18.05.2014 - 06:16 Uhr

Yatagan
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Yatagan
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46
Herz der Finsternis
Unkommentierte Düfte No. 35
Herz der Finsternis heißt ein Roman des Schriftstellers Joseph Conrad (1857 - 1924), ein aus Polen stammender Autor, der seine Werke in englischer Sprache verfasste. Sein vielleicht berühmtester Roman „Herz der Finsternis“ spielt im kolonialen Afrika und ist eine Anklage gegen den europäischen Kolonialismus und seine fatalen Auswirkungen. Kongenial verfilmt wurde das Werk unter anderem von Francis Ford Coppola unter dem Titel „Apocalypse Now“, dabei aber vom Afrika des 19. Jahrhunderts in die Zeit und an den Ort des Vietnamkrieges verlegt. Buch und Film sind zwei Meisterwerke, gleichwertig in ihrer künstlerischen Bedeutung; beiden gemeinsam ist die düstere, finstere, verstörende Stimmung, die das Buch und den Film wie eine ständige Drohung durchziehen. Beides muss man durchstehen, aushalten, aber wenn es gelingt, ist es wie eine Läuterung.
Schon bei meinem ersten Test von Black Vines, der eine Neuauflage des Duftes „Betty‘s Black Jellies (ein Unikat, das John Pegg, der Parfumeur hinter Kerosene, seiner Mutter 2013 zum Geburtstag widmete) sein soll, hatte ich dieses Gefühl der Düsternis, der Bedrohung, der Apokalypse: ein Duft zum Geburtstag? Vielleicht ist das nur meine persönliche Wahrnehmung. Selbstverständlich kann man den Duft auch mit einer anderen Brille betrachten. Bleiben wir zunächst aber beim Herz der Finsternis.
Tatsächlich gibt es Weine, die wegen ihrer tiefdunklen Farbe als „schwarze Weine“ bekannt sind, so z.B. die Weine des Cahors, wo die Rebsorte Malbec als vin noir bezeichnet wird. Darüber hinaus könnte man auch an Branntwein denken oder - wenn man einen Schritt in eine ganz andere Richtung gehen möchte - an das Pen- and Paper-Rollenspiel „Das schwarze Auge“, in dem „schwarzer Wein“ als Synonym für eine Rauschdroge steht.
Und damit wären wir auch schon recht nah an dem, was Black Vines für mich ausmacht. Ein süßer, etwas berauschender Ton, der zwischen Würze und balsamischer Süße changiert, der nur eine maßvolle Entwicklung zeigt, dabei aber eine ganz enorme Haltbarkeit aufweist, während die Sillage aus meiner Sicht zum Glück eher nicht so wuchtig ist, wie man es nach dieser Beschreibung erwarten könnte. Andernfalls wäre nachdrückliches Auffallen mit diesem Duft garantiert.
Wenn bei den Duftnoten von Feige die Rede ist, dann darf man sich keinesfalls die grünen, frischen Exemplare vorstellen, die man z.B. in Philosykos von Diptyque zu riechen bekommt, sondern die gezuckerte, intensiv süß riechende und schmeckende Trockenfrucht. Auch hier fühle ich mich wieder ein wenig an Branntwein bzw. an Dessertwein erinnert, der einen feinen, alkoholisch-süßen Geschmack auf der Zunge hinterlässt.
Das ist aber bei weitem nicht alles, was es in Black Vines zu entdecken gibt: der Duft ist düsterer, ist erhabener und schwärzer als alle Feigen- und Weinassoziationen. Das Herz der Finsternis schlägt nur langsam, und da sind nach den ersten Eindrücken vor allem die Zimtnote und etwas tief Dunkelgrünes, das durch den Efeu oder auch die Tanne hervorgerufen werden könnte. Es erinnert an schweres Harz, Blätter und feuchte Rinde und mischt sich nach einer Weile mit weiteren holzigen Tönen.
Die in den Duftnoten darüber hinaus angegebenen Perubalsam und Vanille kann ich im Grunde nicht wahrnehmen, mir allenfalls einbilden. Vielleicht sorgen sie aber für die Süße des Duftes, die von Anfang an die Grundlage des Duftes bildet. Deutlich erkennbar ist dagegen wieder der Weihrauch, der hier aber nicht als klassischer Kirchenweihrauch (wie bei CdG Avignon oder Heeley Cardinal) auftritt, sondern eher an das Räucherritual einer schwarzen Messe erinnert.
