Chnokfir
13.07.2015 - 14:11 Uhr
18
Sehr hilfreiche Rezension
7.5
Flakon
7.5
Sillage
5
Haltbarkeit
1
Duft

Ultra-Frucht

Ultra – eines der düstersten und doch energiegeladensten Alben von Depeche Mode.
Ultra – ein Geschirrspülmittel, mit dem ein unverständlicher, haarloser Chefkoch aus dem Badischen in Berlin unter freiem Himmel Million von versifften Tellern blitzeblank schrubbt.
Ultra – ein Indie-Label, das Größen wie Tiesto, Deadmau5, Paul Oakenfold oder David Guetta unter Vertrag hat.
Ultra – eine Damenbinde, die so saugstark ist, dass sie von First Respondern gerne bei der Erstversorgung von abgetrennten Körperteilen und aufgerissenen Schlagadern benutzt wird.
Ultra – ein meist unverstandener Fußballanhänger.
Ultra-Male – ein Duft, …

Nun, in Zeiten der zunehmend verwässerten Sillage und Haltbarkeit bei bisherigen Düften muss man ein Zeichen setzen, wenn ein Duft ausgesprochen stark ist. Dumm nur, dass bereits alle anderen Hersteller Prädikate wie „Intense“, „Ultimate“ und „Extreme“ hyperinflationär in die Runde werfen. Etwas Neues muss her, ein weiterer Superlativ … „Ultra“.

Nun, so ultra-chic kommt der neue Flakon von Jean Paul Gaultier nun auch wieder nicht daher. Das langbekannte Döschen erstrahlt dieses Mal in einem düstern, fast ins Schwarze gehenden Dunkelblau, die Schrift mit dem Anker leuchtet rot. Der ebenso lang bekannte Torso ist ebenso dunkelblau, die mattierten Flächen erscheinen ein wenig heller. Nun, nicht dass man hier mehr erwartet hätte. Doch, dass man nicht überrascht wird kann man fast schon wieder als Enttäuschung werten. Sehen wir es positiv, in einer Sammlung macht sich dieser Torso sicherlich großartig und man wird auch nicht durch irgendeinen unnötigen Firlefanz von dem Duft abgelenkt.

Der Duft eröffnet sein Feuerwerk der guten Laune bei mir mit Süße. Zu einem Zeitpunkt, an dem meine Nase noch nicht vollends verklebt ist, nehme ich Ananas wahr. Es kann aber auch Johannesbeere sein oder Pfirsich. Konsultation der Pyramide lässt mich bei Birne staunen. Im Leben nicht! So eine Birne wird bei mir am Wochenmarkt nicht angeboten. Auf jeden Fall eine eher kandiert süße Frucht, der eine recht künstliche Anmutung anhaftet. Frische Noten? Nö! Minze? Nein! Würzige Akzente? Nicht bei mir. Die Fruchtigkeit klebt ein paar wenige Stunden, dann wird es weicher und vanilliger. Nicht unangenehm, aber immer noch recht synthetisch. Gleichzeitig nimmt auch die Ausstrahlung ab und der Duft wird schwammiger, vielleicht ein wenig herber, doch greifbar werden seine Noten nicht mehr. Immer wieder versuche ich den Duft nach ein wenig der altbekannten Le Male DNA zu ergründen. Fehlanzeige! Entweder nicht vorhanden oder meine Nase ist mit Früchten verstopft. Man denke an Michael Palin alias Ken in „Ein Fisch namens Wanda“.

Ist der Auftakt noch recht gehaltvoll, laut, stark und klebrig, so nimmt der erste Eindruck schnell ab, bleibt nach einer Stunde für weitere Drei Stunden auf seinem fruchtig-süßen Niveau, bevor er dann rapide abnimmt. Länger als sechs Stunden gebe ich ihm auf meiner Haut nicht, dann ist er auch für andere Nasen nur noch ein letztes Glimmen auf Nasenhaarlänge.

Im ersten Schnüffeln vermute ich einen Damenduft, doch fehlen hier die Blumen. Also ein weiterer Vertreter der fruchtig-vanillig-süßen Herrendüfte, wie sie in den letzten drei Jahren jeder Mainstream-Hersteller dem anderen Mainstream-Hersteller nachgemacht hat. Nun, an Einfallslosigkeit ist das kaum zu unterbieten und Ultra-Male reiht sich hier wunderbar ein. Daran kann auch der große und vielgepriesene Name des Parfümeurs leider nichts ändern. Der Duft wird seine Käufer und seine Liebhaber finden, dessen bin ich mir sicher. JPG und Le Male sind eine sicher Bank für gute Verkaufszahlen und auch männliche homo sapiens sind in den 15 Jahren nach Erreichen der Geschlechtsreife eine willkommene, da wenig reflektierende Zielgruppe.

Der eine oder andere Fußballanhänger wird Ultra-Male ins Stadion tragen, der eine oder andere Jüngling hiermit im Tanztempel zu Tunes von David Guetta seine Angebetete anbalzen. So sei es! Dann muss ich es wenigstens nicht riechen. Oder einen der anderen hundert Fruchtbomben, mit dem ich ihn verwechseln könnte. Ganz sicher jedoch nicht mit Le Male!
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