Fuck Me Tender 2019

KatharinaG
12.11.2022 - 14:14 Uhr
46
Top Rezension
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Nirvana

Auf den Namen will ich nicht eingehen. Ich fluche wie ein Bootsmann, bei uns im Wohnzimmer steht Straßenschild Fickt-euch-Allee und ich betrachte niedere Sprachformen und Kraftausdrücke als eine Art Aggressionsabbau. Habe genug Gründe für, betreibe diese Therapie regelmäßig.
Eine andere Form der Therapie, Gegengift für die bittere Ernsthaftigkeit des Lebens sind für mich die einfachen, süßen Düfte geworden. Nachtisch zum aufsprühen, schnelle olfaktorische Kohlenhydrate. Ich möchte keine Analyse durchführen, wenn ich nicht dafür bezahlt werde, nicht zuhause, nicht in der freien Zeit.
Ich will die Leichtigkeit des Marshmallow im Kopf, „Mama, du riechst lecker“ hören, statt um unchristliche 6:45 vorwurfsvoll „Das riecht schon sehr parfümig“.
Keine verdammte Analyse, keine Reflexion und kein Duft der suggeriert „ Noblesse obliege, schalte Netflix aus, lies lieber nochmal Ulysses oder wenigstens Foucaultsches Pendel, trag mich, die hochintellektuelle Komposition mit den distinguierten Noten von brennenden Autoreifen und Mottenkugeln“
Und Fuck me tender passt zu solchen Tagen.
Einfach zu lieben. Einfach zu tragen. Tretet keine innerliche Diskussion los. Ich schalte mich ab und registriere äußerst vergnügt schwerelose Gedanken:
-Oh, riecht wie Heliotrop in Omas Garten. Und ein wenig wie Sommerflieder. Und die Farbe ist gleich. Und schon bin ich in meiner Kindheit auf der Halbinsel, die sich später als Pandoras Büchse entpuppt hat und… fort, fort mit diesen Gedanken. Marshmallow, Katharina, du bist heute Marshmallow mit Mandelmilchgeschmack.
-Oh, riecht ein wenig wie Fleur du Mâle, den ich so sehr an ihr liebe. Unschuldige weiße Blüten vereint in ein Bouquet, das man nicht in der Nähe von Novizin stehen lassen sollte. Baudelairsche Blumen des Bösen eben.
-Hm, Alien? Ja, verhasster Alien ist plötzlich zahm und sogar attraktiv, hat seine nukleare Jasmin zurück gepfiffen, mit Orangenblüte ausgeschmückt und etwas menschlicher gemacht. Nicht, dass das bei mir immer ein Kompliment wäre.
-Mandelmilchmarschmallow wird zu Amarettinis, diesen weichen, fluffigen, zyanidischen Weichkeksen. Etwas giftig, etwas penetrant, aber köstlich. Aber nicht mehr als 3, sonst Zuckerschock und Karies.
Und so in etwa geht es 4-5 Stunden. Genug Zeit um in meiner inneren Migration in die guten alten Zeiten zu erholen, Quäntchen Leichtigkeit zurück zu erobern und nicht mehr so wehmütig an die Kurt Cobain Worte zu denken: „Nobody dies a virgin... Life fucks us all.“
Ok, but fuck me tender.
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