Der Flakon mit seinem Metallschild, den ich selbst nur von Fotos der Website kenne, bisher nicht in Händen hielt, tut ein Übriges, dass man sich den Duft gut an Bord desjenigen Schiffes vorstellen könnte, mit dem der Protagonist aus „Herz der Finsternis“ durch die Flussläufe des unwegsamen, seinerzeit nur wenig erschlossenen Afrikas fährt und dabei immer wieder erschüttert ist von düsteren, bedrohlichen und rätselhaften Widerfahrnissen.
Der Duft bleibt, trotz gering voranschreitender Entwicklung, in dieser Balance aus dunkelgrünen, harzig-pflanzlichen und süß-balsamischen Noten, die sich beinahe perfekt die Waage halten, wobei die eigentliche Entwicklung darin besteht, dass der Duft sich immer weiter verdichtet, quasi eintrocknet, wie Dörrobst, das sich wandelt: immer süßer, immer weniger frisch.
Auf der Haut entwickelt Black Vines sich deutlich schöner als auf einem Duftstreifen. Der Duft will getragen, nicht nur gerochen werden.
Für mich kommt eine mögliche Bewertung zwischen 80 und 90% in Frage. Black Vines könnte es auf meine Wunschliste schaffen.
Wer Exzentrischem nicht abgeneigt ist, etwas mit wuchtigen Düften anfangen kann und dabei klassische Unisex-Düfte bevorzugt, die weder dem Herren- noch dem Damensegment zugeordnet werden können, für den dürfte dieser Duft geschaffen sein.
Warnung: Ein vorheriger Test ist unablässlich: das ist kein Duft, den man blind bestellen sollte.
Für Interessierte gibt es aber die unkomplizierte Möglichkeit auf der Homepage des Herstellers zu einem gerade noch akzeptablen Preis eine Probenset aller Düfte zu ordern. Das Set kommt stilecht im Metallkästchen (dem Cyberpunk-Image des Herstellers entsprechend) und war bei mir mit einer persönlichen Widmung von John Pegg im Inneren versehen. Die Pröbchen selbst sind klein (ca. 1 - 1,5 ml), reichen aber für mehrfaches Testen, da die Düfte so stark sind wie ihr optischer Auftritt.
Herz der Finsternis heißt ein Roman des Schriftstellers Joseph Conrad (1857 - 1924), ein aus Polen stammender Autor, der seine Werke in englischer Sprache verfasste. Sein vielleicht berühmtester Roman „Herz der Finsternis“ spielt im kolonialen Afrika und ist eine Anklage gegen den europäischen Kolonialismus und seine fatalen Auswirkungen. Kongenial verfilmt wurde das Werk unter anderem von Francis Ford Coppola unter dem Titel „Apocalypse Now“, dabei aber vom Afrika des 19. Jahrhunderts in die Zeit und an den Ort des Vietnamkrieges verlegt. Buch und Film sind zwei Meisterwerke, gleichwertig in ihrer künstlerischen Bedeutung; beiden gemeinsam ist die düstere, finstere, verstörende Stimmung, die das Buch und den Film wie eine ständige Drohung durchziehen. Beides muss man durchstehen, aushalten, aber wenn es gelingt, ist es wie eine Läuterung.
Schon bei meinem ersten Test von Black Vines, der eine Neuauflage des Duftes „Betty‘s Black Jellies (ein Unikat, das John Pegg, der Parfumeur hinter Kerosene, seiner Mutter 2013 zum Geburtstag widmete) sein soll, hatte ich dieses Gefühl der Düsternis, der Bedrohung, der Apokalypse: ein Duft zum Geburtstag? Vielleicht ist das nur meine persönliche Wahrnehmung. Selbstverständlich kann man den Duft auch mit einer anderen Brille betrachten. Bleiben wir zunächst aber beim Herz der Finsternis.
Tatsächlich gibt es Weine, die wegen ihrer tiefdunklen Farbe als „schwarze Weine“ bekannt sind, so z.B. die Weine des Cahors, wo die Rebsorte Malbec als vin noir bezeichnet wird. Darüber hinaus könnte man auch an Branntwein denken oder - wenn man einen Schritt in eine ganz andere Richtung gehen möchte - an das Pen- and Paper-Rollenspiel „Das schwarze Auge“, in dem „schwarzer Wein“ als Synonym für eine Rauschdroge steht.
