Bertel
11.12.2012 - 14:44 Uhr
10
Hilfreiche Rezension
3
Duft

Im Vanille-Rausch

Hier nun der dritte der von mir unter die Lupe genommenen Schwarzlose-Düfte: "Rausch" von 2012, die erste Neukreation von Madame Nyberg. Hier ist im Vergleich zu den anderen Peinlichkeiten die Werbetrommel, obgleich weiterhin im geheimnisvoll raunenden Fasel-Modus, ja schon beinahe gemäßigt gerührt:

"Die ausgelassene Berliner Nacht.
Der Reiz: Würziger Roter Pfeffer & sensuelles Sandelholz.
Der mystische Suchtfaktor: Rauchiges Cypriol (LMR) mit magnetischem Patchouli Herz und verführerischer Vanillabohne (seit wann gibt es Vanille in Bohnen??)
Die Überhöhung: Eine animalische Verbindung von Amber und Oud."

Mein Problem dabei ist nur: Der Duft passt weder zum Namen noch so recht zur schwülstig formulierten Pyramide, ich finde kaum etwas davon im Duft wieder... Nach wenigen Sekunden atemlosem floralem Innehalten beginnt er mit einer gnadenlosen Attacke brutal-süßer Vollgas-Vanille mit süß-klebriger Sandelholzsoße die ich bis in den Rachen spüre, bei einem derart brachialen Gourmand-Anschlag schüttelt es mich vor Widerwillen. Gut, etwas pfeffrige Schärfe liegt dann zunächst noch wenige Minuten obendrüber, dann hat die Vanille ihr Pulver (haha...) etwas verschossen und es schleichen ein wenig des nunmehr süßlich-bitteren Sandelholzes und von mir aus vielleicht auch noch Patchouli (diese beiden zusammen kann ich in dieser oft anzutreffenden Beschaffenheit überhaupt nicht ausstehen) kaum unterscheidbar im recht sumpfigen Nebel drunter herum, und auch eine krautig-wurzlig-rauchige Note lässt sich dumpf erahnen (das ist wohl das Cypriol das die IFF-Tochter LMR produziert). Aber bitte: Amber? Und Oud?? Da gesellen sich im Drydown zu diesen bitter-dumpfen Schwaden bestenfalls ein paar Krümel Incense, etwas diffuses Räucherwerk bzw. ein paar Weihrauchdämpfchen, aber diese beiden nun wirklich nicht, zumindest in nennenswerter Qualität - da gibt es vieles weit besseres als diese unzusammenhängende und bemühte wacklige Konstruktion hier, davon ab lassen die süßsäuerlichen Schwaden die Details in meiner Nase in dieser Phase leider eh kaum mehr durch.

Insgesamt also ein leider sehr durchschnittlicher, in seiner sich dem Mainstream-Gourmand anbiedernden Beliebigkeit angesichts der verschenkten Möglichkeiten schon fast ärgerlicher Duft. Dass Madame Nyberg das um Klassen besser kann hat sie bei "1A-33" hinreichend bewiesen, es bleibt sehnlichst zu hoffen dass ihr bei ihrer nächsten Duftkreation für Schwarzlose etwas Besseres und Mutigeres einfällt als ausgerechnet wie alle anderen auch auf den Hype-Trend Gourmand zu setzen.
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