Mitsouko Eau de Parfum

Profumo
11.02.2010 - 12:52 Uhr
32
Top Rezension
10
Haltbarkeit
10
Duft

Trotzdem....

.... good ole Mitsouko nicht mehr ganz so eichenmoosig daher kommt - ich liebe es dennoch! Ich glaube Eduard Fléchier hat wirklich gute Arbeit geleistet und die Alternative wäre schließlich gewesen Mitsouko nicht mehr zu produzieren (wie jetzt mit Parure geschehen!). Nein, ich bin froh dass es noch da ist, immer noch wunderbar herb-bitter riecht - bin aber auch froh noch soviel altes Mitsouko in allen Konzentrationen zu besitzen, dass es vermutlich noch einige weitere Leben reichen wird! Ja, und wenn man mich einmal zwingen sollte - Gott bewahre! - mich für ein einziges Parfum entscheiden zu müssen, so würde ich unter lautem Protest entschlossen nach Mitsouko greifen, denn ohne Mitsouko geht gar nicht!
An die Männer: Bitte versucht das neue Mitsouko EdT, die vermutlich maskulinste Mitsouko-Version die es bisher gab - sie riecht einfach großartig auf Männerhaut!

Nachtrag, 13.01.11:

Apropos Konzentrationen: Mittlerweile habe ich alle neuen Mitsouko-Variationen (EdT, EdP und Parfum) wieder und wieder getestet, und werde den Verdacht nicht los, dass unentwegt daran herumgedoktert wird. Die neuesten ‚Batches’ riechen plötzlich wieder etwas moosiger, allerdings immer noch - wenn auch etwas weniger - Brot-artig wie die letzten, nach der umfassenden Reformulierung durch Edouard Fléchier. Hat man sich nun doch zu einer großzügigeren Verwendung von Orcinyl 3 oder Evernyl (od. Veramoss, ein Eichenmoos-Substitut) entschlossen?
Andererseits riechen die neusten Mitsoukos (vor allem das EdT) auch arg gebändigt, so als habe man sämtliche nicht-moosigen Noten gedimmt, um den moosigen größere Geltung zu verschaffen.
Am ausgeglichensten wirkt momentan das EdP – die vordem etwas zu laute Pfirsichnote ist ein wenig zurückgenommen, steht nun in besserer Balance zu den blumig-würzigen Herznoten und der bitteren Basis, die darüber hinaus einen delikaten animalischen Akzent enthüllt.
Das Parfum wiederum bietet – wie schon das alte Extrait – den vollen, diesmal neuen (also stärker Iris-betonten) Mitsouko-Sound, der allerdings von einem beinahe Teer-artigem Aroma begleitet wird. Ich weiß nicht, ob den Eichenmoos-Substituten diese Teer-Facette zu Eigen ist, oder ob diese absichtlich hinzugefügt wurde um dem dunkel-bitteren Grundton des Parfums mehr Gewicht zu verleihen – sie irritiert jedenfalls. Nach einiger Zeit aber verschmilzt sie zusehends mit den übrigen Noten und das Parfum entwickelt sich analog zum EdP.

Für Mitsouko-Liebhaber wie mich, sind diese ständigen, wenn auch mitunter minimalen Veränderungen ein ziemliches Wirrwarr und eine Zumutung. Andererseits kann ich aber auch verstehen, dass ein Duft mit einer solchen Geschichte (der Chypre-Duft schlechthin - eine Legende wie kaum eine andere!) nach einem derartigen Attentat, wie dem mehr oder weniger kompletten Verbot seines existenziell wichtigsten Inhaltsstoffes, wieder mühsam aufgerichtet werden muss. Peu-a-peu scheint man sich an die alten Fassungen (nur welche, es gibt so viele!?) herantasten zu wollen, während zeitgleich an adäquateren Ersatzstoffen für das inkriminierte Eichen- und Baummoos gearbeitet wird. Was wird also noch kommen?
An Mitsouko wurde schon so oft Hand angelegt – so z.B. in den 70er Jahren, als man einen Grossteil der Nitro-Moschusverbindungen verbot, oder zu Beginn der 90er Jahre als die Verwendung von Eichenmoos schon einmal gravierend eingeschränkt wurde und man allgemein auf das vermeintlich ungefährlichere Baummoos auswich, und zuletzt vor wenigen Jahren, als man mit den neuesten IFRA-Bestimmungen das Ende des klassischen Chypres einläutete. Immer wieder hat Mitsouko überlebt, irgendwie, und mit teilweise gravierenden Blessuren, und vermutlich stand es schon mehr als einmal zur Disposition. Dass man sich letztlich dagegen entschied es vom Markt zu nehmen (wie besagtes Parure), ehrt Guerlain, setzt das Haus aber auch beständig dem Vorwurf der Verstümmelung eines seiner eigenen Meisterwerke aus.

Dieses Meisterwerk schuf Jacques Guerlain mithilfe des nach herbem Pfirsich duftenden synthetischen Aldehydes C-14. Er integrierte es in das von François Coty entwickelte Chypre-Konzept (dessen Chypre soll ein arg bitteres Gebräu gewesen sein) und schuf somit ein delikat zwischen fruchtig und bitter changierendes Parfum. Diese beiden Grundpfeiler waren bis vor kurzem einigermaßen intakt. Nun aber ist der eine von beiden ziemlich ramponiert und man bemüht sich seither um Schadensbegrenzung.

Vermutlich wird Mitsouko nie mehr so duften wie es Jacques Guerlain geschaffen hat, und die Frage ob es nicht – angesichts der gravierenden Eingriffe - besser gewesen wäre, man hätte gleich einen neuen Duft im Geiste Mitsoukos geschaffen (siehe Opium oder Acqua di Parma´s Profumo), statt den alten mit aller Gewalt retten zu wollen, diese Frage stellt sich zurecht.
Ich kann sie jedoch nicht beantworten, da ich mit dem neuen Mitsouko einigermaßen zufrieden bin, obwohl ich mit dem alten aufwuchs, es mir vertrauter und auch ein bisschen lieber ist. Kommende Generationen aber werden das alte gar nicht mehr kennen (die Möglichkeiten dazu sind recht begrenzt, da Mitsouko zu den Düften zählt, die leider nicht gut altern – es oxidiert recht schnell) und eines Tages ausschließlich das neue Mitsouko-Aroma in der Nase haben.
Macht nichts.
Wir müssen sie nicht bedauern, denn wer weiß ob es nicht eines Tages wieder genau so duften wird wie früher. Und bis dahin haben wir immer noch das Neue – und das ist verdammt gut!
7 Antworten