Bees and Butterflies: A Fragrant Fable

Serenissima
02.02.2023 - 12:50 Uhr
11
Top Rezension
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft

eitler Schmetterling und fleißige Biene

Nach dem Testen einiger Kompositionen der Marke Ikiryō würde ich diese fast als Themendüfte bezeichnen.
Es wurden Geschichten in Düfte umgesetzt und zum Leben erweckt.
So auch in „Bees and Butterflies: A fragrant fable“.

In der Fabel „Bee and Butterfly“ erzählt Judith Weinshall Widerman von der Begegnung eines Schmetterlings mit einer fleißigen Biene.
Während der sehr eitle Schmetterling nur deshalb so eifrig von Blüte zu Blüte flattert, um in einer Schönheit bewundert zu werden, arbeitet die fleißige Biene und sorgt vor; sie hat keine Zeit sich in Szene zu setzen und auch der Spott des Falters, ihren Arbeitseifer betreffend prallt von ihr ab:
Was will dieser eitle, wenn auch schön bemalte Fatzke, der überall nur im Weg herumsitzt, eigentlich von ihr: Sie hat zu tun!

Ikiryōs „Bees and Butterflies: A fragrant Fable“ setzt diese kleine Geschichte in Duft um.
Suchen sich die Schmetterlinge nur Blüten, auf denen er seine Schönheit entfalten kann, haben unsere Bienen einen anderen Blickwinkel auf die reiche Pracht des Frühlings und des Sommers.
Sie beginnen schon früh im Jahr und besuchen die porzellanartigen Blütenschönheiten der Magnolien, bevor ihr Dienst in Sachen Honig im Sommer Hochsaison hat.
Prächtige Sommerblumen, Sonnenanbeter und inzwischen reif mit prallen Köpfen warten auf sie:
Jasmins große, einzelne Blüten mit den weißgefassten Goldgesichtern, deren verwandte Büsche auf denen sich „Jasmindolden wiegen, so wichtig wie das Rauschen eines ganzen Waldes“ (Max Dauthendey: Würzburg) bieten ihnen freundlich Platz und den Nektar ihrer weißen fünfblättrigen Blüten an.
Wissen sie doch: Die fleißigen Bienen habe noch viel zu tun, verweilen nur selten länger als den notwendigen Augenblick.
Denn es warten auch noch andere Sommerschönheiten auf sie, z.B. honigduftender Geißblatt; nicht umsonst Honeysuckle genannt, freuen sich über diesen Besuch.
Während die kleinen Arbeitsbienen ihre auserwählten Blüten besucht, wundert sich der Schönling Schmetterling: „Wie kann man nur so dumm sein!“ und beginnt sie zu verspotten.

Und doch weist der nach reifem Sommer duftende Inhalt des Flacons von „Bees and Butterflies: A fragrant Fable“ nur auf die fleißige Biene hin:
Sämiger goldener Honig mit den Aromen von frühlingshaften Magnolien und Sommerjasmin, strahlend weiß, üppig und sinnlich; von reifen, saftigen und süßen Pfirsichen in ihren prallen Samthäuten und überreich blühenden Geißblattranken bereitet der Haut einen prachtvoll duftenden Sommer.
Im Duftverlauf gesellt sich noch warme, reichhaltige Vanille dazu, gewürzt mit Labdanum.
Dieses ölige, aromatische Harz, das die Blätter und Zweige der bodenständigen Zistrosen unter Sonneneinstrahlung „ausschwitzen“, passt deshalb ganz ausgezeichnet zur Untermalung sommerlicher Blütenduftkompositionen.
Dass zu dessen Gewinnung die Hirten ihre Ziegen durch die Sträucher treiben, damit das Harz in deren Fell kleben bleibt und so leichter „geerntet“ werden kann, ist eine alte Geschichte, die immer wieder gern erzählt wird. Aber deren Haar treffen wir im Duft nicht an, nur ölige Würze.

„Bees and Butterflies: A fragrant Fable“ erzählt eine sommerliche Fabel, in der der Schmetterling, der eitle Geck, nur Staffage bleibt, während als Tribut an die fleißigen Bienen und zur Abrundung dieser Duftkomposition noch das reiche Aroma feinen Bienenwachses beigefügt wird:
So wird dieser Ikiryō-Duft meisterhaft abgeschlossen und somit auch dessen Pracht eingeschlossen:
Eingeschlossen in eine Duftkapsel aus Honig und Bienenwachs.

Hier finde ich eine helle und sommerlich-sonnige Kreation dieser Marke, die wie die dunklen, eventuell verwirrenden Duftgestalten auch eine Geschichte zu erzählen hat.
Diesmal ganz anders, als die beiden bereits von mir getesteten und besprochenen Duftkunstwerke.
Auch die Moral von dieser Fabel zeigt wieder einmal, wie wenig wert bloße Schönheit ohne erwähnenswerten Inhalt ist.

Und trotzdem bleiben Sillage und Haltbarkeit der Marke eindrucksvoll; sie geben auch hier Zeit, sich mit der komplexen Duftentwicklung auseinanderzusetzen.
Denn diese ist nicht nur eine Aneinanderreihung von gut komponierten Duftnoten; dieser Duft ist wieder ein Kunstwerk und um Kunstwerke zu verstehen, sollte man sich Zeit lassen, sich ihnen deshalb auch öfter widmen.
Ikiryō bedenkt das bei all seinen Kreationen und schenkt diese deshalb außergewöhnliche Haltbarkeit und Duftnotenfülle.

Ich bin ganz ehrlich: Dies ist die schwächste Duftschöpfung der drei, die ich von dieser Marke getestet habe; es fehlt ihr das Besondere, das Außergewöhnliche.
Nun sind allerdings auch Blümchen, Schmetterlinge und Bienen im Gegensatz zur tiefen Duftschwärze „Othellos“ und den Gedanken zu „gequälten Seelen“ schon von Hause aus dazu verdammt, im Schatten zu stehen.
Wie diese beiden ist aber auch „Bees and Butterflies: A frangrant fable“ mehr ein Kunstduft, eine Umsetzung von Worten in Duft, als ein typisches Parfum; aber es lässt sich auch in besonderer Stimmung recht gut tragen.
Etwas Heimisches, Warmes und Behütendes umhüllt dann für einige Zeit und schließt den Alltag aus:
Diese Zeitkapsel aus Honig ummanteltem Blumenduft schließt sich sanft.

Und übrigens: Keine Sorge – der Schmetterling flattert fröhlich weiter von Blüte zu Blüte:
Er hat die Fabel nicht verstanden!

(Nach einer ersten Veröffentlichung meiner Gedanken zu dieser Komposition heute Vormittag wurde eine Überarbeitung nötig.
Deshalb bitte nicht wundern, wenn dieser Text bekannt vorkommt.)
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