22.05.2020 - 09:57 Uhr
FvSpee
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28
Colonia statt Corona, No. 12: Ein Strom entspringt in Eden, den Garten zu bewässern.
Ganz streng betrachtet, ist "Eau de Guerlain" nicht für diese Serie qualifiziert, da es vom Hersteller nicht als "Cologne" bezeichnet wird, sondern als Eau de Toilette. Allerdings wird es fast durchgehend als Cologne behandelt und gehört zusammen mit Cologne du Parfumeur, Cologne du Coq und Cologne Impériale zur "Les Eaux"-Reihe des Hauses Guerlain, was einen Gastauftritt an dieser Stelle rechtfertigt.
Da wir schon beim Thema sind, sei vorab erwähnt, dass die Haltbarkeit dieses Duftes gemessen an einem klassischen Cologne lang, für ein Toilettenwasser jedoch kurz ist: etwa zwei Stunden aktive (mäßig raumgreifende) Projektion zuzüglich zwei bis drei Stunden hautnahen Residuums mache ich aus.
Der Quellaustritt dieses Wassers ist fulminant: Eine trotz winziger Spuren süßlicher Sorbetcremigkeit insgesamt hart-kristalline, extrem (nahe der Keimfreiheit) saubere, weiß-gelbe Zitrik mit leichter Auslehnung ins Maskuline. Voilà. Das sitzt. Hier muss ein Absatz folgen; diese Aussage muss für sich stehen, denn das ist der wesentliche erste Eindruck, der bei einem (Quasi-) Cologne ja der wohl Wichtigste ist.
Basilikum und Kümmel aus der Kopfnote, Nelke und Sandel aus dem Herz und Moos aus der Basis könnten vermuten lassen, dass dieses Guerlain-Wasser einen Drall in Richtung grüne Powerhouse-Männlichkeit der 80-er oder braune Gewürzkölnerei der 60-er und früherer Jahrzehnte erfährt. Davon ist aber nichts zu spüren. In meiner Wahrnehmung führen alle diese Noten nur dazu, die hell gleißende Zitrik noch schärfer, mit gleichsam überzeichneten Kontrasten, einzustellen.
Das ist beeindruckend und bei großer Hitze gewiss effektreich kühlend, streift aber ein ganz klein wenig die Grenzen der Monomanie. Nach etwa einer halben bis vollen Stunde setzt dann allerdings eine unerwartete Drift in Richtung einer nicht nur grasigen, sondern fast schon fauliggrün-indolischen Note ein, die mich an den hochkontroversen, oft ins schwül-bedrohliche ausschlagenden Duft "Eden" von Cacharel erinnert.
Da Eden zwar ein Nominal-Neunziger ist, ich ihn jedoch immer, übrigens auch vom Design des Flakons und Kartons her, als Seelen-Siebziger empfunden habe, passt das ja auch zum Erscheinungsjahr 1974 dieses Duftes hier: Dem Jahr der erzwungenen Rücktritte Nixons und Brandts, des Todes Pompidous im Amt, der Revolutionen und Staatsstreiche in Äthiopien, Portugal, Griechenland und anderen Orts.
Diese Wendung ins Sumpfige, die ich dem Dreiklang aus Jasmin, Patschuli und Rose zuschreibe (der auch in "Eden" vorkommt) ist zwar nun eine hochüberraschende Entwicklung nach der fast starr strahlenden Zitrik des Beginns, ich hätte aber vielleicht doch gerne darauf verzichtet. Sie scheint mir ebenso wenig zu einem sommerlichen Frischewasser zu passen, wie der merkwürdige Stich (oder Hahnentritt) ins dreckig-animalische, den ich beim Eau du Coq vernehme.
Es tröstet ein wenig, dass die pudrig-trockene Frische der hautnahen Schlussphase dann wieder weitaus artiger und verträglicher daherkommt.
Für den Namen mag ich nur drei Punkte geben, da ich ihn allzu langweilig finde (oder, um mit Horst-Kevin zu sprechen, zu venerisch).
Fahndungsaufruf als Anhang:
Ich habe einige Ideen gesammelt, welche Düfte noch in dieser Serie, die den klassischen, frischen, leichten (in der Regel zitrischen) Colognes gewidmet ist, behandelt werden könnten.
Und ich überlege, irgendwann eine weitere Serie zur Erforschung der Welt der "braunen Colognes" zu starten: Duftwässer, die als "Cologne" oder "Kölnischwasser" firmieren und auch einen frischen Aspekt haben, aber satt mit Leder-, Gewürz- oder Barbershopnoten angereichert sind.
Für beide Reihen, die aktuelle und die vielleicht einmal folgende, ist natürlich keine Vollständigkeit angepeilt. Eher eine repräsentative Auswahl schöner, interessanter, markanter Düfte. Eine angemessene Vertretung möglichst von teuren und billigen Produkten und solchen aus mehreren Duftnationen (ich denke, gerade die "braunen Colognes" dürften z.B. auch stark in Amerika und in Spanien vertreten sein).
