Noël au Balcon 2007

MiriamHa
14.09.2021 - 12:03 Uhr
27
Sehr hilfreiche Rezension
9
Preis
7
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
10
Duft

Damals

Seit neun Jahren bin ich jetzt bei Parfumo. Ich finde mitnichten alles gut, was hier manchmal passiert, habe mich über manche Dinge geärgert, bei einigen den Kopf geschüttelt, und bei vielen mit Gleichgültigkeit reagiert. Mittlerweile nutze ich diese Plattform nur noch für das, wofür sie für mich persönlich sinnvoll ist, nämlich für Parfüm. Ich habe mich durch wesentlich mehr getestet, als ich hier vermerkt habe. Ich habe auch wesentlich mehr Düfte kennenlernen können, als hier gelistet sind. Manche fand ich überragend, andere ganz okay, viele nicht weiter bemerkenswert, zwischen anderen war ich hin und hergerissen. Noël au Balcon stand etwa neun Jahre lang auf meiner persönlichen Liste der Düfte, die ich eigentlich testen und lieben würde, ganz zweifelsohne. Nicht nur, weil ich Gourmands absolut verehre, sondern auch, weil die Namensgebung für mich tatsächlich sehr relevant ist. Mir muss ein Parfüm sympathisch sein, nicht nur inhaltlich, sondern auch in der Aufmachung. Schon oft habe ich erwähnt, dass der Preis dabei keine Rolle spielt. Auch kann ich mich sehr darüber freuen, wenn ein vermeintlich unattraktives Marketing mich inhaltlich dann doch überzeugt
Noël au Balcon war für mich ein Duft, bei dem ich lange gefürchtet hatte, er würde sowieso schnell vom Markt genommen. Eine dieser Kurzzeitwasser, die es kaum ins Regal schaffen, da fliegen sie auch schon wieder raus. Der Flakon ist für mich durchschnittlich attraktiv, die Marke hat mich manchmal schon enttäuscht, meine Erwartungen waren nicht sonderlich hoch und das Risiko, mich hier zu verlieben, um es dann doch nur mit einem vorübergehenden Flanker zu tun zu haben, schien es mir einfach nicht wert zu sein. Was hab ich also gemacht? Genau, circa neun Jahre lang gar nichts. Kein Test, keine Probe, keine Abfüllung, kein spontanes Ausprobieren in der Parfümerie. Noël au Balcon war immer dieser eine Duft, den ich nicht an mich heranlassen wollte und dabei war ich konsequent.
Vielleicht lag es daran, dass Organza Indecence nicht mehr auf dem Markt ist, oder dass Gourmand Coquin momentan ebenfalls nicht zu bekommen ist; jedenfalls habe ich mich dazu entschieden, dem Eldoduft eine Chance zu geben. Nicht nur das, ich habe direkt eine riesige Abfüllung bestellt, die nach langer Wartezeit endlich bei mir eingetroffen ist. Erst kürzlich habe ich eine ganze Menge Abfüllungen verschenkt, Flakons verkauft und insgesamt ausgemistet. Ich habe nur noch wenige Düfte im Besitz, die ich tatsächlich nutze und bin mittlerweile rigoros wenn es darum geht, mir einen neuen Duft zuzulegen. Noël au Balcon ist eines dieser Parfüms, die ich zu sehr mag, um einen Kommentar darüber abzugeben. Warum tue ich es dann trotzdem? Weil ich den Guten neun Jahre lang hab warten lassen, und ich weiß, dass ich es ihm schuldig bin, zumindest ansatzweise zu versuchen, hier zu erklären, warum er so viel mehr verdient, als bloße Lobhudeleien. Lasst mich probieren, es auf den Punkt zu bringen. Die Mischung von Honig und Moschus ist eine ziemlich geniale Idee. Dazu dann auch noch einen pfeffrig würzigen Hintergrund zu komponieren, ist schon ziemlich große Klasse. Ich habe in meinem Leben wirklich durchaus viele Gourmands in der Nase gehabt, mit Schokolade, mit Honig, mit Zimt, mit Tabak, Vanille, Pralinen, Marzipan, Lebkuchen, Milch und was das Herz noch so begehren kann. Es gibt sicherlich einige Düfte, die mich nachhaltig beeindruckt haben, aber auch einige, die ich trotz ihrer Raffinesse dann doch irgendwie nicht ganz im Gedächtnis behalte. Sie sind gut, sehr gut sogar, aber nicht markant, haben nicht wirklich diesen „einer-unter-Tausenden“ Effekt, den man nicht erklären, sondern bloß fühlen kann.
Noël au Balcon schafft es, dass ich plötzlich im Jahre 1996 mit großen Kinderaugen vorm Weihnachtsbaum stehe, dass ich dabei die Lichterketten, das bunte Geschenkpapier, den leckeren Plätzchenteller, den edlen roten Pullover meiner Mama, den sie nur am 24. trug, vor mir sehe und Geborgenheit in meinen Fingerspitzen kribbelt. Draußen hat es geschneit, hier drinnen ist es warm und gemütlich, meine Bäckchen ganz rot, meine Haare frostig und zerzaust. So voller Ehrfurcht stehe ich da und freue mich ganz aufgeregt auf das Glöckchen, das unverkennbar die Ankunft des lieben Christkindes ankündigt. Wie lange habe ich auf diesen Tag gewartet, wie sehnsüchtig das letzte Türchen in meinem Kalender geöffnet! Mit welcher Freude den Geschichten vom Nikolaus gelauscht, Lieder über Knecht Ruprecht und den Stern über Bethlehem gesungen, Windlichter und Laternen gebastelt, Wunschzettel geschrieben und Bilder gemalt, von dieser magischen Zeit, die sich über uns legt, wie die Decke über das schlafende Kind.
Und irgendwann, spät in der Nacht, wenn es dunkel ist und Ruhe einkehrt, da sehe ich nach oben, zu dem Leuchten am Himmel, und flüstere den Schneeglöckchen zu, wie dankbar ich bin.
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