Collection Héritage - Vacances 2015

Version von 2015
Intersport
18.01.2022 - 08:17 Uhr
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Top Rezension

Nie mehr Schule

Patou hatte drei Titel im Programm die schon mal wegen ihrer Namen neugierig machen: Que sais-je? (1925), wie die Publikationsreihe der Presses Universitaires de France, in diesem Forum durch Edmond Roudnitska's Beitrag 'Parfumerie' (#1888) von 1980 bekannt, das später von Ellena - wem sonst - neuinterpretiert, wiederverfasst, übernommen wurde; Colony (1938) – Kolonie. Ein Parfum mit Ananas Note und u.a. in einem ananasförmigen (!) Flakon - wäre dieses noch in Produktion, die Debatten wären garantiert, und dann eben Vacances, ein Duft der zur Einführung des bezahlten Urlaub 1936 in Frankreich erschienen ist. Eine Buchreihe, koloniale Hirngespinste und soziale Änderungen.

U.a. hat sich MonsieurTest in seinem Text zur Wiederauflage von L'Heure Attendue (2015), die mittlerweile leider wieder eingestellte Collection Héritage unter Thomas Fontaine (samt Verweisen auf Kerléo und Alméras plus einem Finanzierungsplan) genau unter die Lupe genommen. Fontaine, der auch beim Le Galion relaunch vorzügliche Arbeit leistete, steckt hinter dieser Neuauflage von Vacances (2015). Frühere Versionen kenne ich noch nicht, doch soviel ist sicher: Ihm ist damit ein unglaublich guter, realistischer wie parfümierter Flieder gelungen, der den Gipfel der Glockenkurve zwischen dem natürlich-spährischen En Passant (2000) und dem würzig-opulenteren Désarmant (2013) einnimmt. Vacances wirkt in dieser Version durchaus modern, die Verbindung zu vergangenen Dekaden ist da, aber mir scheint dass Fontaine hier doch eher gewitztes re-engineering betrieben hat, das sich dezent aus dem historischen Fenster wagt, als lediglich eine perfekte Replik. Ein Duft, der genau so gut zwischen den Dekaden, im Frankreich des kleinen Nick bzw. dessen Mama Ende der 50er Jahre passen würde. Ferien-Akkorde. Wie hier von Pluto kommentiert, zum Auftakt eine ordentlichen Dosis Galbanum, die den Flieder kühler als sonst erscheinen lässt, in ausgelassener, doch eher grün-blütiger Gesellschaft, Hyazinthenschlieren, alles andere bleibt im Fliedernebel. Au point, raffiniert und hervorragend!
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