Helmut Lang Parfum

Parma
07.03.2021 - 16:49 Uhr
19
Top Rezension
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Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft

Hautnah

Helmut Langs „Parfum“ reiht sich vom Duftcharakter her in seine namensgebende Linie ein, die zusätzlich aus dem „Eau de Cologne“ und dem „Eau de Parfum“ besteht. Weit weniger bekannt als seine beiden Geschwister, ist diese Version laut Duftpyramide dem „Eau de Parfum“ identisch (und dem „Eau de Cologne“ so gut wie), weist aber meiner Meinung nach zu beiden leichte Unterschiede auf, die ich auf eine etwas voneinander abweichende Akzentuierung der Duftnoten zurückführe.

In allen drei Düften steht das mandelige Heliotrop im Mittelpunkt, welches in Verbindung mit einem Moschuscocktail - v.a. Velvione, einem synthetischen Molekül - und einer maßvoll süßen Vanille einen weichen, erwachsen-intimen und an einen sanft-süßlichen Hautton erinnernden Charakter entwickelt. Dieser Dreiklang (Heliotrop - Moschus - Vanille) bildet das Grundgerüst.

Das „Eau de Cologne“ ist im Vergleich - nach üblichen Maßstäben - durch seinen anfangs leicht krautig-würzigen und dezent holzigen Einschlag, sowie eine minimal erhöhte Dosis an Moschus etwas männlicher ausgerichtet (im Grunde aber das Paradebeispiel eines Unisexduftes). Die beiden Parfum-Versionen wirken durch eine leicht intensivere Süße, die Beigabe von sinnlich-warmwürzigem und angedeutet erdigem Patchouli und den Wegfall der genannten männlich konnotierten Bestandteile etwas weiblicher.

Das Patchouli, als zweite Kraft neben dem oben beschriebenen Grundgerüst, ist im „Parfum“ ein bisschen zurückhaltender bemessen als im „Eau de Parfum“ und verleiht dem Duft eine spürbar erotische Note. Auch scheint mir die Süße in Nuancen moderater eingesetzt, wodurch er im Verlauf durchweg leicht frischer wirkt. Beide sind aber - ebenfalls nach heutigen Gepflogenheiten - sehr gemäßigt süße Düfte. Zum Vergleich ist beispielsweise der oft als unsüßer Vanilleduft beschriebene „Eau Duelle“ etwas intensiver in dieser Ausrichtung.

Im Gesamteindruck empfinde ich das „Parfum“ als lieblich-mandelig-vanillig-weich mit ganz dezentem Puderansatz und einer warmwürzig-erotischen Patchoulieinfärbung. Wie eine Haut, die mit einer sanften Mandel-Vanille-Lotion eingecremt wurde und auf der noch der Patchouliduft vom Vortag haftet. Dabei bleibt er so unaufdringlich wie dieses Bild klingt und zeigt sich in seiner klassischer Parfumeurskunst verhafteten, zeitlosen Modernität ebenso elegant wie entspannt bodenständig.

Ein wunderbar erwachsener, intimer, warmer, sanft-verführerischer Sauberduft, dessen ganz eigenständige hautähnliche Charakteristik ich noch bei keinem anderen Duft in so überzeugend unaufgeregter und mühelos wirkender Weise angetroffen habe - außer bei seinen Geschwistern. Diese stilsichere, souveräne Selbstverständlichkeit ist das, was mich neben seinem Duftcharakter am meisten an ihm fasziniert. Dadurch setzt er sich in meinen Augen von thematisch verwandten Düften Maurice Roucels wie z. B. Dans Tes Bras und Musc Ravageur (erotischer Hautton, beide für Frédéric Malle) ab. Die Arbeiten für Helmut Lang halte ich für seine besten.

**Randnotiz:**
Wer sich für diesen Duft interessiert - der leider in der Wiederauflage der drei bekanntesten Helmut Lang-Düfte (EdC, EdP, Cuiron) von 2014 nicht berücksichtigt wurde und meines Wissens bei seinem Erscheinen nur im 20 ml-Schüttflakon erhältlich war - benötigt viel Geduld und eine recht gut gefüllte Brieftasche, da er nur ganz sporadisch in den üblichen Internet-Auktionshäusern auftaucht und dann zu Liebhaber*innenpreisen. Lohnenswert ist der Erwerb bei entsprechender Duftcharakteristik-Affinität aus meiner Sicht aber allemal. Wen eine Spur mehr Patchouli nicht stört, ist mit dem im Prinzip duftgleichen „Eau de Parfum“ jedoch hervorragend bedient. Das gilt auch für die Wiederauflage.
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