TVC15
13.03.2010 - 20:41 Uhr
29
Sehr hilfreiche Rezension
7.5
Haltbarkeit
2
Duft

Lieber im Mief ersticken als in der Kälte erfrieren

Fenster zu, Heizung an, Arte-Kulturprogramm. Natürlich kann man hier die gängigen Männerklischees aus der Parfümwerbung gleich in der Schublade lassen. Keine nackten Oberkörper, weder Bade- noch Cargohosen - eher Alfred Biolek beim Abstauben seines Gewürzregals. Riecht schonmal nicht sehr aufregendend. Nervigerweise, aber nicht ganz unpassend, ist jedes zweite Wort, das man zu diesem Duft liest, "Lutens", was mich sehr vorsichtig an den Marquis herangehen ließ, erwartete ich doch zugegebenermaßen die üblichen akademischen Kammerspiele.

Das Intro überraschte mich allerdings positiv mit einer unerwartet lebendigen Fruchtigkeit, welche mir die Ingredienz Davana vorstellte. Nun ja, man muss nicht alles wissen, man muss nur wissen, wo es steht: ein Korbblütlergewächs, das nach Mango riecht. Kann hinkommen, aber jedes andere Obst mit weniger Ayurveda im Namen hätte es sicherlich auch getan.

Danach ist dann auch schnell Schluss mit lustig und es beginnt die harzige Muff-Phase, die ich schon bei vielen anderen olfaktorischen Sperenzchen zu hassen lernte. Elemiharz und Labdanum schlagen erbsensuppenartig Blasen. Das Wort Labdanum leitet sich übrigens vom syrischen "Ladan" ab, was "klebriges Kraut" bedeutet. Nur zur Abschreckung. Die Allerweltszutaten Kardamom und Koriander wirken wie No-Name-Darsteller, da man das Budget schon für die Special Effects verplempert hat. Als sich dieser planlose Dunst bei mir gerade zum "Ali Baba light" entwickeln will, verlautet aus gut unterrichteten Kreisen, dass "1740" ein...äääh..."Waldduft" sein soll?! Robin Hood - Männer in Gaultier-Strumpfhosen?

Was das nun alles mit Marquis de Sade zu tun hat, weiß selbst Gérald Ghislain, bekennender Lebemann und Schöpfer des etwas löchrigen "Histoires de Parfums"-Konzepts, nicht so genau; er merkt gerade mal an, dass der Duft dem Marquis bestimmt gefallen hätte. Wahrscheinlich wäre der gar nicht wählerisch gewesen, denn wie alle geschichtsinteressierten Parfümliebhaber mal nachgelesen haben, stank es im Paris des 18. Jahrhunderts entsetzlich.
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