White Magnolia 2021

FioreMarina
23.05.2021 - 09:41 Uhr
35
Top Rezension
8
Preis
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft

Ein Sommernachtsträumchen

Vielleicht geht es Euch ja wie mir und ihr hattet eigentlich etwas anderes vor. Mit diesen Pfingsten. Diesem Sommer. Und überhaupt.
Aber so wie es aussieht, sorgt das Wetter für das, was Jens Spahn nur so leidlich gelingt, nämlich uns zu Hause zu halten. Die Temperatur bleibt stabil unterdurchschnittlich, die Laune auch und der Regen fällt unablässig nieder wie zu den Zeiten, als in Bern noch Wunder geschahen.
Wenn ihr also – so wie ich - gerade nichts besseres vorhabt, möchte ich eine Einladung an Euch aussprechen: Macht es Euch doch gemütlich, nehmt entspannt einen Tee zur Hand, vorzugsweise leicht, grün und blumig, dann habt Ihr im Grunde schon genau die Stimmung zu dem Zauberduft, den ich Euch mit missionarischem Eifer ans Herz legen möchte: Willkommen in einer Welt, in der alles licht, warm, duftig und zart ist, in der Welt von White Magnolia.
Der Schöpfer des Parfums, Olivier Cresp, ist Euch vermutlich kein Unbekannter. Er zeichnet haupt – oder mitverantwortlich für Megaseller wie Angel von Mugler oder den von mir bereits hingebungsvoll beschriebenen Light Blue von Dolce & Gabbana, genauso für Klassiker wie Femme von Rochas und, leider muss ich das zugeben, auch für den Kitsch-Albtraum Black Opium von YSL. Der Erfolg spricht für ihn; der Mann weiß offenbar, was gefällt.
Nun also hat er 2021 einen neuen Duft geschaffen, White Magnolia für Etro, eine schlanke, keine extravagante Duftpyramide, lichte Transparenz, im durchsichtigen Flakon mit Paisley-Muster aufgefangen, das wirkt schon beim Hinsehen wie die Phiole der Galadriel, das Licht des Abendsterns, ein Leuchten in dunklen Zeiten… und wenn Ihr jetzt den Eindruck bekommt, dass ich ins Schwärmen gerate, dann habt Ihr vermutlich recht. Ich kann Euch nicht einmal sagen, warum das eigentlich so ist, denn so außergewöhnlich ist der Duft nicht. Aber er verzaubert.
Ich muss mit der Basis beginnen, und dann konsequenterweise auch gleich mit dem Moschus, denn der ist von Beginn an mit dabei. Solltet Ihr Euch jetzt ein Gähnen verkneifen, solltet Ihr Euch denken „Oh Gott, nicht schon wieder so einen Saubermoschusduft!“: Ich verstehe Euch. Mir geht’s nämlich genauso. Nach dem gefühlt hundertsten Mal, in dem irgendein findiger Parfümeur mit dieser Allzweck-Kuschel-Keule um die Ecke kommt, diesem olfaktorischen Tranquilizer, der unser Urteilsvermögen mit Globalid, Ambrettolid und Muscenon in einer watteweichen Wohlfühlwolke verklebt, spüre ich eine deutliche Übersättigung, was Moschus betrifft. Olivier Cresp scheint das verstanden zu haben, denn er lässt den Moschus nicht einfach so dahinwabern, sondern er grenzt ihn ein, indem er ihn von etwas warm-harzigem begleiten lässt, das, minimal dosiert, wahrscheinlich zur Zeder gehört, oder zu den weißen Hölzern, die eher ein Bild in unserer Fantasie erzeugen, als dass sie real wären. Das macht den Duft nun wirklich nicht kantig. Aber es gibt ihm Kontur. Es erdet ihn und verleiht ihm Sinnlichkeit. Und es erzeugt ein gewisses Spannungsfeld zwischen weich und hart, Fluff mit Kante.
Darauf setzt er wie ein funkelndes Krönchen die Magnolie. Und die ist diesmal ein besonders durchtriebenes Stück: Sie erscheint nämlich nicht einfach und bleibt dann, was sie eventuell nervtötend werden lassen würde. Stattdessen irrlichtert sie durch den Duft, taucht auf, funkelt wie ein Sonnenstrahl durchs grüne Laub oder, ach kommt, wie der Abendstern der Elfenkönigin, um dann wieder leiser zu werden, zu verschwinden, und ein paar Minuten später hinter einem Moschuswölkchen wieder aufzutauchen. Vielleicht wird die Magnolie von etwas Zitrik begleitet, aber das ist minimal. Es dient nur dazu, ihre frische Süße zu unterstreichen, nur, um Ausrufezeichen hinter den elfenzarten Charme des Blütenakkords setzen, ein weiteres, freches Funkeln in diesem an Glanzlichtern nicht armen Duft.
Könnt Ihr verstehen, dass man dieses Parfum lieben muss? Dass man es auflegt und lächelt? Dass es vielleicht genau der Duft ist, der in diesen Spätcorona-Sommer passt: Voller Mutwillen, der durch unser Pandemie-Cocooning hindurch aufblitzt, voller zarter, unbändiger Lebensfreude. Ein federleichtes Streicheln unserer Sinne. Ein Seelenduft. Ausprobieren!

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