Meggi
Top Rezension
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Klolivetiver
Imprinting startet mit einem Schock-Effekt. Unmittelbar nach dem Aufsprühen lautet die Spontan-Diagnose: Schriller Hesperidien-Overkill ergibt WC-Reiniger. Das muss man einfach aussitzen. Dauert auch nicht lange. Nach wenigen Minuten wird das Zitrische nämlich ergänzt um die Speerspitze der Herznote – die Olive. Ob allerdings im Mittelmeerraum die Kloreiniger womöglich so riechen, ist eine spannende Frage, die an dieser Stelle unbeantwortet bleiben muss. Es handelt sich ohne Zweifel um grüne Olive, die mich durch die Kombination mit den Zitrusnoten des Beginns an die Zubereitungen erinnert, die es an den fahrenden Ständen mit mediterranen Spezialitäten vielerorten zu kaufen gibt.
Die grüne Olive ist nicht nur Vorreiter, sondern gleichzeitig Kern der Herznote. Ihr typischer Geruch bleibt über Stunden, die anderen Bestandteile sind Beiwerk. Die sanfte Orangenblüte sorgt dafür, dass die säuerliche Oliven-Note nicht allzu spitz ausfällt. Jasmin steuert einen winzigen Hauch von Sauberkeit bei, die jedoch nie die Grenze zum Seifigen überschreitet.
Den Übergang zur Basis bemerkt man kaum. Behutsam schleicht sich statt der Olive das Vetiver herein und sorgt mit einem verblüffend ähnlichen Geruchseindruck dafür, dass der Charakter des Duftes lange erhalten bleibt. So was in der Art hatte Frau Casoli bereits mit dem Leder in "Aventure" durchgezogen – großartig finde ich das. Ob es sich beim Eisenkraut tatsächlich um genau diese Art Verbene handelt, kann ich nicht sagen. Meines Erachtens könnte es ebenso gut Zitronenverbene sein, jedenfalls scheint mir die zitrische Note der Basis diese Möglichkeit zuzulassen. Echtes Eisenkraut kenne ich leider geruchlich nicht aus eigener Erfahrung. Möglicherweise mischt es sich aber mit der Zitrone eben genau zu diesem anderen Dufteindruck und die letzten vier Sätze dieses Absatzes sind reines Geschwätz.
Exquisite Milde bietet der Moschus. Wunderbar in seiner angenehmen Unaufdringlichkeit. Da ist nichts muffig oder ölig. Die Kombination aus Vetiver und vielleicht Olivenresten auf der einen sowie dem Herb-krautig-zitrischen auf der anderen Seite sorgt für eine Frische in der Basis, die über Stunden hinweg anhält. So luftig kann Moschus also riechen.
Die Sillage ist recht schwach - vermutlich entspricht das der Konzeption. Denn soeben habe ich gelernt, dass beispielsweise "skin imprint" das sein kann, was wir im Deutschen gern unpoetisch als Knackfalten bezeichnen. Mithin muss man, um die merkwürdigen Assoziationen zu Kloreiniger und Marktständen zu voller Entfaltung zu bringen, mit der Nase schon sehr dicht an die Haut. Die Umgebung nimmt das nicht so wahr (jedenfalls meine); der Duft ist tragbar.
Die Haltbarkeit ist völlig in Ordnung. Wir befinden uns zwar nach spätestens sieben Stunden in der Basis, diese ist allerdings so außergewöhnlich, dass man sie in beachtenswerter Länge dem aktiven Teil des Duftverlaufs zurechnen darf. Rund fünf Stunden hält Imprinting zusätzlich auf diese Weise durch. Einmal dem Sohnemann die Haare waschen hat er auf dem Handrücken ebenfalls gut überstanden. Eventuell soll der Name auch auf diese Haltbarkeit anspielen.
Fazit: Ist die kurze Klo-Phase erst überstanden, haben wir es mit einem dezent-frischen Hautduft zu tun, der durch die Kombination aus Olive und Vetiver eine außerordentlich originelle Eleganz wahlweise eine zurückhaltend-frische Sportlichkeit vorweisen kann. Gut, dass auf dem Flakon "pour homme" steht, sonst wüsste ich das jetzt nicht. Ich finde den Duft nämlich definitiv unisex. Gewiss nicht jedermanns bzw. jederfraus Sache; ich kann mir gut vorstellen, dass sich daran die Geisterinnen und Geister sogar heftigst scheiden werden. Doch er ist auf jeden Fall einen Test wert.
PS: Die grobe Zusammenfassung des Duftverlaufs im Kommi-Titel soll – in epigonaler Anmaßung - eine Hommage an "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" von Michael Ende sein.