7 2010 Eau de Toilette

RobGordon
12.03.2022 - 13:16 Uhr
17
Sehr hilfreiche Rezension
8
Preis
5
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft

Der LOEWE ist eine Copycat!

Location: Familienfeier - das Geschnatter tratschender Angehöriger weist mir den Weg - Eine Duftspur wendelt sich die Stiegenhaustreppe hinab. Bin bei Familien-Events gerne spät dran, falls man mich lässt. Auf halber Treppe bremst mich ein Gedanke: "Kenn ich!" Ein intuitiver Griff in meine Duft-Bibliothek der Erinnerungen vermeldet:

Hier hat jemand einen alten, noch ungezähmten Flakon "Cacharel pour L'Homme" ergattert und will mich um eine Abfüllung betteln sehen. Nachdem alle unter dem Vorwand der Begrüßung nasal verhört wurden, entpuppte sich meine Schwester als Ausgangspunkt der gesuchten Duft-Spur. "Ich hab einen neuen Duft", meinte sie zu mir. Dass es ein Herrenduft ist, hat sie noch nie abgehalten.

Cacharel PH war in den 80ern, einem Jahrzehnt, indem sich niemand für Duftpyramiden, Signaturdüfte, etc... interessierte als Weihrauch-Duft verschrien (Anmk: kurze Geschichte dazu gibt es in meiner alten Rezension zum Cacharel-Duft). Ein ausgefeilter Muskat-Akkord, den man leider im neuen Jahrtausend formeltechnisch den Zahn gezogen und damit auch in die Bedeutungslosigkeit einst großer Herrendüfte verabschiedet hat.

Doch richtig berühmt und damit entsprechend verbreitet, war die Duftvorlage für den LOEWE 7 wohl zumindest in meinen Breiten nie. Das lag wohl mitunter wesentlich daran, dass dieser Duft nie ein Kopfnoten-Weltmeister war und man sich Zeit für die Entwicklung nehmen musste, um Cacharel PH sein "The Secret"® zu entlocken. Dazu, warum ich das hier mit erwähne, komme ich gleich.

Cacharel PH wurde mit dem LOEWE nicht zum ersten Mal kopiert. Gerard Goupys Duft findet sich bereits Auszugsweise, sprich der Kopfnote, in Tom Fords Grey Vetiver. Nur war Harry Frémont so schlau, sie dem Zeitgeist entsprechend soweit abzurunden, nicht vorschnell Opfer der Ungeduld seines Trägers zu werden.

Was wäre aus Cacharel PH geworden, wenn die Kopfnote bereits ein Gedicht gewesen wäre? Wir werden es nie erfahren.

Aber es verwundert zumindest mich nicht, wenn man beim Kopieren das Gute übernimmt und das Naja schon im Vorfeld hinter sich lässt.

Genau das sehe ich bei Emilio Valeros Kreation Loewe 7 soweit erfüllt, die Kopfnote der Vorlage gänzlich zu spritzen (Anmk.: österreichisch für weglassen) und mit der charakteristischen Cacharel PH DNA, einer Nachstellung aus Weihrauch und Eugenol (siehe Pfeffer, Piment, Nelke,..) hinsichtlich Sillage, um die Vorherrschaft einer zeitlosen Duft-DNA zu buhlen. Und das über Stunden.

Pyramiden, lasse ich den Ägyptern. Wer sich am Apfel stört, soll das tun. Der geht nicht wirklich in die Projektion und hat nur eine Kurzauftritt auf der Haut. Die Ur-Version vom Cacharel PH hatte nach Stunden auf der Haut die Eleganz von Robert Piguets "Casbah". Und das gelingt dem LOEWE durch die Eugenol Überbetonung nicht gänzlich.

Nur das ist Jammern auf hohem Niveau. Das wofür ich Cacharel PH einst getragen habe, finde ich heute modernisiert im LOEWE 7. Damals wie heute hagelt es Komplimente.

Nur hat es mich damals nicht interessiert und tut das auch heute nicht. Wenn man mir sagt, ich rieche gut, neige ich immer noch zu entgegnen: "Nein, der Duft riecht gut. Ich trage ihn bloß."

Es verblüfft mich viel mehr, dass der Duft bereits 10 Jahre am Markt sein soll, ohne dass er mir je untergekommen ist. Nun heißt es bunkern. Und ja, der Flakon könnte hübscher sein, ich hab mir jedoch früh angewöhnt, diesen beim Fortgehen nicht unter die Achseln zu klammern. Nur der Duft darf mit.
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