Boris Becker 2007 Eau de Parfum

Cravache
03.04.2021 - 14:44 Uhr
1
Preis
5
Flakon
8
Sillage
6
Haltbarkeit
0.5
Duft

Hasi an Boris: Ich schpreche nirgends nüt Schwizerdüütsch!

Unsere Mit-Parfuma Hasi, genannt Hasi, ist seit ihrer Jugend ein Groupie des zentralafrikanischen Würdenträgers Becker Boris (zur Erinnerung: in der Schweiz wird der Familienname stets dem Vornamen vorangestellt).

Spätestens seit der Becker Boris-Hommage von Bongo&Bruce (https://www.youtube.com/watch?v=03FnBFscMVM), nota bene eine Sternstunde des britischen Dance, ist Hasi nicht mehr zu bremsen, wenn sie ihr Idol im Vorabendprogramm des Bayerischen Rundfunks sieht. Zumal der obengenannte Song neben Becker Boris gleichermassen auch die Disc-Jockeys und Affen preist – quasi Brüder im Geiste, Genossen beim Lausen.

Deshalb wollte Hasi Becker Boris pünktlich zum 1. April in seinem Briefkastendomizil in Zug besuchen. Eine grössere Bleibe als einen Briefkasten kann sich Becker Boris angesichts der gesalzenen Schweizer Immobilienpreise ohnehin nicht leisten.

Und so zog Hasi am 1. April aus, in Richtung von Becker Boris’ Kammer (natürlich auf einem Besen), mit einer Möhre und dem Tagebuch in der Tasche. Und in Begleitung von wackeren Mit-Parfumos: die Tochter von Klaus & Klaus, Ole W. und Polyester.

[Anmerkung: für Lesende deutscher Muttersprache wurden in Klammern Untertitel eingefügt]

Auszug aus Hasis Tagebuch (PS: danke, liebe Hasi!)

1. April, 7 Uhr. Liebes Tagebuch. Friesentochter hat sich in Einbahnstrasse verfahren. Anwohner heissen uns, an Ort und Stelle zu kehren (wenden). Elende Sauberkeitsfanatiker, die Schweizer.

Schild entdeckt: «Anstösser gestattet» (Anwohner frei). Die Friesentochter und ich gönnen den acht Bäckchen etwas Sonne. Polizei kommt, will uns Busse (Geldstrafe für Ordnungswidrigkeit) auferlegen. Polyester in der weissen Federweste ist begeistert. Wollen um 8 Uhr Vachcra treffen.

08.00 Uhr und 1 Sekunde. Treffen Reiseführer Vachecra. Weist uns auf unsere typisch deutsche Unpünktlichkeit hin. So ein Fetznschädel.

9 Uhr. Vachecra besteht auf Znüni (Mahlzeit zwischen Morgenessen und Mittagessen) in der Bäckerei mit Café. Wir reservieren mit unseren DFB-Handtüchern alle Sitzplätze. Vachecra sagt, das Schwöbli (süsses Brötchen) sei nicht resch. Er sollte wirklich netter zu Polyester sein!

11 Uhr. Ankunft in Zug. Spazieren zu Fuss durch die Stadt. Friesentochter, Polyester und ich kommen bei den Zugern gut an. Ole W. kriegt von einer rotwangigen Bauerntochter eine gescheuert. Haben doch bloss Anweisung auf Schild an Ampel befolgt: «Fussgänger drücken».

12 Uhr. Alle hungrig. Vachecra schlägt Restaurant am See vor. Auf Schild steht: «Heute stuhlen wir draussen» (Restaurant-Garten geöffnet). Die Jungs finden’s praktisch, ich eklig. Wir gehen weiter und wollen ins Familienrestaurant zum Tell. War allerdings ein Popoclub und kein Restaurant! Hatten Fotzelschnitten (Armer Ritter; beide Wortbestandteile haben in der Schweiz keinen anatomischen resp. anthropologischen Bezug; Fotzelschnitten sind in jedem Kochbuch zu finden) im Angebot. Ein anderer Einheimischer hat ein Eingeklemmtes (Sandwich) bestellt.

14 Uhr. Will endlich Becker Boris treffen. Kommen an Möbelhaus vorbei. Haben Ständerlampen (Stehlampe) im Angebot. Putzig, dass die Schweizer zu hohen Feiertagen Genitalbeleuchtungen installieren!

16 Uhr. Vachecra lädt zum Zvieri (Mahlzeit zwischen Mittagessen und Abendessen) neben Pferdeweide ein. Er meint, die Pferdeäpfel würden gut schmecken (riechen). Finde ich überhaupt nicht! Polyester bestellt Hahnenwasser (Leitungswasser), ist auch enttäuscht.

1630 Uhr. Habe die Zuger Briefkastenanlage gefunden. 100'000 Briefkästen. Doch in welchem wohnt Becker Boris? Die anderen sollen mir helfen. Doch wo sind sie? Ein Einheimischer meint, sie würden im Stadtpark am Boden huren (hocken, knien; nicht zweideutig). Bin sehr empört und ziehe alleine weiter.

17 Uhr. Becker Boris kann sich auch den Briefkasten nicht mehr leisten. Er wohnt jetzt im städtischen Postamt. Auf dem Haufen der Pakete, die keiner abgeholt hat. Und so riecht er auch.

19 Uhr. Liebes Tagebuch. Was für ein Tag. Die Schweizer verwirren mich. Und so derb unfreundlich sind sie. Aber wie roch Becker Boris? [grosses rosa Herzchen]

Nach dem Auftragen roch ich brackwässrigen Nagellackentferner und Selbstgebranntes vom blinden Onkel Mareczek. Dazu eine kreischende Bongo&Bruce-Orange, die durch Mark und Bein geht. So natürlich wie die Farbe von Trump Donald. Eine Orange, die im Zeitraffer unter einer Plastikglocke mit Abdrücken von Fettfingern langsam vergammelt. Im Herz wird die Orange von einem Thymian-Duftbaum und der Sohle von neuen Converse-Sportschuhen aus dem alten Volvo von Axel Oxenstierna geschmückt. Und ein kräftiger Sprüher Klospraylavendel boxt direkt in die Hasennase. Zum Schluss kullert die Gammelorange penetrant in einem schmutzigen Pool aus Bhopal-Holz umher.

Becker Boris ist eine unselige Mischung aus Office for Men, Nautica Blue und Boss Orange Man. Ein allgemein und speziell gemeiner Synthetikmuff in Verbindung mit penetrantem, chemischem Lavendel-Klospray-Gestank. Dezent wie ein Busengrapscher am ersten Date, feingeistig wie das Oeuvre von Bongo&Bruce. Duftnoten mit Konturen von labberigen Kraken auf einem Basketballfeld.

Kurzum, Floyds evil twin, ein klospraydeliranter Plastikorangenschrat, der in masslos synthetischer Expressivität durch Besenkammern wabert. Oder mit anderen Worten: das ekligste Parfum, das ich je gerochen habe. Kinski Klaus hätte sich gescheut, Herzog Werner damit zu beduften.
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