Monsieur NET 1956 Eau de Cologne

Monsieur NET (Eau de Cologne) von Jean Patou
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8.3 / 10 2 Bewertungen
Ein Parfum von Jean Patou für Herren, erschienen im Jahr 1956. Der Duft ist frisch-zitrisch. Die Produktion wurde offenbar eingestellt.
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Duftrichtung

Frisch
Zitrus
Grün
Aquatisch
Würzig
Bewertungen
Duft
8.32 Bewertungen
Haltbarkeit
6.52 Bewertungen
Sillage
5.02 Bewertungen
Flakon
6.46 Bewertungen
Eingetragen von ExUser, letzte Aktualisierung am 06.01.2022.

Rezensionen

1 ausführliche Duftbeschreibung
10
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Yatagan

395 Rezensionen
Yatagan
Yatagan
Top Rezension 22  
Eine Reliquie aus Gottesthal
Unkommentierte Düfte No. 70

„Eine Reliquie (von lat. reliquiae „Zurückgelassenes, Überbleibsel“) ist ein Gegenstand religiöser Verehrung, (…) Teil des persönlichen Besitzes eines Heiligen (...), Gegenstände (...), mit denen der Heilige in Berührung kam oder gekommen sein soll.“ (Quelle: Wikipedia).
In den Altären von Kirchen und Kapellen finden sich in aller Regel kleine Reliquien, zumeist von eben jenem Heiligen, dessen Name die Kirche führt.

A.D. 1212: Langsam, fast zärtlich hob der kleine Mönch mit dem schütteren Haar die Phiole mit der blassen, wohlriechenden Flüssigkeit aus der Vertiefung im Altar der alten, baufälligen Kirche St. Ägidius der vergessenen Abtei Gottesthal. Nachdem die Augustiner-Chorherren, die hier eine Weile ihrem heiligen Geschäft nachgegangen waren, das Kloster kurz nach 1200 verlassen hatten, stand es nun einsam und leer im Rheingau, nicht weit entfernt von der berühmten Stadt Mainz mit ihrem gewaltigen Dom, der mächtigsten Diözese der Christenheit. Nah am Zentrum der Macht und doch tief genug im Schatten eines Rheingauer Seitentals, um von den Mächtigen der Zeit nicht beachtet zu werden.

Die Phiole, die Bruder Rhabanus stahl, war jedoch keine der üblichen Reliquien: kein Splitter vom Kreuz Christi, kein Gewandrest einer der Apostel, kein Knöchlein vom Finger einer Heiligen, kein Blutstropfen eines Märtyrers…

Bei dieser blassen Flüssigkeit handelte es sich um eine, dem Heiligen Ägdidius von St. Gilles zugeschriebene Wundertinktur zur Heilung unzähliger Gebrechen; unendlich wertvoll, heiliger als jeder Blutstropfen aus seinem Leib, wundertätig.

Ägidius, 640 in Athen geboren, war über verschieden Umwege nach Südfrankreich gelangt, wo er sich mit den Heilpflanzen der dortigen Umgebung befasst haben musste und dort im seligen Alter von 80 Jahren verstarb. Die Legende vom Heiligen Ägidius wusste zu berichten, dass er sein hohes Alter trotz einer lebenslangen, schweren Wunde erreicht habe; geholfen hatte ihm sein Gottesglaube - und eine Tinktur, die er selbst aus den Pflanzen seiner neuen, südfranzösischen Heimat destillieren ließ. Ihr Name: Novum Egidii Tincturam, die neue Tinktur des Ägidius, kurz NET.

Bruder Rhabanus wollte mit seinem Raub nicht reich werden; das lag nicht in der Perspektive eines mittelalterlichen Menschen, schon gar nicht im Blick eines Mönches, dessen Ziel allein die ewige Seligkeit war. Sein Wunsch war vielmehr die Linderung seiner Leiden. Mit fast 50 Jahren galt er zu seiner Zeit als recht betagt; er wurde geplagt von Karies, Rückenbeschwerden und einer seit Langem nicht heilen wollenden Entzündung am rechten Unterarm, hervorgerufen wohl durch einen kleinen, scheinbar harmlosen Arbeitsunfall in der Küche der Abtei. Kurzum: Er hätte fast alles gewagt, um seine Leiden zu lindern, sogar einen Reliquienraub aus einer verlassenen Kirche. Was konnte schließlich schon geschehen, wenn sie für den ihr zugedachten Zweck, Gotteslob und Gebet um Fürbitte des Heiligen Ägidius, gar nicht mehr genutzt wurde, weil die Augustiner-Chorherren das Haus Gottes längst verlassen hatten?

Die Spur des kleinen, heiligen Mannes, der diese Phiole aus dem Altar von St. Ägidius im mittleren Rheingau geraubt hatte, verliert sich in den Wirren des frühen 13. Jahrhunderts. Vermuten dürfen wir jedoch, dass ihm, dem geweihten Mönch, dieses Sakrileg kein Glück beschert haben dürfte. Nehmen wir deshalb der Einfachheit halber und in Unkenntnis seines weiteren Schicksals an, dass er im Elend starb und die Flüssigkeit seine Altersleiden, anders als erhofft, nicht lindern konnte. Sei es, dass sie ihre Wirkung nur bei einem wirklichen Heiligen wie Ägidius entfaltete, sei es, dass ihre vermeintliche Heilkraft nur dem Wunderglauben des hohen Mittelalters geschuldet war und somit nie wirklich existierte, quasi allenfalls ein Placebo der mittelalterlichen Medizin.

