Celima Extrait de Parfum

ParfumAholic
31.01.2023 - 10:48 Uhr
37
Top Rezension
9
Preis
10
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

Chypre-Düfte und ich?

Im Laufe meiner Parfumo-Jahre durfte ich zum Glück lernen, dass die persönlichen Duftvorlieben nicht in Stein gemeißelt sein müssen.

Chypre-Düfte mit ihrem Aldehyde-Inferno, dem ganzen Grünzeug und der Fülle an Blüten hat mich seinerzeit eher verschreckt als angesprochen. Einen Wohlgeruch konnte ich gleich gar nicht für mich erkennen.

Doch dann, nach und nach und eher schleichend sollte sich das ändern. Ich lernte dank Parfumo so viele neue Duftnoten und Zusammensetzungen kennen, dass auch irgendwann Chypre-Düfte dazu kamen.

Die „bissigen“ und zu seifigen Aldehyde-Vertreter der Gattung liegen mir auch heute noch nicht, aber wenn es feine Arrangements sind, habe ich deren Vorzüge mittlerweile durchaus erkannt. Auch die Rückbesinnung auf „Vintage-Düfte“ (hier insbesondere Guerlain) hat mich wirklich bereichert. Wobei der modernste und außergewöhnlichste Chypre-Duft bisher „Cosmic“ von Solange Azagury-Partridge war und ist.

Doch nun ist dank eines Sharing Celima aus dem Haus Henry Jacques in mein Leben getreten
Und was soll ich sagen?

Celima hat mich direkt im Sturm erobert und stellt eine ernsthafte Konkurrenz zu Cosmic dar.

Ganz wundervoll feinseifig (ich möchte fast von feinperlig sprechen) startet der Duft. Es pritzelt ein klein wenig, was aber sehr angenehm ist.
Mit feinstem Rum sehr behutsam getränkte, reife Bitterorange und würziger Koriander nehmen beherzt ein Bad darin, so dass sich ihre verschiedenen Aromen perfekt mischen.
Ylang-Ylang steht etwas am Rand und fragt sich, was das etwas übermütige Rumalbern soll? Sie mag nicht mitten drin sein, ihr genügt das Zuschauen aus sicherer Entfernung. Trotzdem wird sie wahrgenommen, denn sie ist schließlich eine stolze und anmutige Erscheinung.
Patchouli wirft der Aldehyde-Bande schnell noch einen feinwürzigen Ball zu, der gern genommen und in das Spiel eingebunden wird.
Die großen Sandelholz-Bäume werfen langsam ihre Schatten auf das fröhliche Treiben, das sich langsam dem Ende entgegen neigt. Der aufgehende Vanille-Mond in zartem Gelb gehalten wirft ein schönes, weiches Licht auf die Szene.

Für mich ist Celima ein absoluter Ausnahme-Chypre, super ausbalanciert, nicht zu seifig, nicht zu grün und nicht zu blumig. Ganz im Gegenteil, Celima ist trefflich verwoben und wirkt kühl, aber dennoch herzlich, ernst, aber nicht traurig. Und Celima legt eine gewisse Leichtigkeit und Lebensfreude an den Tag, die fast ansteckend ist. Eigentlich ein Duft voll von gegensätzlichen Eigenschaften, die aber wahrscheinlich genau dessen Charme ausmachen, dem man sich kaum entziehen kann / mag.

Nie, aber auch wirklich niemals, hätte ich mir träumen lassen, mal so etwas über einen Chypre-Duft zu schreiben.
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