Meine bisherige Ideensammlung habe ich in meiner Sammlung unter "Colonia statt Corona offen" und unter "Serie braune Colognes geplant" abgelegt. Ich wäre sehr dankbar für gute Ideen zur Erweiterung dieses Zettelkastens, sei es per PN, Pinnwand, oder hier unter dem Kommentar. Vorausdank.
Da wir schon beim Thema sind, sei vorab erwähnt, dass die Haltbarkeit dieses Duftes gemessen an einem klassischen Cologne lang, für ein Toilettenwasser jedoch kurz ist: etwa zwei Stunden aktive (mäßig raumgreifende) Projektion zuzüglich zwei bis drei Stunden hautnahen Residuums mache ich aus.
Der Quellaustritt dieses Wassers ist fulminant: Eine trotz winziger Spuren süßlicher Sorbetcremigkeit insgesamt hart-kristalline, extrem (nahe der Keimfreiheit) saubere, weiß-gelbe Zitrik mit leichter Auslehnung ins Maskuline. Voilà. Das sitzt. Hier muss ein Absatz folgen; diese Aussage muss für sich stehen, denn das ist der wesentliche erste Eindruck, der bei einem (Quasi-) Cologne ja der wohl Wichtigste ist.
Basilikum und Kümmel aus der Kopfnote, Nelke und Sandel aus dem Herz und Moos aus der Basis könnten vermuten lassen, dass dieses Guerlain-Wasser einen Drall in Richtung grüne Powerhouse-Männlichkeit der 80-er oder braune Gewürzkölnerei der 60-er und früherer Jahrzehnte erfährt. Davon ist aber nichts zu spüren. In meiner Wahrnehmung führen alle diese Noten nur dazu, die hell gleißende Zitrik noch schärfer, mit gleichsam überzeichneten Kontrasten, einzustellen.
Das ist beeindruckend und bei großer Hitze gewiss effektreich kühlend, streift aber ein ganz klein wenig die Grenzen der Monomanie. Nach etwa einer halben bis vollen Stunde setzt dann allerdings eine unerwartete Drift in Richtung einer nicht nur grasigen, sondern fast schon fauliggrün-indolischen Note ein, die mich an den hochkontroversen, oft ins schwül-bedrohliche ausschlagenden Duft "Eden" von Cacharel erinnert.
Da Eden zwar ein Nominal-Neunziger ist, ich ihn jedoch immer, übrigens auch vom Design des Flakons und Kartons her, als Seelen-Siebziger empfunden habe, passt das ja auch zum Erscheinungsjahr 1974 dieses Duftes hier: Dem Jahr der erzwungenen Rücktritte Nixons und Brandts, des Todes Pompidous im Amt, der Revolutionen und Staatsstreiche in Äthiopien, Portugal, Griechenland und anderen Orts.
Diese Wendung ins Sumpfige, die ich dem Dreiklang aus Jasmin, Patschuli und Rose zuschreibe (der auch in "Eden" vorkommt) ist zwar nun eine hochüberraschende Entwicklung nach der fast starr strahlenden Zitrik des Beginns, ich hätte aber vielleicht doch gerne darauf verzichtet. Sie scheint mir ebenso wenig zu einem sommerlichen Frischewasser zu passen, wie der merkwürdige Stich (oder Hahnentritt) ins dreckig-animalische, den ich beim Eau du Coq vernehme.
Es tröstet ein wenig, dass die pudrig-trockene Frische der hautnahen Schlussphase dann wieder weitaus artiger und verträglicher daherkommt.
Für den Namen mag ich nur drei Punkte geben, da ich ihn allzu langweilig finde (oder, um mit Horst-Kevin zu sprechen, zu venerisch).
Fahndungsaufruf als Anhang:
Ich habe einige Ideen gesammelt, welche Düfte noch in dieser Serie, die den klassischen, frischen, leichten (in der Regel zitrischen) Colognes gewidmet ist, behandelt werden könnten.
Und ich überlege, irgendwann eine weitere Serie zur Erforschung der Welt der "braunen Colognes" zu starten: Duftwässer, die als "Cologne" oder "Kölnischwasser" firmieren und auch einen frischen Aspekt haben, aber satt mit Leder-, Gewürz- oder Barbershopnoten angereichert sind.
Für beide Reihen, die aktuelle und die vielleicht einmal folgende, ist natürlich keine Vollständigkeit angepeilt. Eher eine repräsentative Auswahl schöner, interessanter, markanter Düfte. Eine angemessene Vertretung möglichst von teuren und billigen Produkten und solchen aus mehreren Duftnationen (ich denke, gerade die "braunen Colognes" dürften z.B. auch stark in Amerika und in Spanien vertreten sein).
Meine bisherige Ideensammlung habe ich in meiner Sammlung unter "Colonia statt Corona offen" und unter "Serie braune Colognes geplant" abgelegt. Ich wäre sehr dankbar für gute Ideen zur Erweiterung dieses Zettelkastens, sei es per PN, Pinnwand, oder hier unter dem Kommentar. Vorausdank.
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