Love is in the Air 2012

Palonera
28.12.2016 - 11:23 Uhr
18
Top Rezension
8
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft

die duften Kinder jener Zeit

Ich weiß es wohl, ich weiß: Ausgewiesene Frühlingsdüfte testet man nicht im Winter, ganz sicher nicht zur Weihnachtszeit.
Doch ich hatte ihn mir aufgespart, den letzten Kandidaten des House of Sillage, das Röhrchen mit dem schönen Namen "Love is in the Air".
Was liegt nicht alles in der Luft zum vorgeblichen Fest der Liebe: Tannenzweige, Bienenwachs, Glühwein, Zimt, gebrannte Mandeln, Gänsebraten und so fort – von unterschwelligen Konflikten, altem Zank, verstecktem Hader wollen wir erst gar nicht lesen.
Diesmal, so dachte ich, sollte es auch Liebe sein, die olfaktorische, gesprühte.
Nicht die gefühlte, echte Liebe – diese Liebe hatte bereits ihr Zuhause in meinen Armen, seinem Lächeln, meinem Schoß.
Doch ein Duft, der Liebe im Namen trug, würde dieserzeit nicht falsch sein - so dachte ich, so hoffte ich...

...und lag nicht ganz verkehrt, denn gar so frühlingshaft, wie "Love is in the Air" auf andere Nasen wirkt, entwickelt sich der Duft dann nicht - nicht bei mir, nicht auf meiner Haut.
Ein kurzer Augenblick junger, frischer Pflaumensüße eröffnet, für die man keine Pyramidenkenntnis braucht, um sie zu benennen – Orangen kullern allenfalls im Hintergrund umher und können ebenso gut real wie eingebildet sein.
Sehr schnell wird "Love is in the Air" wärmer und zunächst auch süßer, zuckriger fast, bevor sich nach wenigen Minuten florale Noten über die Früchte legen und deren Süße dämpfen.
Rosen könnten es sein, Jasmin könnte es sein – nichts ist hier klar konturiert, was ich freilich nicht als Schaden werte, und wird gestützt von zurückhaltend-herbem Holz.
Tropisch-dunkle Vanille scheint auf, nicht gelistet, jedoch für meine Nase deutlich und sich verstärkend mit der Zeit.
Ein freundlich-bunter Blumenstrauß mit Blattgrün, kleinen Zweigen, drumrum ein Schleier Vanilledunkelgold.
Das paßt zum Frühling, doch auch zur Weihnachtszeit.
Denn bald schon dominiert die Pflaume, verdrängt Hand in Hand mit der Vanille jeden Gedanken an Frühlingsblumen und versetzt mich peu à peu in Herbst und schließlich Winter.
Reif sind sie, die Pflaumen, fast schon überreif, süffigsüß, jedoch nicht musig, zimtig, schnapsig gar – ich denke an die eingelegten Pflaumen meiner Großmutter, an ihren süßen, klebrigroten Saft.

Und ich denke zurück an die Achtziger, die frühen Neunziger mit ihren opulenten, sinnlichen Vollweib-Düften – Düften wie "Roma", "Trésor" und "Vendetta", Valentinos Blutrache, an die "Love is in the Air" mich erinnert, ohne ihr Zwilling zu sein.
Kein Zwilling – doch hier wie bei allen bisher getesteten Düften des House of Sillage finde ich Anklänge, Anlehnungen, Assimilationen, die Erinnerungen evozieren an vollmundige, kraft- und prachtvolle Kreationen, die Zeichen setzten in ihrer Zeit und weit über sie hinaus.
Die eindeutig waren in An- und Aussage, Aufmerksamkeit suchten und fanden – und für die ihre Trägerin alles sein durfte, jedoch gewiß nicht schüchtern.
Mark Buxton, so will mir scheinen, zitiert sich in "Love is in the Air" ein wenig selbst mit Anklängen an Chopards "Mira-Bai", die kleine Schwester von "Casmir", und Salvador Dalís "Laguna" - die duften Kinder jener Zeit, die auf die Welt zu bringen er als Nase half.
Vielleicht reist ja auch Buxton gern in die Vergangenheit...

PS: Franfan - danke!
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