Antoine
Top Rezension
11
Nicht so überzeugend
Die Firma Jovoy wurde 1923 von der damals 31-jährigen Blanche Arvoy als Duft- und Kosmetikhaus gegründet, und lancierte bis 1926 einige anscheinend recht erfolgreiche Düfte. Die Jovoy-Parfums waren offenbar nicht nur wegen ihrem Duft, sondern auch wegen ihrer originellen, oft auf Haustiere bezugnehmenden Namen, und wegen ihrer ausgefallenen und schönen Flakons beliebt. Aber schon 1924 gründete Blanche Arvoy eine weitere Duftfirma (Parfums Corday), in der das Label Jovoy wenig später aufging – die Firma Jovoy gab es dann nicht mehr (zu den genauen Hintergründen habe ich bisher nichts im WWW gefunden). 2006 wurde die Firma Jovoy plötzlich wiederbelebt, und lancierte seither (unter anderem) die „7 Parfums Capitaux“ („Sieben Haupt-Düfte“). Zu den „7 Parfums Capitaux“ gehört Hesperidé.
Eternity hat mir ein Probenset der „7 Parfums Capitaux“ zukommen lassen (vielen Dank noch mal!), und ich teste mich gerade durch. Hesperidé war mein erster Testkandidat. Das ist laut Prospekt der Herstellerfirma ein zitronenbetonter Unisexduft. Auf mich wirkt er aber eindeutig eher feminin als maskulin, wobei die Einordnung als Unisexduft für meine Nase durchaus noch (gerade noch!) passt.
Hesperidé startet zitrisch-agrumig. Am prägnantesten ist für mich die Mandarine. Vielleicht liegt es an ihr, dass mich der Beginn - aber auch nur der Beginn - von Hesperidé etwas an die Kopfnote von Guerlains L’Instant (der ohne Magic) erinnert. Ziemlich rasch entwickelt sich dann eine pudrige Süße, die ich als eindeutig feminin empfinde. Von Zeder merke ich nämlich fast gar nichts, anscheinend drängeln sich bei mir Veilchen und Jasmin nach vorne, und so bleibt nicht viel, was den Duft maskulin oder auch nur unisexig wirken lassen könnte. Zur Basis hin passiert nicht mehr viel; der Duft ändert seine Richtung nicht mehr, er entwickelt auch keine als solche gesondert wahrnehmbare Basis, sondern er wird einfach nach und nach immer schwächer.
Ob der Duft große Ähnlichkeit mit einem bekannten Mainstream-Herrenduft hat, wie von Eternity befunden, kann ich nicht sagen, denn ich kenne mich bei den Herrendüften leider gar nicht gut aus. Aber wenn, dann dürfte es sich um einen Herrenduft der ziemlich süßen Sorte handeln … Echte Zitronenliebhaber werden meiner Einschätzung nach mit Hesperidé eher nicht froh, weil die Zitrusaromen doch recht gezuckert daherkommen.
Ich hatte mir von den Jovoy-Düften viel versprochen. Die tolle Story – Wiederbelebung eines Parfum-Hauses, das in den Roaring Twenties von einer gerade mal 31-jährigen Frau (Frau!) gegründet wurde, die ungewöhnlichen Retro-Flakons, die vielversprechenden Beschreibungen – aber so richtig überzeugt hat mich Hesperidés nicht. Das ist sicherlich kein grottenschlechter Duft, und bestimmt kann sich der/die eine oder andere in genau diese Nuance verlieben. Aber letzteres funktioniert bei fast allen Düften. Mir ist Hesperidés zu beliebig, zu sehr gewollt-und-doch-nicht-gekonnt. Und das interessante Drumherum reißt den Duft halt auch nicht raus.
Ein Probenset („Coffret“) mit den „7 Parfums Capitaux“ gibt es übrigens für 16 Euro plus Versandkosten bei Jovoy.com.