Meggi
Top Rezension
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Mit einem Blättchen Was-auch-immer
‚One Umbrella for Two‘ tritt auf als ein Dessert aus tiefdunkler, kakaopulver-bestäubter Schokolade, garniert mit einem Löffelchen prickelnd-sauren Himbeer-Johannisbeer-Gelees und einer Schicht karamellisierten Zuckers à la Creme Brulée. Rasch nimmt eine Spur Holz den Nascherei-Eindruck eine Winzigkeit zurück. Doch nur so weit, dass das Gesamtbild des Duftes parfümig bleibt, nicht allzu essbar daherkommt. Das ist große Klasse.
Nach zehn Minuten taucht ein bisschen Grün meinethalben der Schwarzen Johannisbeere auf, indes völlig un-stinkig, einfach ein herb-frisches Grün – könnte also ebenfalls einer anderen Pflanze zugeordnet werden. Ein extravagantes Blättchen Was-auch-immer, welches oben auf der Drei-Sterne-Kreation thront.
Große Klasse, ich sagte es bereits. Bis mittags. Dann gleiten wir ins Gehoben-Gutbürgliche ab. Es deutet sich nämlich die Allgemeinfrucht an, die ich grundsätzlich schon aus einigen Floraïku-Geschwister-Düften (und von diversen anderen Anbietern) kenne. Normalerweise nicht mein Fall, allerdings passt sie heute natürlich prima ins Konzept. Sie vermag mithin – nicht zuletzt wegen ausgeprägterer Süße – hier besser zu gefallen, wirkt dunkler, milder und feiner. Wir haben es jetzt schlichtweg mit einer anderen Art Nachtisch zu tun: Pudding mit Obst. Ich denke an Omas eingelegte Birnen, eine Kindheits-Erinnerung. Und die Schokolade ist weiterhin sehr ordentlich, der Pudding selbst gekocht.
Im Laufe des Nachmittags setzt sich allmählich Profaneres durch. Als sei der Tupfer Creme Brulée (s. o.) einem preisgünstigeren Karamell-Pudding gewichen. Der ist O.K., riecht wenigstens tatsächlich nach karamellisiertem Zucker. Die Frucht ist nunmehr Begleitung und ihr Anteil schwindet.
Das genannte Holz ist durchweg zurückhaltender Helfer und bleibt nah an der Haut. Nach ganz hinten raus mag im Untergrund was Kratzig-Erdiges im Spiel sein. Patchouli vielleicht. Obst nur noch minimal. Etwas Vanille hält wacker die Nachtisch-Fahne aufrecht.
Fazit: Im Leben hat alles seine Zeit. Mal darf es das aufwändige Dessert vom Meister-Konditor sein und mal der Becher Vanille-Karamell-Pudding vor dem Fernseher.
Ich bedanke mich bei Verbena für die Probe.