Und damit wären wir auch schon recht nah an dem, was Black Vines für mich ausmacht. Ein süßer, etwas berauschender Ton, der zwischen Würze und balsamischer Süße changiert, der nur eine maßvolle Entwicklung zeigt, dabei aber eine ganz enorme Haltbarkeit aufweist, während die Sillage aus meiner Sicht zum Glück eher nicht so wuchtig ist, wie man es nach dieser Beschreibung erwarten könnte. Andernfalls wäre nachdrückliches Auffallen mit diesem Duft garantiert.
Wenn bei den Duftnoten von Feige die Rede ist, dann darf man sich keinesfalls die grünen, frischen Exemplare vorstellen, die man z.B. in Philosykos von Diptyque zu riechen bekommt, sondern die gezuckerte, intensiv süß riechende und schmeckende Trockenfrucht. Auch hier fühle ich mich wieder ein wenig an Branntwein bzw. an Dessertwein erinnert, der einen feinen, alkoholisch-süßen Geschmack auf der Zunge hinterlässt.
Das ist aber bei weitem nicht alles, was es in Black Vines zu entdecken gibt: der Duft ist düsterer, ist erhabener und schwärzer als alle Feigen- und Weinassoziationen. Das Herz der Finsternis schlägt nur langsam, und da sind nach den ersten Eindrücken vor allem die Zimtnote und etwas tief Dunkelgrünes, das durch den Efeu oder auch die Tanne hervorgerufen werden könnte. Es erinnert an schweres Harz, Blätter und feuchte Rinde und mischt sich nach einer Weile mit weiteren holzigen Tönen.
Die in den Duftnoten darüber hinaus angegebenen Perubalsam und Vanille kann ich im Grunde nicht wahrnehmen, mir allenfalls einbilden. Vielleicht sorgen sie aber für die Süße des Duftes, die von Anfang an die Grundlage des Duftes bildet. Deutlich erkennbar ist dagegen wieder der Weihrauch, der hier aber nicht als klassischer Kirchenweihrauch (wie bei CdG Avignon oder Heeley Cardinal) auftritt, sondern eher an das Räucherritual einer schwarzen Messe erinnert.
Der Flakon mit seinem Metallschild, den ich selbst nur von Fotos der Website kenne, bisher nicht in Händen hielt, tut ein Übriges, dass man sich den Duft gut an Bord desjenigen Schiffes vorstellen könnte, mit dem der Protagonist aus „Herz der Finsternis“ durch die Flussläufe des unwegsamen, seinerzeit nur wenig erschlossenen Afrikas fährt und dabei immer wieder erschüttert ist von düsteren, bedrohlichen und rätselhaften Widerfahrnissen.
Der Duft bleibt, trotz gering voranschreitender Entwicklung, in dieser Balance aus dunkelgrünen, harzig-pflanzlichen und süß-balsamischen Noten, die sich beinahe perfekt die Waage halten, wobei die eigentliche Entwicklung darin besteht, dass der Duft sich immer weiter verdichtet, quasi eintrocknet, wie Dörrobst, das sich wandelt: immer süßer, immer weniger frisch.
Auf der Haut entwickelt Black Vines sich deutlich schöner als auf einem Duftstreifen. Der Duft will getragen, nicht nur gerochen werden.
Für mich kommt eine mögliche Bewertung zwischen 80 und 90% in Frage. Black Vines könnte es auf meine Wunschliste schaffen.
Wer Exzentrischem nicht abgeneigt ist, etwas mit wuchtigen Düften anfangen kann und dabei klassische Unisex-Düfte bevorzugt, die weder dem Herren- noch dem Damensegment zugeordnet werden können, für den dürfte dieser Duft geschaffen sein.
Warnung: Ein vorheriger Test ist unablässlich: das ist kein Duft, den man blind bestellen sollte.
Für Interessierte gibt es aber die unkomplizierte Möglichkeit auf der Homepage des Herstellers zu einem gerade noch akzeptablen Preis eine Probenset aller Düfte zu ordern. Das Set kommt stilecht im Metallkästchen (dem Cyberpunk-Image des Herstellers entsprechend) und war bei mir mit einer persönlichen Widmung von John Pegg im Inneren versehen. Die Pröbchen selbst sind klein (ca. 1 - 1,5 ml), reichen aber für mehrfaches Testen, da die Düfte so stark sind wie ihr optischer Auftritt.
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