18.02.2015 - 06:08 Uhr
Siebter
49 Rezensionen
Siebter
Sehr hilfreiche Rezension
11
Zwei Badende verfolgen sich in einem Badehaus in Baden-Baden
Die Überschrift klingt etwas konstruiert, aber Mosaic erzählt laut der Webseite von Imaginary Authors genau diese Geschichte, basierend auf einem fiktiven Roman des ebenfalls fiktiven Autors Warren Hahn. Das auf sämtliche Düfte von Imaginary Authors angewandte Konzept erfundener Romane und deren Schriftsteller ist clever, denn es benötigt nur wenige nicht ausgeführte Informationen, um ein farbiges Paralleluniversum entstehen zu lassen. Die losen Enden verknüpfen sich dank der Vorstellungskraft des Trägers im Idealfall ganz von selbst – zumindest dann, wenn der umschriebene Duft es schafft, der Bildhaftigkeit der Umschreibung zu entsprechen.
Mosaic spielt also in Baden-Baden, die zwei Hauptprotagonisten (oder Protagonistinnen, das Geschlecht der beiden wird nicht erwähnt) erzählen abwechselnd, wie sie sich in einem Thermalbad namens „Friedrichsbad“ (welches tatsächlich existiert) gegenseitig von Badehaus zu Badehaus verfolgen. Mit steigender Hitze verdichtet sich laut Buchbeschreibung die erotische Wucht der Handlung, viel mehr wird eigentlich nicht preisgegeben. Wie gesagt, ein paar lose Enden sind eingeplant, die angedeutete Handlung und der sich aus dem Schauplatz ableitende Name des Romans / Parfums schaffen jedenfalls schon mal einen bildhaften Kontext.
Es fällt mir von Anfang an leicht, den Duft mit diesem Kontext zu verbinden. Er beginnt zitrisch, leicht bitter und mit einer an frische Küchenkräuter erinnernden Note, ist dabei aber angenehm trocken. Mosaic wirkt zunächst wie ein lupenreines Cologne, erfrischend, hell und spritzig, aber keinesfalls altmodisch. Die Trockenheit entwickelt sich schnell zu einem mineralischen, fast kalkartigen Grundton, was den Duft weiträumig erscheinen lässt.
Mosaic ist ein demokratischer Duft, seine Teile wirken absolut ausgewogen und gleichberechtigt. Die Art der Notensetzung erinnert mich sehr stark an die typische Kolorierung der Comics von Hergé, flächig, ohne Schraffuren oder Farbverläufe (ein Beispiel: https://tinyurl.com/lfv2eob). Die Transparenz wird zudem noch durch etwas gefördert, was in der Notenpyramide mit „Grundwasser” umschrieben wird; das klingt vielleicht ein wenig ambitioniert, umschreibt aber tatsächlich sehr gut die kühle und wässrige, dabei keineswegs aquatische Grundlage der Herzphase. Die grünen Kräuter der Eröffnung wandeln sich zu einer rohen, koniferigen Waldigkeit, die sich im Kontext von Kalkstein und Grundwasser aber kultiviert und saunaartig ausnimmt. Es besteht eine gewisse Nähe zu Artek Standard von Comme des Garçons, allerdings ist Mosaic noch weitaus transparenter und weniger aseptisch. Die Stimmung ist geprägt von Zurückhaltung und Achtsamkeit. Das „Friedrichsbad“ ist nach dem Vorbild der Renaissance gestaltet worden, ich stelle mir aber eher ein Badehaus im Jugendstil vor, es sind nur wenige Gäste anwesend.
Über weite Stecken verhält sich dieser Duft ziemlich linear, lediglich etwas kratzige Zeder und ein leichtes Regenaroma nuancieren ihn. Der Eindruck der Zurückgenommenheit täuscht ein wenig; ich empfand Mosaic zunächst als ziemlich hautnah, erst unter freiem Himmel bei recht rauem und kaltem Wetter bemerkte ich, dass er überaus präsent ist. Ein Grund sowohl für die Langlebigkeit als auch für sein etwas eigenwilliges Verhalten ist ISO-E-Super, welches ich sehr deutlich wahrnehme – noch eine Eigenschaft, die Mosaic mit Artek Standard teilt. Trotz der offensichtlich hohen Dosis wirkt diese cleane und holzige Badehallennote nicht übersteuert, sondern passt sich nahtlos an die anderen Elemente an, dabei genau wie sie ganz für sich stehend.
Trotz seines erzählerischen Ansatzes ist Mosaic im Grunde sehr einfach zu tragen, ohne dass man ihm dafür seine Eigenwilligkeit absprechen müsste. Ich bin mir sicher, dass seine ausdauernde Kühle im Sommer perfekt funktioniert. Die Gegenüberstellung von organischen und mineralischen Noten ergibt eine Art behutsam agierende Dynamik, die ich als sehr angenehm empfinde. Erst nach vielen Stunden, als ich schon längst nicht mehr mit einer Wende im Duftverlauf rechne, erscheint in Form einer süßwürzigen Eichenmoosnote doch noch eine Fliege in meiner Suppe. Kompositorisch ist das absolut nachvollziehbar, zum einen verleiht Eichenmoos dem Duft eine gewisse Retroatmosphäre, die stilistisch einen interessanten Bruch innerhalb eines ansonsten modernen Parfums darstellt, ein Bruch, der sich auch in der Aufmachung von Mosaic (bzw. den Düften von Imaginary Authors allgemein) widerspiegelt, zum anderen steht Eichenmoos, soweit ich weiß, doch traditionell für eine gewisse erotische Schwüle, wie sie sich auch in der Buchbeschreibung findet. Für mich persönlich steht das Eichenmoos in der Basis zu sehr im Vordergrund, zu sehr Reminiszenz an Düfte, die mir unzeitgemäß erscheinen.
