La Fin du Monde 2013

Yatagan
13.11.2013 - 08:00 Uhr
30
Top Rezension
7.5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft

Apokalypse

Apokalypse kommt aus dem Griechischen und bedeutet Entschleierung oder Enthüllung. Im Neuen Testament als „Offenbarung (des Johannes)“ übersetzt, ist das letzte Buch der Bibel gemeint, voller düsterer Szenarien, deshalb auch gleichbedeutend mit dem Ende der Welt.

La Fin du Monde: Was kann da anderes gedacht sein als die Apokalypse? Geschmackvoll verziert mit einem Nuklearzeichen stellen sich da eher ungute Assoziationen ein. So sind sie eben, die Jungs und Mädels von Etat Libre d‘Orange, so wollen wir sie, diese Düfte einer neuen Generation, die in Originalität und Kühnheit noch einen Schritt über Comme des Garcons hinaus gehen möchten, dabei gelegentlich über die Stränge schlagen (man denke nur an die ELDO-Düfte, die nach kaltem Rauch riechen), immer wieder aber eher in Mittelmaß und bürgerlicher Konvention stecken bleiben.

Alle Furcht vor dem Weltende, Apokalypsen und düsteren Endzeitszenarien über Bord geworfen, den Duft aufgelegt und getestet: Terminator, Mad Max, Aldous Huxley? Nichts davon. Erst mal tatsächlich ein ganz konventioneller, wenig spektakulärer Duft, der sich das Spiel mit Apokalypsen und Nuklearem als Marketinggag zu Nutze macht, um Aufmerksamkeit zu erregen. Da das aber stets das Wesen von Werbung ist, mag man ihm das krumm nehmen, muss es aber nicht. Was sonst sollte man von Werbung erwarten?

Hätte ich den Duft im Flakon einer Mainstreammarke im Kaufhaus gerochen: wahrscheinlich hätte ich die Flasche uninteressiert zur Seite gestellt. Da es sich hier aber um einen ELDO-Duft handelt, ist mein Ehrgeiz erwacht, den Duft noch einmal genauer auf seine apokalyptischen Qualitäten zu prüfen. Und tatsächlich: bei konzentrierter Betrachtung offenbaren (man beachte das Wortspiel) sich doch noch einige Besonderheiten, die durchaus einen eigenen Charme entwickeln:

Erstens: Was auch immer diese untergründige Schärfe bewirken mag: Es KÖNNTE doch das Schießpulver sein, das angeblich in diesem Duft enthalten ist. Wie riecht Schießpulver? Gar nicht - oder doch so ähnlich wie Silvesterraketen, bevor sie ihrem Zweck zugeführt und in den Himmel geschossen werden? Eigentlich ist es das gar nicht, was ich meine, sondern das Kitzeln in der Nase, das beim intensiven Riechen an diesem Duft originell auffällt.

Zweitens: Die „weichen“ Gewürze, die in Kontrast zu der dezenten pfeffrigen Schärfe stehen (vermutlich der versprochene Möhrensamen und Sesam), die wohl eher die milden Gerüche in La Fin du Monde verbreiten und ein wenig mit der drohenden Apokalypse versöhnen. Bemerkenswert übrigens, dass mir bisher Düfte mit Möhrensamen nicht aufgefallen sind, tatsächlich listet unsere Datenbank aber 44 Parfums mit dieser Komponente, darunter auch so bekannte wie Eau d‘Ikar, oder Vetyverio von Diptyque, zumeist jedoch weniger geläufige Düfte jüngeren Datums.

Drittens: Die klassischen Komponenten wie Sandelholz, Kreuzkümmel, Vetiver und Iris, die aus dem Duft fast schon so etwas wie einen modernen Konservativen machen.

Apokalypse now? Wenn die Apokalypse so aussieht, muss niemand Angst vor ihr haben, braucht aber auch große Ausdauer, um die versteckten Qualitäten des Duftes zu erkunden.
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