitig die Gier diesen unter die Nase zu bekommen. Denn als neuer Parfumo liest man ohne Vorstellungen die Kommentare und weiß in dem Fall nicht, was man davon halten soll.
Auf der einen Seite klang es so abstoßend mit dem Hintergrund de Sades einen Duft zu kreieren, der eine olfaktorische Ableitung seiner Werke sein könnte. Andererseits war genau dies auch das Bedürfnis mal etwas über die bisher bekannten persönlichen Duft-Stränge zu schlagen.

Ich hatte zu den ersten Lesezeitpunkten meiner eigenen Duftempfindung nur die möglichst angenehme Wahrnehmung von Düften im Sinn. Ja nicht zu sehr anecken, lieber auf Nummer sicher gehen und allen gefallen. Der Schaden kommt hier im Forum ganz von alleine. Nach gut 1,5 Jahren habe ich meine Sichtweise um 180 Grad gedreht. Mir geht es nicht darum jemanden zu gefallen. Es geht mir eher darum mir selbst zu gefallen (auch wenn es egoistisch klingt) und den Duft aufzulegen, der mich spiegelt und ein Statement setzt. Da ist es mir egal, ob sich daran jemand stört und meine Kollegen im Büro müssen so manches Duftexperiment aushalten. Aber genau das bin ich und das soll auch zum Ausdruck gebracht werden.

Der Wandel ging von hauptsächlich gourmandigen Düften über in die Beginner-Nische zu meinem jetzigen Punkt der würzigen/oudigen/ambrierten und auch teils animalischen Düfte. Daher war nun auch für mich der Zeitpunkt gekommen den Duft, der mich lange begleitet hat zu testen. Endlich diese schmutzige Sache zu vernehmen, die beim Gedanken an die 120 Tage von Sodom schon abstoßende und gleichzeitig faszinierende Reaktionen auslöst. Rein in die abscheulichsten Fantasien, die sich ein Mensch in Gefangenschaft und Abstinenz nur vorstellen vermag.

Also habe ich gesprüht. Sobald man sich aber auch nur einen Funken mit dem Hintergrund des namensgebenden de Sade auseinandergesetzt hat, prasseln einem die Bilder beim riechen automatisch in den Kopf. Man versucht sie loszuwerden, doch diese sind so fest verankert, das man gefühlt einen Film in seinem Kopf abspielen sieht. Auch nur mit der entferntesten Vorstellung schafft es der Duft ein Atmosphäre und Geruchsgewaltigkeit zu erzeugen, die einem den Schlaf rauben kann.
Mittendrin im Geschehen und ich hätte über den Verlauf am liebsten geschrien. Das Buch als Parfüm, jede Perversion in der Nase, so abstoßend, so faszinierend. Zwischendurch musste ich mir Pausen nehmen um das alles zu verarbeiten. Wie kann ein Duft nur so riechen ? Wie kann ein einzelner angegebener Duftstoff so eine Explosion von Varianz, Dekadenz und Emotion auslösen ?

Der Duft spiegelt alles wieder, auch wenn es einem nicht gefällt oder gerade deswegen zusagt. Rauch, Harz, Dreck, Honig, Zitrone, glattes Metall, feuchte Wände, und ja, (sehe ich wie Terra) leichte fäkalische Noten. All das was das Werk auszeichnet. Und es stört zu keinem Zeitpunkt.
Alles so perfekt verwoben, keine störenden Nuancen, keine überbordende Animalik. Es soll genau so sein, wie es ist.

Der Start ist rauchig mit leichten Ergüssen von Zitrusnoten. Kein Räucherwerk, aber doch so, dass man Rauch in seiner voluminösen Art vernimmt. Nach einiger Zeit gesellen sich zutiefst erotisch-harzige Noten dazu. Es ist ein Wechselbad der Noten, bei dem jede Minute jeweils eine Komponente etwas mehr auf sich aufmerksam macht. Würde man jeder Komponente einen Libertin des Buches zuordnen, so könnte man die Orgien der jeweiligen Person treffend zuordnen.
Der große Akteur des Verlaufs ist aber sicherlich die harzig-ambrierte Note. Diese wird wechselnd von der Fruchtigkeit, dem Rauch und weiteren warmen Akzenten unterstützt.

Die Besonderheit liegt in der Wahrnehmung des Dufts. Denn in der Luft wirkt er durchaus transparent mit großen Einfluss der Zitrik. Auf der Haut wiederum dominiert das warme Harz. Wer sich das Spektakel antun möchte, wird keine massive Haltbarkeit und Sillage erhalten, die jeden Rahmen sprengt. Es handelt sich um eigen mittelmäßigen Vertreter dieser Hinsicht. Gut fünf Stunden dürft ihr alles genießen, bevor mal eine Pause eingelegt werden muss. Denn auch der stärkste Libertin schafft keine durchgängige Orgie.

Seid mutig, traut euch, lasst die Gedanken schweifen. Denn dieser Duft ist und hat etwas Besonderes. Lasst euch einhüllen in die Gedanken des de Sade und lasst den dreckigen Vorlieben des menschlichen Seins freien Lauf.

Dieser Duft wird die Triebe befriedigen.
4 Antworten
Weitere Rezensionen

Statements

73 kurze Meinungen zum Parfum
LicoriceLicorice vor 2 Jahren
8
Duft
ELdO meets CdG:
M. de Sade philosowandelt
zwischen den Koniferen
des Klostergartens in Zagorsk.
Luftigharziger Nadelrauch.
Fein.
37 Antworten
ElAttarineElAttarine vor 3 Monaten
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Wunderbare Zistrose in allen Facetten:
rauchig-zitrisch, harzig-ätherisch-luftig, würzig, leicht schweißig-animalisch
Sehr schön!
46 Antworten
GoldGold vor 2 Jahren
8
Flakon
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8
Duft
Labdanum, Weihrauch, Lackier-Arbeiten. Die Sonne sollte man nicht angreifen. Überhaupt niemanden. Ein spannender Duft. Eher herbstlich.
17 Antworten
TheBladi11TheBladi11 vor 1 Jahr
8
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Duft
Quälend-kalt-sakraler Zistrosenharz-Weihrauch
in reinster Form - nix für Warmduscher & Blümchensex-Liebhaber.
Ich finds: Diabolisch-Schön!
20 Antworten
BastianBastian vor 2 Jahren
7
Sillage
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Haltbarkeit
8
Duft
Fruchthölzer in der Weihrauchkammer..
Kompromissloser linearer Verlauf..
Eigenartig abartige Genialität..
Endlich mal ein ELdO der gefällt*
20 Antworten
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