Mosaic: keine Avantgarde, aber mit einem eigenwilligen und originellen Charme ausgestattet.
Mosaic spielt also in Baden-Baden, die zwei Hauptprotagonisten (oder Protagonistinnen, das Geschlecht der beiden wird nicht erwähnt) erzählen abwechselnd, wie sie sich in einem Thermalbad namens „Friedrichsbad“ (welches tatsächlich existiert) gegenseitig von Badehaus zu Badehaus verfolgen. Mit steigender Hitze verdichtet sich laut Buchbeschreibung die erotische Wucht der Handlung, viel mehr wird eigentlich nicht preisgegeben. Wie gesagt, ein paar lose Enden sind eingeplant, die angedeutete Handlung und der sich aus dem Schauplatz ableitende Name des Romans / Parfums schaffen jedenfalls schon mal einen bildhaften Kontext.
Es fällt mir von Anfang an leicht, den Duft mit diesem Kontext zu verbinden. Er beginnt zitrisch, leicht bitter und mit einer an frische Küchenkräuter erinnernden Note, ist dabei aber angenehm trocken. Mosaic wirkt zunächst wie ein lupenreines Cologne, erfrischend, hell und spritzig, aber keinesfalls altmodisch. Die Trockenheit entwickelt sich schnell zu einem mineralischen, fast kalkartigen Grundton, was den Duft weiträumig erscheinen lässt.
Mosaic ist ein demokratischer Duft, seine Teile wirken absolut ausgewogen und gleichberechtigt. Die Art der Notensetzung erinnert mich sehr stark an die typische Kolorierung der Comics von Hergé, flächig, ohne Schraffuren oder Farbverläufe (ein Beispiel: https://tinyurl.com/lfv2eob). Die Transparenz wird zudem noch durch etwas gefördert, was in der Notenpyramide mit „Grundwasser” umschrieben wird; das klingt vielleicht ein wenig ambitioniert, umschreibt aber tatsächlich sehr gut die kühle und wässrige, dabei keineswegs aquatische Grundlage der Herzphase. Die grünen Kräuter der Eröffnung wandeln sich zu einer rohen, koniferigen Waldigkeit, die sich im Kontext von Kalkstein und Grundwasser aber kultiviert und saunaartig ausnimmt. Es besteht eine gewisse Nähe zu Artek Standard von Comme des Garçons, allerdings ist Mosaic noch weitaus transparenter und weniger aseptisch. Die Stimmung ist geprägt von Zurückhaltung und Achtsamkeit. Das „Friedrichsbad“ ist nach dem Vorbild der Renaissance gestaltet worden, ich stelle mir aber eher ein Badehaus im Jugendstil vor, es sind nur wenige Gäste anwesend.
Über weite Stecken verhält sich dieser Duft ziemlich linear, lediglich etwas kratzige Zeder und ein leichtes Regenaroma nuancieren ihn. Der Eindruck der Zurückgenommenheit täuscht ein wenig; ich empfand Mosaic zunächst als ziemlich hautnah, erst unter freiem Himmel bei recht rauem und kaltem Wetter bemerkte ich, dass er überaus präsent ist. Ein Grund sowohl für die Langlebigkeit als auch für sein etwas eigenwilliges Verhalten ist ISO-E-Super, welches ich sehr deutlich wahrnehme – noch eine Eigenschaft, die Mosaic mit Artek Standard teilt. Trotz der offensichtlich hohen Dosis wirkt diese cleane und holzige Badehallennote nicht übersteuert, sondern passt sich nahtlos an die anderen Elemente an, dabei genau wie sie ganz für sich stehend.
Trotz seines erzählerischen Ansatzes ist Mosaic im Grunde sehr einfach zu tragen, ohne dass man ihm dafür seine Eigenwilligkeit absprechen müsste. Ich bin mir sicher, dass seine ausdauernde Kühle im Sommer perfekt funktioniert. Die Gegenüberstellung von organischen und mineralischen Noten ergibt eine Art behutsam agierende Dynamik, die ich als sehr angenehm empfinde. Erst nach vielen Stunden, als ich schon längst nicht mehr mit einer Wende im Duftverlauf rechne, erscheint in Form einer süßwürzigen Eichenmoosnote doch noch eine Fliege in meiner Suppe. Kompositorisch ist das absolut nachvollziehbar, zum einen verleiht Eichenmoos dem Duft eine gewisse Retroatmosphäre, die stilistisch einen interessanten Bruch innerhalb eines ansonsten modernen Parfums darstellt, ein Bruch, der sich auch in der Aufmachung von Mosaic (bzw. den Düften von Imaginary Authors allgemein) widerspiegelt, zum anderen steht Eichenmoos, soweit ich weiß, doch traditionell für eine gewisse erotische Schwüle, wie sie sich auch in der Buchbeschreibung findet. Für mich persönlich steht das Eichenmoos in der Basis zu sehr im Vordergrund, zu sehr Reminiszenz an Düfte, die mir unzeitgemäß erscheinen.
Mosaic: keine Avantgarde, aber mit einem eigenwilligen und originellen Charme ausgestattet.
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