Doch Legenden sind hartnäckig und so kam es, dass diese destillierte alkoholische Flüssigkeit mit dem Aroma der im kalten Norden seinerzeit noch gänzlich unbekannten Zitrusfrüchte, die jedoch seit dem Jahre 1000 im Mittelmeeraum und somit auch in Südfrankreich vermutet werden können, als eine Wunderflüssigkeit, ein aqua mirabilis, gelten durfte. Dem mittelalterlichen Menschen duftete sie wie das Wasser des Paradieses.

Und als im Zeitalter der Renaissance und der frühen Neuzeit die Kunst der Parfümeure nach Europa gelangte, schließlich sogar nach Köln im hohen europäischen Norden, war die Stunde von Ägidius' Wundertintkur gekommen. Über mehrere Jahrhunderte gepflegt und mehr schlecht als recht dem Original aus dem Altar nachempfunden, wurde das Rezept von NET aus den Abteien Gottesthal und Eberbach von Generation zu Generation gehütet und geschätzt und gelangte schließlich über einen Zisterzienser, der kurz nach 1900 ins jüngst wieder neu besiedelte Heimatkloster seines Ordens nach Citeaux ging, zurück nach Frankreich.

Auch Männer des geweihten Lebens müssen im wirklichen Leben leben und so geschah es, dass man in Citeaux Mitte der 1950er Jahre entschied, es könne nicht schaden, das legendäre Rezept in gute Hände zu geben, mithin lukrativ zu verkaufen. Zur Entschuldigung des damaligen Abtes muss gesagt werden, dass Citeaux inzwischen ein Kloster der Zisterzienser der strengen Observanz, der sogenannten Trappisten, geworden war. Dieser kontemplative Orden hatte wohl wenig Interesse an weltlichen Dingen, dafür umso mehr einen dringlichen Bedarf, die Zukunft des Klosters zu sichern. Frankreich ist ein laizistischer Staat, die Kirche führt ein vollständig getrenntes Nischendasein; es mangelte stets an monetärer Zuwendung.

Und in gute Hände gab man das Rezept tatsächlich, das seit dem Tode des kleinen Mönchleins im Jahre 1156 exakt 800 Jahre im Schatten des Rheingaus und anschließend in den ehrwürdigen Gemäuern von Kloster Citeaux still und geduldig auf seine Erweckung gewartet hatte: in die Hände des Hauses Patou.

Schade ist eigentlich nur, dass ihm keine allzu lange Zeit des Wirkens beschieden war. Wie sollen wir nun wissen, ob das Wunderwasser NET seinem Ruf gerecht wird und wahre Wunder zu wirken, Kranke zu heilen und Wunden zu schließen vermag?

Bleiben wir realistisch. Das heute mir vorliegende NET, denn ich bin einer der wenigen, die es noch besitzen, hat wohl rein gar nichts mehr mit der heiligen Tinktur des frommen Ägidius zu tun. Das Originalrezept wurde mangels Aufzeichnungen mühsam nachkomponiert, reformuliert würden wir heute wohl sagen, verwässert, verfälscht, zuletzt dem Kommerz geschuldet verdünnt.

Nur die Phiole, in der man es bis vor ca. 25 oder 30 Jahren noch kaufen konnte, habe noch die gleiche Form wie seinerzeit diejenige im Altar des Heiligen Ägidius, hört man sagen.

Wie aber riecht dieser Duft nun, abgesehen von den bereits erwähnten Zitrusnoten, dem Neroli, der Zitrone, der Orange, dem Bergamotte? Das ist doch eigentlich bei einem solchen Wunderwasser ganz gleichgültig, aber verraten sei noch, dass sich ein Strauß südfranzösischer Kräuter darin befindet: Rosmarin, Salbei, aber auch helle Blütendüfte und eine warme, holzige Basis.

Ein Rat noch für Schatzsucher: Versucht gar nicht erst, die Kirche von St. Ägidius und das Kloster Gottesthal zu finden. Die gab es zwar wirklich, inzwischen aber schon lange nicht mehr. Es steht nur noch ein Pfortenhaus. Alle anderen Gebäude wurden in späteren Jahrhunderten abgerissen. Kein Wunder! Schließlich fehlte die Wunderwasser-Reliquie seit allzu vielen Jahren.

Die wahre Geschichte verliert sich sowieso im Dunkel der Zeit.
17 Antworten

Statements

1 kurze Meinung zum Parfum
YataganYatagan vor 8 Jahren
10
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Wie die Werbung seinerzeit suggerierte, der richtige Duft für den distinguierten, aber sportlich interessierten Gentleman: zitrisch und klar.
0 Antworten

Diagramm

So ordnet die Community den Duft ein.
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