28.04.2014 - 12:58 Uhr
Yatagan
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Yatagan
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57
Death Metal: auf der Suche nach dem untragbaren Duft
Unkommentierte Düfte No. 31
Death Metal muss weh tun. Ist hart. Ist laut. Unterliegt seinen eigenen musikalischen Gesetzen, die ich nicht im Einzelnen ausführen will. Ist eine extreme Spielart von Heavy Metal.
Warum hört man solche Musik? Vielleicht weil man alles schon gehört, alles ausprobiert, ertragen und getestet hat. Da ist die Welt der Musik gar nicht so weit von der Welt der Düfte entfernt. Warum machen wir uns immer wieder auf die Suche nach neuen Düften? Oft lese ich: weil ich und wir auf der Suche nach dem Heiligen Gral seien. Ich bin mir nicht sicher. Für mich stimmt das vielleicht auch, aber nicht immer, eigentlich sogar immer weniger. In Wahrheit ist es oft umgekehrt. Wir sind übersättigt. Ein Luxusproblem? Nicht unbedingt. Übersättigt vielmehr von Duftkomponenten, die wir schon viel zu oft gerochen haben, in Deos, in bedufteten Supermärkten und Kaufhäusern, in parfumgeschwängerten Kosmetikartikeln. Wer kann das Immergleiche noch ertragen?
Folgen wir dieser These der Übersättigung, dann stellt sich ganz schnell die Frage, was wiederum daraus folgt: ein Ende oder ein Anfang?
Das Ende der Sammelleidenschaft bei einigen von uns. Eine erzwungene Pause, Atempause, bevor man sich wieder der Welt der Düfte zuwenden mag.
Oder:
Der Anfang der Sammelleidenschaft bei einigen von uns. Bei mir jedenfalls hat es zum tieferen Einstieg in die Welt ausgefallener Düfte geführt. Das mögen manche für abgeschmackt, überflüssig und dekadent halten. Mit diesem Vorwurf kann ich leben. Gut sogar. Sehr gern sogar. Irgendwann zwar wird es einen untragbaren Duft geben; einen Duft auf dem schmalen Grat zwischen hochinteressant und ungeeignet für jegliche Öffentlichkeit. Dann muss sich entscheiden, ob mich das noch fasziniert oder abstößt. Bis dahin ist aber noch ein wenig Zeit.
Auf Kerosene war ich vor vielen Monaten schon einmal gestoßen, hatte die Marke aber nicht intensiver beachtet. Erst mein Weg von Comme des Garcons über Roxana zu Aesop; von Soivohle über Aftelier zu CB I Hate Perfume und Lush führte mich wieder zu Kerosene. Bei der Suche nach ungewöhnlichen, mutigen Konzepten fielen mir die Kerosene-Düfte durchweg positiv auf, als ich die Duftpyramide studierte, über die Düfte in amerikanischen Blogs und natürlich auf Parfumo las - und Empfehlungen (Ralle: Dank!) prüfte. Auf Distanz hält zunächst allerdings die durchweg niedrige Durchschnittsbewertung. Wir wissen aber, dass das gerade bei extremen Duftkonzepten eher eine Frage der persönlichen Annäherung, der persönlichen Sympathie für ein bestimmtes Duftkonzept geschuldet ist, - aber nichts von der tatsächlichen Qualität der Düfte erzählt.
Aus diesem Grund habe ich schließlich direkt bei Kerosene in Amerika eine Duftbox mit zehn Duftproben (mithin von allen Düften der Marke, die derzeit erhältlich sind) bestellt. Ein teures Vergnügen. Aber eines, das sich gelohnt hat. Sehr sogar.
Während andere, von mir geschätzte Parfumos mit den Düften offenbar nicht viel anfangen können, sehe ich derzeit keinen einzigen, den ich mit weniger als 80% bewerten wollte. Ob das so bleibt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen, denn ich plane, die Düfte einer genaueren Analyse zu unterziehen, mehrfach zu tragen und ihre Wirkung auf mich zu prüfen.
Sicherlich sind sie kein weiterer Schritt ins Extrem: da ist der preiswerte, vergleichsweise einfach erhältliche LUSH Breath Of God von anderem Kaliber, vielleicht auch Comme des Garcons Sugi oder Guerrilla 1, ebenso alle Düfte von CB I Hate Perfume.
Eine Enttäuschung ist das aber nicht.
Vor allem Wood Haven hat es mir angetan. Für mich ragt der Duft qualitativ noch ein wenig aus den anderen Kerosene-Düften heraus.
