Chainsaw

SirLancelot
04.10.2018 - 16:09 Uhr
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Top Rezension

The Texas Chainsaw Massacre

Als eine Gruppe von fünf Jugendlichen einen geistig verwirrten Anhalter an einer Tankstelle im texanischen Hinterland zur Weiterfahrt ins Auto einlädt, ahnen sie noch nichts von dem mörderischen Albtraum, der vor ihnen liegt. Soweit die Story in Kurzform. Regisseur Tobe Hooper inszenierte 1974 mittels äußerst geschickten perspektivischen Einsatz der Kamera, schnellen Schnitten in Kombination mit Geräuschen und Musik einen Horrorfilmklassiker mit unglaublich dichter morbider Atmosphäre, bei dem sich der eigentliche Horror allerdings vor allem in den Köpfen der Zuschauer abspielt, welche halb ohnmächtig im Sessel das Schicksal der Protagonisten in den Fängen einer unzivilisierten Kannibalenfamilie wie in einem eigens erlebten Albtraum verfolgen müssen. Trotz des reduzierten Levels an Gewaltdarstellung wurde er als einer der verstörendsten Filme aller Zeiten auf den Index verbannt.

Dass der Film auf einer wahren Begebenheit beruhte, war zwar nicht an den Haaren herbeigezogen, stellte sich nachträglich jedoch als kleiner Marketinggag heraus. Zwar beeinflussten die Taten des in Wisconsin lebenden Serienmörders und Grabschänders Ed Gein den Film, jedoch war jener auch Inspiration für berühmte Filmfiguren wie beispielsweise Norman Bates (Psycho) oder Buffalo Bill (Das Schweigen der Lämmer). Trotzdem war durch ihn eine der populärsten Figuren und Antihelden des Slasher Genres auf der Leinwand geboren: Leatherface. Dessen Leidenschaft ist - und jetzt hat jeder auch wirklich nur einen Rateversuch – natürlich der leicht zweckentfremdete Umgang mit der Kettensäge.

Der ursprüngliche Originaltitel des Films: The Texas Chainsaw Massacre – Blutgericht in Texas.

Unmittelbar nach dem Aufsprühen vom Chainsaw durchdringt Benzingeruch in der Luft. Unverbleit. Ungesund. Genau der Stoff, der seit dem Jahr 2000 in der EU verboten ist. Hier lebt er wieder auf, nimmt dich mit auf eine Zeitreise, lässt dich neben der Zapfsäule stehen, den Einfüllstutzen sicher umschlossen in der Hand. Texas in den 70er Jahren. Heißer Wind fährt durch deine Haare, zerzaust sie, Sandkörner malträtieren deine Augen. Du wendest schützend dein Gesicht ab. Neben dir wartet ein Van mit fünf Jugendlichen. Startklar. Sieht nach Spaß aus. Viel Spaß. Was will der alte Kauz dazwischen? Egal! Wird wohl mitgenommen. Haarspray. Du nimmst Haarspray wahr, siehst aus den Augenwinkel lange Haare, enge Jeans, die wenige Sekunden später sexy über Kunstleder rutschen. Die Zündung startet, eine Tür fällt ins Schloss, Räder drehen durch, verbranntes Gummi, dunkle Spuren auf heißem Asphalt. Die Hand schützend über deinen Augen, folgst du dem Van bis er nur noch ein Punkt am flimmernden Horizont ist, schließlich nicht mehr zu sehen ist. Ein Klicken reißt dich aus deinen Gedanken. Du greifst nach dem Stutzen, führst ihn zurück. Wieder liegt dieser Benzingeruch in der Luft. An der Kasse legt du die Scheine auf den Tisch, dein Blick fällt zu den Knabbersachen und mit einer Tüte Mandeln in der Hand verlässt du den Laden in Richtung deines candyappleroten Ford Mustang Baujahr 1966. Beim Einsteigen fragst du dich, ob du weit in der Ferne nicht den Klang einer Kettensäge vernimmst…

Chainsaw verläuft olfaktorisch alles in allem recht monothematisch, dabei erinnert mich die Struktur an seinen synthetisch-würzigen „Bruder“ Gasoline. Große Überraschungen bleiben natürlich aus und sind bei diesem spaßigen Konzeptduft auch nicht gewollt, dennoch sind besonders in der ersten halben Stunde oben beschriebene Nuancen wahrzunehmen. Man riecht einfach die Leidenschaft, diese Leidenschaft zur Maschine. Schließe die Augen, und du vernimmst den kraftvollen Klang, den Klang, wenn das Öl den ohrenbetäubend knatternden Motor antreibt.

Aber, es geht übrigens auch anders. Wer sich vielleicht mal akustisch von einer Kettensäge in den (vorübergehenden) Schlaf wiegen lassen möchte, dem sei die am 26. Oktober 2018 erscheinende CD der schwedischen Death Metal-Supergroup Bloodbath mit ihrem Abschlussliedchen „Chainsaw Lullaby“ ans Herz gelegt. Na dann gute Nacht, Marie.

Ich danke Achilles für die Testmöglichkeit!
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