23.04.2023 - 10:33 Uhr
Axiomatic
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Axiomatic
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46
Märchenschwan in Central Park
Ein kleiner Junge wartet geduldig während der Werbepause des Fernsehprogramms auf die Mainzelmännchen.
"Erleben Sie sich selbst! Bringen Sie den Zauber in Ihnen zum Ausdruck!"
Lass Dir eine Geschichte eines Schwans erzählen, lieber SiameseDream, eine, die den Werbeclip von Vanderbilt um einiges anders färben dürfte.
Auch ich wurde mit jener Werbung von Anfang an bombardiert. Während meiner beginnenden Teenagerzeit sollte die Verklärung der Reagan-Regentschaft in den Verstellten Staaten von Amerika in Gestallt eines pudrigen Orientalen ihren Ausdruck finden.
Heute steht er wieder vor mir, der flache Flakon mit dem geriffelten Schwan. Die Glaskunst von Lalique ist längst verflogen, geblieben ist Pressglas. Die Kappe aus Kunstoff mit Messingoptik und einem personalisierten Namenszug. Von der Verpackung ist nicht viel mehr zu erwarten, günstig gestanzt und rational in der Kolorierung.
Die logische Konsequenz der Gewinnmaximierung, für welche diese Kreation wie keine andere zu einer Zeit wirtschaftlicher Umbrüche stand.
Die Revolution frisst ihre Kinder.
Zisch!
Da ist sie wieder, diese hektische Ansammlung. Bestimmend die Ananas, bitter gefärbt vom Lavendel und in die Lüfte gehoben von den Aldehyden und dezenten Hesperiden.
Und die Zibetkatze faucht mich leise an, zeigt ihre manikürten Krallen. Ihr Fell elegant.
Ich bin am Grand Central Terminal in Manhattan angekommen und verlasse das hektische Gebäude am Ausgang zur 42. Straße.
Der Duft verschließt mir die Augen vor den wohnsitzlosen Bettlern an den Mauern des Bahnhofs, ich sehe nur die eleganten Ford Grand Marquis und die noch teurere Version von Lincoln vorbeifahren.
Ich schaue lieber nach Osten in Richtung East River. Das westliche Ende der Straße am Hudson River möchte einfach nicht zum Duft passen, insbesondere Hell‘s Kitchen.
Hier im Midtown ist alles noch intakt, die Wolkenkratzer, das elegante Auftreten.
Langsam übernimmt das Pudrige, süßlich verklärend. Gartennelke und Iriswurzel werden eklektizistisch eingesetzt, Guerlain wird aber hier um einiges überboten.
Ylang, Rose und Yasmin wirken sauber destilliert, ihr Lächeln ist so perfekt colgate-weiß. Wie diese makellosen Hostessen in den Empfangshallen jener Finanztürme.
Mit sanfter Stimme begrüßen sie nervöse Geschäftsleute der Dollarperipherie, welche ihre ausländischen Vermögen brav nach New York schaffen, um in ihren Ländern die damaligen Währungskrisen noch zu verschärfen.
Die Tuberose von Vanderbilt gleicht ihren Gattinnen. Sie warten geduldig, um endlich in Saks oder Macy‘s freigelassen zu werden. Dort, inmitten einer orchestrierten Einkaufsphantasie, werden sie für ein paar Augenblicke Königinnen spielen dürfen.
Ein dramatischer Auftritt!
In Zibetkatze gehüllt wie teure Pelze, in der Schminkabteilung bis auf die kleinste Schattierung zur vollkommenen Schönheit maskiert. Hier dürfen sie ihr Kreditlimit gerne überziehen.
Vielleicht werden jene Covergirls von ihren Gatten anschließend nach getaner Kaufbeschäftigung im Central Park auf Pferdekutschen präsentiert.
Vanderbilts Werbung verspricht mit Weichzeichner eine märchenhafte Romanze eines Schwans am See.
Und der Duft hält, was er verspricht.
Warme, sanft gezimmerte Sandelholz-Kutschen laden mit bequemen vanillierten Opoponax-Sitzen zu einer Fahrt entlang dieser elaborierten Gartenoase der Betonburg ein. Ein Hauch Zimt filtert zart würzig mit dem nebelartigen Rauch eines wohlerzogenen Vetivers die sonstigen Ereignisse des Parks.