Während die allerersten Momente der Kopfnote kurz nach dem Auftragen zunächst ein Crescendo von vielen, vielleicht zu vielen Noten ist, schält sich nach einer Weile ein klares Konzept heraus: Grapefruit und Wacholder - die Säure der Frucht und die scharfe und bittere Würze der Pflanze, der Beere. Die Bergamotte kann ich ebensowenig isolieren wie die holzigen Noten (vielleicht als Grundierung), die Schärfe von Pfeffer kann man ahnen, kaum identifizieren, die Zitrone geht in der Grapefruit unter, ebenso der Ingwer und der Vetiver. Was bleibt ist immer wieder und sehr lange die Grapefruit und der Wacholder mit einer Ahnung von Holzigem, auch aber eine weiche Basis (Ambra, Vanille, vielleicht Moschus vermute ich in dezenter Dosis).
Was macht der Duft mit mir - mit euch? Nun, zunächst schenkt er uns eine durchaus neue, gewöhnungsbedürftige Dufterfahrung. Anders, eher ausgewogen komponiert, weit von anderen Duftkonzepten entfernt, dabei aber gar nicht so kühn, so laut oder so rau wie es klingen mag. Doch eher die Metalballade, nicht der Death Metal.
Beim Flakon allerdings sind wir wieder bei der harten Musik für harte Menschen: alle Flakons zeigen den Charakter von Härte - mit einem Metallschild mit dem eingravierten Namen des Duftes aufgeprägt, wobei die Marke aktuell gerade das Flakondesign noch einmal geändert hat. Leider kann ich mich nur am Bild auf der Website orientieren. Genaueres könnten die beiden Besitzer (rechts) ergänzen. Alles in allem scheint mir das ästhetische Konzept großartig und dem Duft vollauf angemessen.
Die Haltbarkeit und die Sillage sind gut; insbesondere die Haltbarkeit schätze ich zwar nicht so hoch ein, wie im Durchschnittswert vermerkt, würde das Ganze aber gerne noch einmal mit einem Sprühflakon testen, bevor ich mich festlege.
Solange es Düfte wie diesen gibt, solange es Marken wie Kerosene, LUSH, Comme des Garcons, CB I Hate Perfume, Aftelier, Roxana, Soivohle und Aesop gibt, bin ich noch nicht am Ende der Reise angekommen.
Wer sich die passende Musik dazu besorgen möchte: ich empfehle als Hörbeispiele Insomnium, At The Gates, In Flames und Amon Amarth. Das mag für den Anfang reichen. Den Rest erledigt dieser Duft.
Death Metal muss weh tun. Ist hart. Ist laut. Unterliegt seinen eigenen musikalischen Gesetzen, die ich nicht im Einzelnen ausführen will. Ist eine extreme Spielart von Heavy Metal.
Warum hört man solche Musik? Vielleicht weil man alles schon gehört, alles ausprobiert, ertragen und getestet hat. Da ist die Welt der Musik gar nicht so weit von der Welt der Düfte entfernt. Warum machen wir uns immer wieder auf die Suche nach neuen Düften? Oft lese ich: weil ich und wir auf der Suche nach dem Heiligen Gral seien. Ich bin mir nicht sicher. Für mich stimmt das vielleicht auch, aber nicht immer, eigentlich sogar immer weniger. In Wahrheit ist es oft umgekehrt. Wir sind übersättigt. Ein Luxusproblem? Nicht unbedingt. Übersättigt vielmehr von Duftkomponenten, die wir schon viel zu oft gerochen haben, in Deos, in bedufteten Supermärkten und Kaufhäusern, in parfumgeschwängerten Kosmetikartikeln. Wer kann das Immergleiche noch ertragen?
Folgen wir dieser These der Übersättigung, dann stellt sich ganz schnell die Frage, was wiederum daraus folgt: ein Ende oder ein Anfang?
Das Ende der Sammelleidenschaft bei einigen von uns. Eine erzwungene Pause, Atempause, bevor man sich wieder der Welt der Düfte zuwenden mag.
Oder:
Der Anfang der Sammelleidenschaft bei einigen von uns. Bei mir jedenfalls hat es zum tieferen Einstieg in die Welt ausgefallener Düfte geführt. Das mögen manche für abgeschmackt, überflüssig und dekadent halten. Mit diesem Vorwurf kann ich leben. Gut sogar. Sehr gern sogar. Irgendwann zwar wird es einen untragbaren Duft geben; einen Duft auf dem schmalen Grat zwischen hochinteressant und ungeeignet für jegliche Öffentlichkeit. Dann muss sich entscheiden, ob mich das noch fasziniert oder abstößt. Bis dahin ist aber noch ein wenig Zeit.
