Chnokfir
Hilfreiche Rezension
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Die Frage nach der Kernkompetenz
Welche Geschenke machte mein Grossvater meiner Oma in den 1950er und 1960er Jahren so? Es waren Rowenta Dampfbügeleisen, Fissler Dampfkochtopf und Rosenthal Mocca-Sammeltassen. Ist auf etlichen Weihnachtsbildern in zahllosen Familienalben amtlich belegt. Mein Vater beschenkte meine Frau Mama dagegen schon mit goldenen Uhren von Junghans, Pelzmänteln und leider namenlos verbliebenen Schaumbädern. Nun, ich würde meiner besseren Hälfte gerne mal den einen oder anderen schönen Duft schenken. Nachdem sie sich allerdings in diesen Dingen nicht auf mich verlassen möchte, muss ich mich schweren Herzens auf andere Präsente verlegen.
Schöne Wäsche? Immer gerne, zumal da ja Beschenkte und Schenkender gleichermassen was von haben. So was ist sexistisch und niveaulos, würde ein befreundeter Mann jetzt sagen. Pah, der traut sich nur nicht allein in ein Wäschegeschäft ohne blutrot anzulaufen, sage ich.
Da trifft es sich gut, dass in der Stadt eine neue Filiale von Hunkemöller eröffnete und ich gerade allein unterwegs war. Schnell fragte ich mich, wer denn die Zielgruppe neongrüner Spitzenwäsche sein möge und die Antwort kam genauso schnell. Ebenso wunderte ich mich über die Aktionsangebote, bei denen man mit Erwerb eines Spitzen-BHs, eines dazu passenden Strings, eines Strumpfhalters und entsprechenden Strümpfen ein paar extradicker, flauschiger Cosy-Socken mit Schleifchen und Leoparden-Print gratis dazu bekam. Sich seine Frau in dieser Kombination vorzustellen ist fast schon unverzeihlich. Aber, na, wenigstens bekommt sie keine kalten Füsse. Und während ich so stöbere und schaue und mich frage, womit ich ihr die meiste Freude bereiten könne, schweift mein Blick magisch angezogen von einem String-ouvert über Bridget-Jones-Formwäsche in „nude“ zu den hauseigenen Parfums. Die Welt um mich herum hörte auf zu existieren, die beiden Düfte mussten getestet werden ...
Nackt stehen die Flakons in der Hunkemöller-Welt, ganz ohne Karton. „Sexy Pink“ ist ein runder Handschmeichler in Klarglas und einer rosa Flüssigkeit. Der schwarze Aufdruck dezent mit Name, Hersteller, Schleifchen und stilisiertem Korsett. Darüber ein etwas fantasieloser Plastikstöpsel auf einem leider nicht allzu fein sprühenden Knöpke. Nicht aufregend, nicht sonderlich einfallsreich, aber OK.
Der Duft ein Traum(a) aus Zucker. Süsse Früchte und süsse Blumen. Mehr mag mir zu den synthetischen Noten nicht einfallen. Der Hersteller spricht von „Fresh & Sweet“, nur bleiben bei mir die frischen Noten aus. Mit der Zeit wird der Duft noch ein wenig pudrig, aber hauptsächlich bleibt es süss. Pink würde ich jetzt dazu assoziieren, aber sexy?
Das klingt jetzt nicht nett. Nein, ich will nicht immer nett sein. Schliesslich ist man ja hiermit auch nicht nett zu meiner Nase. Dafür hält der Duft dann aber erstaunlich lange. Gute fünf Stunden und die Süsse nimmt kaum ein Ende. Auch die Projektion ist schon ziemlich deutlich, in kleineren Räumen fast schon penetrant.
Dafür ist der Duft günstig. Kommt der Zielgruppe von Teenies und jungen Twens auch sehr entgegen. Positiv erwähnen möchte ich, dass es den Duft auch als praktischen 8ml-Travel-Sprüher aus Glas für die Handtasche gibt.
Bleibt am Ende neben der Frage, ob und was ich ihr bei Hunkemöller kaufte, noch offen, ob die Welt zwingend einen weiteren zuckersüssen Synthetikduft braucht. Ich finde nicht. Stattdessen sollte man sich bei Hunkemöller auf seine Kernkompetenzen beschränken: Wäsche und Dessous. Und das können sie.