Apicius
27.02.2010 - 06:25 Uhr
15
Top Rezension
7.5
Haltbarkeit
8
Duft

Die vornehme Iris

Mir sind schon seit langem zu diesem Parfum die zahlreichen positiven Kommentare im Internet aufgefallen. Neben Dzing scheint Dzongkha mit am meisten Resonanz aus der umfangreichen Linie von L’Artisan Parfumeur zu erfahren. Bei einem flüchtigen Test in der Parfümerie konnte es mich nicht überzeugen. Das lag, wie ich jetzt feststelle, an der Situation und nicht dem Duft. Danke an DEGE53 für die Probe, ich habe nun dieses dezente Parfum einmal in Ruhe probieren können.

Hier geht es vor allem um die Iris, und das bedeutet, das Parfum ist pudrig. Gleich nach dem Aufsprühen nimmt man sie deutlich wahr. Sie ist durchaus dominant. Ansonsten ist die Grundfarbe dieses Parfums matt, gedämpft, abgedunkelt. Nichts Weiteres drängelt sich nach vorne.

Damit kann man gut leben. Dzongkha wäre sicher als Standard – Iris Parfum eine Bereicherung jeder Sammlung.

Mit aller Vorsicht möchte ich aber doch mal versuchen, zu ergründen, was hinter der Iris noch stecken könnte: vielleicht etwas Leder? Das ist alles nicht so einfach, denn Dzongkha ist so dezent und zurückhaltend! Besonders, wenn nach einiger Zeit die Iris schwächer wird und sich etwas in die anderen Noten eingliedert. Dann meine ich, auch noch weitere dunkle Töne auftauchen zu sehen. Vielleicht Weihrauch? Etwas Holz? Bingo! Ein Blick auf die Pyramide verrät mir, dass ich diesmal nicht ganz daneben lag. Dann also mal zu einigen Noten, die ich nicht erkannt habe: Pfingstrose im Kopf – die geringe Dosis an Floralem geht zunächst in der Iris unter, kommt aber später nochmal zum Vorschein. Vetiver – minimale Spuren. Gewürze, Kardamom – könnte sein, dass das etwas mit der Irisnote macht, ist aber für mich nicht isoliert erkennbar. Papyrus - da kenne ich bisher nur ein Parfum, in dem das drin sein soll, nämlich Baudelaire von Byredo – zu wenig, um sie wirklich identifizieren zu können. Ich vermute, Papyrus riecht etwas nach Bast, trockenem Schilf, Korbwaren. So etwas ließe sich hier vielleicht ausmachen. Dzongkha ist nicht süß, aber auch nicht unmäßig trocken. Die Einstufung als Unisex Parfum ist gerechtfertigt. Unter der Dominanz der Iris wirkt der Duftverlauf für mich eher geradlinig.

Man spürt schon, dass man Parfum trägt, aber man verbreitet eher eine unbestimmte Atmosphäre als einen dezidierten Parfumduft. Das sollte bei Iris auch so sein, denn zu viel Iris kann m.E. auch eine unangenehme, anishaft-minzige Note bekommen und an bestimmte Kaugummisorten erinnern. Ich glaube, Iris ist keine unkomplizierte Zutat eines Duftes. Wenn ich Dzongkha mit anderen mir bekannten Iris Düften vergleiche (Mouchoir de Monsieur, Dior Homme, Infusion d’homme) bekommt es den ersten Preis in der Kategorie vornehme Zurückhaltung.

Ich kann mir vorstellen, dass man mit Dzongkha nicht sehr oft mit der Frage belästigt wird, was man da eigentlich trägt. Die Leute werden es eher unbewusst an einem wahrnehmen. So könnte sich dieses Wohlfühlaroma sachte und leise, aber raffiniert auf die Umgebung auswirken. Somit erweist sich dieses schöne Parfum als vornehm-dezenter Duft, Welten entfernt von gängigen Kassenschlagern.
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