Auf Kerosene war ich vor vielen Monaten schon einmal gestoßen, hatte die Marke aber nicht intensiver beachtet. Erst mein Weg von Comme des Garcons über Roxana zu Aesop; von Soivohle über Aftelier zu CB I Hate Perfume und Lush führte mich wieder zu Kerosene. Bei der Suche nach ungewöhnlichen, mutigen Konzepten fielen mir die Kerosene-Düfte durchweg positiv auf, als ich die Duftpyramide studierte, über die Düfte in amerikanischen Blogs und natürlich auf Parfumo las - und Empfehlungen (Ralle: Dank!) prüfte. Auf Distanz hält zunächst allerdings die durchweg niedrige Durchschnittsbewertung. Wir wissen aber, dass das gerade bei extremen Duftkonzepten eher eine Frage der persönlichen Annäherung, der persönlichen Sympathie für ein bestimmtes Duftkonzept geschuldet ist, - aber nichts von der tatsächlichen Qualität der Düfte erzählt.
Aus diesem Grund habe ich schließlich direkt bei Kerosene in Amerika eine Duftbox mit zehn Duftproben (mithin von allen Düften der Marke, die derzeit erhältlich sind) bestellt. Ein teures Vergnügen. Aber eines, das sich gelohnt hat. Sehr sogar.
Während andere, von mir geschätzte Parfumos mit den Düften offenbar nicht viel anfangen können, sehe ich derzeit keinen einzigen, den ich mit weniger als 80% bewerten wollte. Ob das so bleibt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen, denn ich plane, die Düfte einer genaueren Analyse zu unterziehen, mehrfach zu tragen und ihre Wirkung auf mich zu prüfen.
Sicherlich sind sie kein weiterer Schritt ins Extrem: da ist der preiswerte, vergleichsweise einfach erhältliche LUSH Breath Of God von anderem Kaliber, vielleicht auch Comme des Garcons Sugi oder Guerrilla 1, ebenso alle Düfte von CB I Hate Perfume.
Eine Enttäuschung ist das aber nicht.
Vor allem Wood Haven hat es mir angetan. Für mich ragt der Duft qualitativ noch ein wenig aus den anderen Kerosene-Düften heraus.
Während die allerersten Momente der Kopfnote kurz nach dem Auftragen zunächst ein Crescendo von vielen, vielleicht zu vielen Noten ist, schält sich nach einer Weile ein klares Konzept heraus: Grapefruit und Wacholder - die Säure der Frucht und die scharfe und bittere Würze der Pflanze, der Beere. Die Bergamotte kann ich ebensowenig isolieren wie die holzigen Noten (vielleicht als Grundierung), die Schärfe von Pfeffer kann man ahnen, kaum identifizieren, die Zitrone geht in der Grapefruit unter, ebenso der Ingwer und der Vetiver. Was bleibt ist immer wieder und sehr lange die Grapefruit und der Wacholder mit einer Ahnung von Holzigem, auch aber eine weiche Basis (Ambra, Vanille, vielleicht Moschus vermute ich in dezenter Dosis).
Was macht der Duft mit mir - mit euch? Nun, zunächst schenkt er uns eine durchaus neue, gewöhnungsbedürftige Dufterfahrung. Anders, eher ausgewogen komponiert, weit von anderen Duftkonzepten entfernt, dabei aber gar nicht so kühn, so laut oder so rau wie es klingen mag. Doch eher die Metalballade, nicht der Death Metal.
Beim Flakon allerdings sind wir wieder bei der harten Musik für harte Menschen: alle Flakons zeigen den Charakter von Härte - mit einem Metallschild mit dem eingravierten Namen des Duftes aufgeprägt, wobei die Marke aktuell gerade das Flakondesign noch einmal geändert hat. Leider kann ich mich nur am Bild auf der Website orientieren. Genaueres könnten die beiden Besitzer (rechts) ergänzen. Alles in allem scheint mir das ästhetische Konzept großartig und dem Duft vollauf angemessen.
Die Haltbarkeit und die Sillage sind gut; insbesondere die Haltbarkeit schätze ich zwar nicht so hoch ein, wie im Durchschnittswert vermerkt, würde das Ganze aber gerne noch einmal mit einem Sprühflakon testen, bevor ich mich festlege.
Solange es Düfte wie diesen gibt, solange es Marken wie Kerosene, LUSH, Comme des Garcons, CB I Hate Perfume, Aftelier, Roxana, Soivohle und Aesop gibt, bin ich noch nicht am Ende der Reise angekommen.
Wer sich die passende Musik dazu besorgen möchte: ich empfehle als Hörbeispiele Insomnium, At The Gates, In Flames und Amon Amarth. Das mag für den Anfang reichen. Den Rest erledigt dieser Duft.
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