Hübsche Moschus-Männer werden gerne mit Messern und Baseballschlägern traktiert, Muntermacher jener Dollarperipherie unter der Hand weitergereicht.
Aber all diese Störnoten kennt Vanderbilt nicht. Der Duft ist magisch einhüllend, er füllt den Raum mit einer äußerst wohligen pudrigen Blütenpracht.
Heute höre ich jenes Lied wieder und verstehe es.
Eine Mitschülerin wagte sich frühreif an Vanderbilt ran. Für die Schule lediglich den Köperpuder, fürs Kino oder kleinere Feiern das EdT.
Ihr Zuhause glich dem damaligen Manhattan.
Vanderbilt schuf ihr eine schönere Wahrnehmung, die Einrichtung edel, die Umgangsformen nach alter Schule.
Das eigensinnig Pudrige zeichnete die problematisch familiäre Fede und Kälte in Pastell.
Und sie verstand ihr Inneres gekonnt zu vertuschen. Selten habe ich eine dermaßen abgestimmte Schminke zum Duft erlebt. Ein wahres Kunstwerk.
Ihr Lied war „Total Eclipse Of The Heart“ von Bonnie Taylor.
Diese Sonnenfinsternis fängt Vanderbilt prima ein.
Im Video flüchtet sich die Sängerin in Phantasiewelten der exklusiven Art, alles schön mit Weichzeichner gefilmt - Gartennelke und Iriswurzel.
Schöne Jungs singen engelsgleich - Rose, Ylang und Jasmin.
Eine Bonnie mit rauchiger Stimme - Vetiver, Zibet und Tuberose - trauert um die lichte Liebe, welche nun im Schatten weilt.
Sie wünscht sich brennend eine Umarmung eines Phantasie-Adressaten mit schönen Augen.
Besser kann man den persönlichen und gesellschaftlichen Abgrund in jener Zeit und dessen Negieren nicht bebildern. Man verklärt das Gegebene und flüchtet sich in Soap Operas.
Für Vanderbilt gibt es keine Schattenseiten.
Er wird weiterhin gekonnt schön parfümieren.
Übrigens, das neue Hochhaus von Vanderbilt ist an der 42. Straße eingeweiht worden.
Nun hat der Duft eine bessere Sicht zum Central Park in der Ferne.
"Erleben Sie sich selbst! Bringen Sie den Zauber in Ihnen zum Ausdruck!"
Lass Dir eine Geschichte eines Schwans erzählen, lieber SiameseDream, eine, die den Werbeclip von Vanderbilt um einiges anders färben dürfte.
Auch ich wurde mit jener Werbung von Anfang an bombardiert. Während meiner beginnenden Teenagerzeit sollte die Verklärung der Reagan-Regentschaft in den Verstellten Staaten von Amerika in Gestallt eines pudrigen Orientalen ihren Ausdruck finden.
Heute steht er wieder vor mir, der flache Flakon mit dem geriffelten Schwan. Die Glaskunst von Lalique ist längst verflogen, geblieben ist Pressglas. Die Kappe aus Kunstoff mit Messingoptik und einem personalisierten Namenszug. Von der Verpackung ist nicht viel mehr zu erwarten, günstig gestanzt und rational in der Kolorierung.
Die logische Konsequenz der Gewinnmaximierung, für welche diese Kreation wie keine andere zu einer Zeit wirtschaftlicher Umbrüche stand.
Die Revolution frisst ihre Kinder.
Zisch!
Da ist sie wieder, diese hektische Ansammlung. Bestimmend die Ananas, bitter gefärbt vom Lavendel und in die Lüfte gehoben von den Aldehyden und dezenten Hesperiden.
Und die Zibetkatze faucht mich leise an, zeigt ihre manikürten Krallen. Ihr Fell elegant.
Ich bin am Grand Central Terminal in Manhattan angekommen und verlasse das hektische Gebäude am Ausgang zur 42. Straße.
Der Duft verschließt mir die Augen vor den wohnsitzlosen Bettlern an den Mauern des Bahnhofs, ich sehe nur die eleganten Ford Grand Marquis und die noch teurere Version von Lincoln vorbeifahren.
Ich schaue lieber nach Osten in Richtung East River. Das westliche Ende der Straße am Hudson River möchte einfach nicht zum Duft passen, insbesondere Hell‘s Kitchen.
Hier im Midtown ist alles noch intakt, die Wolkenkratzer, das elegante Auftreten.
Langsam übernimmt das Pudrige, süßlich verklärend. Gartennelke und Iriswurzel werden eklektizistisch eingesetzt, Guerlain wird aber hier um einiges überboten.
Ylang, Rose und Yasmin wirken sauber destilliert, ihr Lächeln ist so perfekt colgate-weiß. Wie diese makellosen Hostessen in den Empfangshallen jener Finanztürme.
Mit sanfter Stimme begrüßen sie nervöse Geschäftsleute der Dollarperipherie, welche ihre ausländischen Vermögen brav nach New York schaffen, um in ihren Ländern die damaligen Währungskrisen noch zu verschärfen.
Die Tuberose von Vanderbilt gleicht ihren Gattinnen. Sie warten geduldig, um endlich in Saks oder Macy‘s freigelassen zu werden. Dort, inmitten einer orchestrierten Einkaufsphantasie, werden sie für ein paar Augenblicke Königinnen spielen dürfen.
Ein dramatischer Auftritt!
In Zibetkatze gehüllt wie teure Pelze, in der Schminkabteilung bis auf die kleinste Schattierung zur vollkommenen Schönheit maskiert. Hier dürfen sie ihr Kreditlimit gerne überziehen.
Vielleicht werden jene Covergirls von ihren Gatten anschließend nach getaner Kaufbeschäftigung im Central Park auf Pferdekutschen präsentiert.
Vanderbilts Werbung verspricht mit Weichzeichner eine märchenhafte Romanze eines Schwans am See.
Und der Duft hält, was er verspricht.
Warme, sanft gezimmerte Sandelholz-Kutschen laden mit bequemen vanillierten Opoponax-Sitzen zu einer Fahrt entlang dieser elaborierten Gartenoase der Betonburg ein. Ein Hauch Zimt filtert zart würzig mit dem nebelartigen Rauch eines wohlerzogenen Vetivers die sonstigen Ereignisse des Parks.
Hübsche Moschus-Männer werden gerne mit Messern und Baseballschlägern traktiert, Muntermacher jener Dollarperipherie unter der Hand weitergereicht.
Aber all diese Störnoten kennt Vanderbilt nicht. Der Duft ist magisch einhüllend, er füllt den Raum mit einer äußerst wohligen pudrigen Blütenpracht.
Heute höre ich jenes Lied wieder und verstehe es.
Eine Mitschülerin wagte sich frühreif an Vanderbilt ran. Für die Schule lediglich den Köperpuder, fürs Kino oder kleinere Feiern das EdT.
Ihr Zuhause glich dem damaligen Manhattan.
Vanderbilt schuf ihr eine schönere Wahrnehmung, die Einrichtung edel, die Umgangsformen nach alter Schule.
Das eigensinnig Pudrige zeichnete die problematisch familiäre Fede und Kälte in Pastell.
Und sie verstand ihr Inneres gekonnt zu vertuschen. Selten habe ich eine dermaßen abgestimmte Schminke zum Duft erlebt. Ein wahres Kunstwerk.
Ihr Lied war „Total Eclipse Of The Heart“ von Bonnie Taylor.
Diese Sonnenfinsternis fängt Vanderbilt prima ein.
Im Video flüchtet sich die Sängerin in Phantasiewelten der exklusiven Art, alles schön mit Weichzeichner gefilmt - Gartennelke und Iriswurzel.
Schöne Jungs singen engelsgleich - Rose, Ylang und Jasmin.
Eine Bonnie mit rauchiger Stimme - Vetiver, Zibet und Tuberose - trauert um die lichte Liebe, welche nun im Schatten weilt.
Sie wünscht sich brennend eine Umarmung eines Phantasie-Adressaten mit schönen Augen.
Besser kann man den persönlichen und gesellschaftlichen Abgrund in jener Zeit und dessen Negieren nicht bebildern. Man verklärt das Gegebene und flüchtet sich in Soap Operas.
Für Vanderbilt gibt es keine Schattenseiten.
Er wird weiterhin gekonnt schön parfümieren.
Übrigens, das neue Hochhaus von Vanderbilt ist an der 42. Straße eingeweiht worden.
Nun hat der Duft eine bessere Sicht zum Central Park in der Ferne.
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